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Befohlenes Dasein

Befohlenes Dasein

Titel: Befohlenes Dasein
Autoren: J. E. Wells
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sich mit seinen Forschungen auf Gebiete vorgewagt, die man in früheren Zeiten mit dem Ausdruck „Metapsyche“ und „Metaphysik“ bezeichnete. Es ist Wissensstoff, der in den Bereich der Schwarzen Kunst gehört und tief in die Geheimnisse der Natur eindringt.
    Die Beschäftigung mit solchen Dingen gehört nicht mehr zu den verwunderlichen Dingen. Hypnose, Suggestion, Telepathie sind längst keine verschleierten Angelegenheiten mehr, sondern man hat sie wissenschaftlich seziert und ihre Ursachen erkannt. Seitdem man sich des telepathischen Fluges bedient, mit Hilfe dessen man in Sekunden Entfernungen von mehr als tausend Lichtjahren zurücklegen kann –, seit dieser Zeit ist auch die Parapsychologie wieder zum Ausgangspunkt vieler – zum Teil phantastischer – Forschungen geworden.
    In solchen Fällen aber, da die Wirklichkeit der Physik mit der Unwirklichkeit der Psyche zusammenstößt, gibt es sensationelle Fusionen, die in ihren Auswirkungen auch nicht annähernd voraus zu berechnen sind.
    Kan Kamana, der junge Alte, hat nicht aufs Geratewohl experimentiert, sondern ist von feststehenden Tatsachen und Erkenntnissen ausgegangen. Sein Hirn ist angefüllt mit Formeln. Was aber noch wichtiger ist: er kennt diese Formeln und ihre. Anwendung, er weiß mit ihnen umzugehen, und er hat dabei seine festen Pläne. Diese Pläne aber sollen der Wissenschaft dienen. Sie sind so phantastisch, daß man für sie vor einigen tausend Jahren nur ein geringschätziges Kopfschütteln übrig gehabt haben würde. Denn Kan Kamana, der Forscher des Kidor, beabsichtigt nichts anderes, als …
    Nein, man kann das nicht so einfach als gegebene Tatsache hinnehmen. Man muß einige einleitende Worte dazu sagen.
    Auch in der Jetztzeit, in der Kan Kamana seine welterschütternden Versuche macht, gibt es noch jene einfachen Fragen, um deren Lösung sich schon Billionen Menschen die Köpfe zerbrachen. Wie entstand der unendliche Raum? Wer schuf das erste Leben? Gibt es ein Perpetuum mobile?
    Das klingt alles so einfach, fast primitiv, und es ist doch so unsagbar schwer. Ist es doch fast unmöglich, festzustellen, wie ungezählte Tausende von Planeten vor dem „Großen Galaktischen Krieg“ ausgesehen haben, und wie sich das Leben auf ihnen abgespielt hat. Denn alle Spuren sind vernichtet, und alles, was damals bestand, ist zu Staub und Asche zerfallen.
    Von diesen Überlegungen ging Kan Kamana aus, als er sich ans Werk begab, die Vergangenheit zu entdecken. Wie wollte er das machen? Durch das Suchen von Aufzeichnungen – oder gar durch Ausgrabungen? Weit gefehlt! Er überlegte folgendes: Die Vergangenheit ist ein Zeitbegriff. Da aber bewiesen ist, daß der Zeitbegriff nur ein Relativum ist, und fernerhin, daß Zeit und Raum identisch sind, so ergab sich von selbst die Tatsache, daß die Vergangenheit auch ein räumlicher Begriff sei. Diese Er kenntnis war ungeheuer wichtig, denn wäre er noch von den ver alteten Theorien des Zeitbegriffes ausgegangen, so wäre ihm wohl kaum das gelungen, was ihm vorschwebte. Denn die Zeit steht nicht still, sondern sie bewegt sich, sie entrinnt, kaum daß sie er schienen. Wer es aber vermag – so überlegte Kamana weiter –, die Zeit zu materialisieren, wie man ja auch den Gedanken oder das Licht materialisierte, wer es also vermag, die Zeit faßbar und sichtbar zu machen, der hat auch die Möglichkeit, sie einzufan gen, ihr entgegenzueilen oder sie zu überholen. Kan Kamana bewies, daß die Zeit ein Produkt aus Raum und Bild ist, noch schär fer definiert: aus Raum und Licht. Denn was ist ein Bild anderes als die kontrollierte Zusammensetzung sichtbarer Photonen.
    Man darf für die Überlegungen des Kidor-Gelehrten nicht das Allgemeinwissen oder den Verstand normaler Menschen voraussetzen. Hier arbeitet und denkt ein Mann, der seinen Zeitgenossen weit voraus und turmhoch überlegen ist. Kan Kamana stellt selbst zu seiner Zeit eine einmalige Ausnahme dar. Die Vergangenheit entdecken – das soll nicht mehr und nicht weniger heißen, als die Vergangenheit einzuholen und zu überholen. Doch Kamana hat sich seine Aufgabe nicht leicht gemacht. Wenn es ihm auch gelänge, das äußere Bild der Vergangenheit rein äußerlich zu erfassen, so ist es doch immer nur ein Filmstreifen, der abrollt und der nicht allzuviel auszusagen vermag. Diesem Film fehlt das Individuelle, ihm fehlt das nahe Erleben. Bei dieser Feststellung aber zeigt sich der Geist Kan Kamanas in seiner wahren Größe. Die Vergangenheit – also die
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