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Befehl aus dem Jenseits (German Edition)

Befehl aus dem Jenseits (German Edition)

Titel: Befehl aus dem Jenseits (German Edition)
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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herbei. »Hör zu – ich brauche eine Waffe. Was du mir bringst, ist egal.«
    »Was hast du vor, My?«
    »Nichts!« lächelte die Milliardenerbin. »Mein Vater hat alles hervorragend organisiert – aber mich kann er nicht organisieren: Ich habe stets gemacht, was ich für richtig hielt. Auch heute abend ...«
    Die Gesellschaftsdame wußte, daß es keinen Sinn hatte, Myriam Roos zu widersprechen. Sie wandte sich ab und kam bereits eine Minute später mit einer kleinen Waffe wieder.
    »Was ist das?« fragte Myriam.
    »Blausäuregas. Es wirkt aus zwei Metern Entfernung innerhalb von vierzig Sekunden tödlich.«
    »Fein!« sagte Myriam und steckte die kleine Waffe ein. Bevor ihre Bewacher aufmerksam wurden, verschwand sie hinter einem Mauervorsprung. Sie kletterte über die Balustrade und stand Sekunden später allein in einer Nische zwischen zwei Hibiskushecken.
    Die Sache fing an, ihr Spaß zu machen. Irgendwo spielte eines der englischen Symphonieorchester die Themamelodie von ›Charade‹. Sie öffnete ihre Handtasche, um sich eine der neuen Vitaminzigaretten anzustecken. Ihre Finger glitten über knisterndes Plastik. Sie beugte sich vor. Schräg hinter ihr liefen aufgeregt ihre Bewacher hin und her. Sie achtete nicht darauf.
    Vorsichtig zog sie den Umschlag aus der Handtasche. Sie drehte ihn etwas ins Licht, dann drückte sie ihren Daumen auf das schillernde Logo. Der Umschlag öffnete sich. Einen Augenblick später hatte sie die kurze, computergeschriebene Mitteilung in der Hand.
    Aber das war ein anderer Text als der, den ihr Vater ihr gezeigt hatte. Irritiert beugte sie sich noch weiter vor. Ein gelbrosa Lichtschein fiel auf das Plastikblatt. Lautlos bewegte sie ihre Lippen.
    Myriam Antonelia Roos 232300-MAR-17W8
    Betr.: Ihr vorgesehener Tod. Sie werden hiermit aufgefordert, Vorsorge für ein unauffälliges und reibungsloses Ableben zu treffen. Vorgesehener Termin: exakt 30 Jahre nach der Minute Ihrer Geburt. Einspruch und Gegenmaßnahmen sind zwecklos. Alle Äußerungen über Art und Inhalt dieser Mitteilung gegenüber Dritten sind strafbar. Herzlichen Glückwunsch!
    Myriam ließ die Mitteilung aus ihren Fingern gleiten. Sie war blaß geworden. Schritt für Schritt wich sie zurück. Die Musik brach mit einem schrillen Mißton ab.
    Es knackte in den Lautsprechern.
    »Achtung – hier spricht Aristide Roos. Eine Durchsage an meine Tochter Myriam. Komm bitte sofort zum Lichtpavillon! Ich bitte alle Gäste, das Grundstück bis auf Widerruf nicht zu verlassen! Ende der Durchsage und weiterhin viel Vergnügen!«
    Myriam Roos schlug die Hände vors Gesicht. Im gleichen Augenblick puffte ein greller Lichtblitz aus dem zu Boden gesunkenen Plastikstreifen. Keine fünf Sekunden später wurde das Mädchen von ihren aufgeregten Bewachern umringt. Sie führten sie zum Lichtpavillon zurück.
    Auf der zweiten Stufe wurde Myriam Roos ohnmächtig.
    *
    Jeder Psychologe hätte sich die Hände gerieben, wenn er Roby Dumont so gesehen hätte. Ein vollkommen normaler, körperlich und geistig gut ausgebildeter Mann von dreißig Jahren. Und doch ließ sich dieser Mann von ein paar kurzen Zeilen regelrecht verrückt machen ...
    Sein Blick fiel auf das Leuchtband über der City Hall. In riesigen Lettern liefen Tag und Nacht die letzten Neuigkeiten über das Band. »Urlaubsreisen zum Mars jetzt billiger – Vier Millionen Akademiker in England arbeitslos – Schwerer Grenzzwischenfall im Mare Nubium. Sicherheit der Mondverträge erneut stark gefährdet – Durchschnittliche Lebenserwartung für Männer in Europa auf 84 Jahre angestiegen ...«
    Roby Dumont keuchte. Scharf traten seine Jochbeine aus seinem schmalen Gesicht. Schneeflocken sammelten sich auf seinen dichten Brauen. Er stand wie versteinert und starrte auf das Leuchtband.
    Das war der dritte Hinweis!
    Er brauchte dringend einen Arzt, wenn er sich nicht noch weiter in diese plötzliche Psychose hineinsteigern wollte! Er spürte, daß kalter Schweiß über seine Stirn lief. Er benahm sich wie ein von Naturereignissen verschreckter Bauer des Mittelalters.
    Bisher hatte er über jede Art von Aberglauben nur mitleidig gelächelt. Und jetzt war er selbst drauf und dran, in jeder harmlosen Nachricht ein drohendes Todeszeichen zu sehen. Er hatte Angst.
    Aber irgend etwas hinderte ihn daran, einen Psychiater aufzusuchen. Ratlos starrte er nach draußen in den trüben Abend. Schräg gegenüber befand sich der Eingang einer Kirche. Sie sah neu und schmucklos aus.
    Roby Dumont biß sich
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