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Befohlenes Dasein

Befohlenes Dasein

Titel: Befohlenes Dasein
Autoren: J. E. Wells
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Ausruf des einen enthebt die anderen des eigenen Denkens. Sie nehmen den Gedanken des einen als bare Münze und unumstößliche Wahrheit und fürchten sich vor einem eigenen Widerspruch. Daß hier ein Wunder geschah, ist eine Tatsache, die alle mit eigenen Augen angesehen haben. Die Erklärung des einen lassen sie gelten! Litpaka wünscht nicht, daß diese Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.
    Mit den Händen greifen die anwesenden Männer und Frauen ins Feuer, reißen die Holzstöße auseinander, zertreten die schwelenden Feuer, befreien die an die Pfähle gebundenen Opfer von ihren Fesseln. Und ebenso fanatisch, wie sie zuvor den Tod dieser bedauernswerten Geschöpfe wünschten, versuchen sie jetzt, diesen Menschen Gutes zu tun und sie um Verzeihung zu bitten.
    Ira Tarwi aber ist spurlos verschwunden, der große Geist Litpaka hat sie selbst befreit und in sein Land der tausend Sonnen entführt. Die Stelle, an der dieser Scheiterhaufen stand, wird einstmals ein Heiligtum der Sekte des großen Geistes sein, zu der Millionen pilgern, um sich ihrer persönlichen Sorgen zu entledigen oder den großen Geist um Gnade und Erbarmen zu bitten.
     
    *
     
    Antonio Stia hat den Wagen abgestellt, die beiden anderen unbrauchbar gemacht und begibt sich jetzt zu Fuß in den Bungalow Kan Kamanas zurück.
    Eine Zigarette rauchend, schlendert Stia durch die kunstvoll angelegten Gärten des Professors. Er gibt sich nicht die geringste Mühe, leise aufzutreten oder seine Anwesenheit zu verbergen. In wahrhaft kindlicher Unbefangenheit betritt er den großen Wohnraum des Professors und ruft laut:
    „Hallo!“
    Als er keine Antwort erhält, öffnet er die Tür, die in den Keller führt. Er steigt die Betontreppe hinab und gelangt in den Bibliotheksraum. Er ruft noch einmal laut: „Hallo!“
    Schritte sind zu hören. In der Tür steht ein schwarzhaariger Mensch, dem man das Erschrecken über diesen plötzlichen Eindringling deutlich am Gesicht ablesen kann.
    „Was wollen Sie hier? Wer sind Sie?“ fragt er befehlend.
    Antonio Stia nimmt erst langsam die Zigarette aus dem Mund, ehe er eine Antwort gibt.
    „Was ich hier will? Kennen Sie mich nicht?“ fragt er freundlich.
    „Ich kenne Sie nicht, und ich habe auch keine Lust, Sie kennenzulernen!“
    Stia lächelt wohlwollend und zieht an seiner Zigarette. Er sieht aus wie ein Mann, der über unglaublich viel Zeit verfügt. Diese Ruhe scheint aber gar nicht nach Krono Tikkals Geschmack zu sein.
    „Woher wissen Sie denn eigentlich hier unten so gut Bescheid?“ erkundigte sich Stia. „Ist der Herr Professor nicht zu sprechen?“
    „Der Professor ist nicht da“, erhält er zur Antwort.
    „Ach, er ist nicht da? Und zu dieser Stunde? Wo ist er denn?“
    „Er ist einmal weggegangen, wenn Sie’s genau wissen wollen. Im übrigen sind wir hier mit wichtigen Versuchen beschäftigt – ich darf Sie wohl bitten, ein andermal wiederzukommen?“
    „Da habe ich gar keine Zeit, werter Herr“, entgegnet Stia phlegmatisch. „Ist denn der Herr Professor schon lange fort?“
    „Nein, noch nicht lange. Nun wissen Sie’s wohl, ja?“
    „Da kommt er wohl bald wieder?“
    „Das weiß ich nicht“, knurrt Krono Tikkal wütend. „Und nun darf ich Sie wohl bitten …“
    „Was macht denn die Maschine des Professors?“ will Stia wieder wissen. „Alles noch in Schuß? Funktioniert sie noch?“
    Antonio Stia will vergnügt an dem innerlich kochenden Tikkal vorbeimarschieren, um sich in den Maschinenraum zu begeben. Doch, damit ist Tikkal nicht einverstanden. Er vertritt ihm den Weg, so daß Stia ziemlich unsanft mit ihm zusammenprallt.
    „Verzeihung“, sagt Stia, während er die Bewegung des Lüftens eines unsichtbaren Hutes macht. Dann macht Stia abermals den Versuch, in den Nebenraum zu gelangen.
    Jetzt ist die Geduld Krono Tikkals endgültig erschöpft. Mit hartem Griff packt er den aufdringlichen Besucher am Arm.
    „Schluß jetzt!“ befiehlt er. „Raus mit Ihnen!“
    Stia faßt das Handgelenk Tikkals und drückt es mit solcher Kraft zusammen, daß dieser ihn mit einem Schmerzenslaut losläßt.
    „Haben Sie sich weh getan?“ erkundigt sich Stia höflich. „Das kommt davon, wenn man fremder Leute Jacken anfaßt. Und wie ist das jetzt mit dem Maschinenraum?“
    Ein Schlag, mit der Handkante ausgeführt, nimmt Krono Tikkal die Luft, bevor er überhaupt feststellen kann, woher der Schlag gekommen ist. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hält Krono Tikkal beide Hände am Hals. Antonio
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