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Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Titel: Beautiful Americans 03 - Leben á la carte
Autoren: Lucy Silag
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will. Keiner verrät was, kein Sterbenswörtchen. Was sagst du dazu? Magst du mitkommen?«

2 • ALEX
    Überleben
    Am Montagmorgen sitze ich in der intensiv duftenden Bäckerei mit ihren beschlagenen Fensterscheiben am Platz unterhalb der Metro-Station Cambronne und warte auf Zack. Hier treffen wir uns immer, um auf die Schnelle noch einen Café au Lait zu trinken, ehe wir uns gemeinsam mit der Metro auf den Weg ins Lycée machen.
    Ich habe meine Haare heute früh streng hochgesteckt. Träge streiche ich sie nun glatt und denke dabei an das Horrorgespräch vom Wochenende, das ich seitdem immer und immer wieder Revue passieren lasse. Ich verstehe einfach die vielen Giftpfeile nicht, die abgeschossen wurden.
    * * *
    Als ich ans Handy ging, klang ihre Stimme lieb und nett und aufmunternd. Augenblicklich wurde ich ruhiger. Meine Kiefer lockerten sich und mein Körper entspannte sich zwischen dem Laken und dem Bettzeug aus gebürsteter Baumwolle, das ich gleich zu Anfang, kurz nachdem ich nach Paris gekommen war, bei Yves Delorme gekauft hatte.
    »Ich habe mit Madame Cuchon gesprochen«, erzählte sie mir. »Warst du mit diesem depressiven Mädchen befreundet? Ist bei dir alles in Ordnung? Wie geht es deinen anderen Freunden? Olivia? Zack? Gott, Alex, als Madame Cuchon angerufen hat, habe ich schon befürchtet, es wäre etwas mit dir. Ich habe entsetzliche Ängste ausgestanden. Das ist wahrscheinlich bei jeder Mutter so, aber bei dir, Schatz, gibt es meistens auch einen Grund dafür.«
    Ohne Atem zu holen, fuhr meine Mom fort: »Alex, mein Schatz, mein Schatz. Ich habe gerade deine herzerweichende Nachricht auf der Mailbox gehört. Ich will gar nicht dran denken, dass du dich seit kurz vor Weihnachten nicht mehr gemeldet hast! Natürlich bin ich davon ausgegangen, du wärst einfach eingeschnappt ...«
    Plötzlich ergoss sich ein Schwall von Vorwürfen, kleineren Beschimpfungen, französischen Brocken und natürlich überbordender Zuneigung über mich - typisch Caroline Ann Braun, meine unverbesserliche Mutter. Mein Körper erschlaffte gleichermaßen vor Traurigkeit wie Erleichterung.
    Sie ist da, dachte ich. Nicht direkt hier in Paris, wie es eigentlich sein sollte, aber trotzdem da. Sie wird dafür sorgen, dass alles besser wird.
    Ich weinte nicht, aber ich hatte einen Kloß im Hals. »Mommy, es ist alles so schrecklich .«
    »Es ist ein Albtraum. Madame Cuchon hat mich gleich nach deinem Anruf informiert. Die arme, unglückliche Frau.«
    »Was hat sie dir denn erzählt?«
    »Also, wenn sie etwas ausgelassen haben sollte, dann steht es auf der Webseite der New York Times, gleich auf der ersten Seite! Auch bei CNN. Alle Welt redet über das amerikanische Mädchen, das in die Seine gesprungen ist. Auch wenn deine Schule noch zögert zuzugeben, dass das Mädchen tot ist... Sie haben noch keine Leiche gefunden. War sie deine Freundin, Alex? Bist du traurig und machst dir Sorgen um das hübsche Mädchen? Penelope. So ein zauberhafter Name.«
    Durch meine vergitterten Schlafzimmerfenster konnte ich sehen, wie ein paar schwarze Krähen im düsteren Nachmittagshimmel ihre Kreise zogen. Schnell rollte ich mich auf die andere Seite, mit Blick auf meinen Schrank. Er quoll fast über mit Kleidern, manche schmutzig, andere halb herausgerissen, noch aus der Zeit, als ich für Montauban gepackt und nicht gewusst hatte, was ich mitnehmen sollte. Damals, als ich alles noch für ein lustiges kleines Abenteuer gehalten hatte.
    »Das ist alles so seltsam«, sagte ich. »Es steht also wirklich etwas in der Times über sie?« Die kleine geheime Mission, auf der meine Freunde und ich gewesen waren, hatte schließlich als lächerliches Kapitel in einer traurigen, furchtbar rätselhaften Geschichte geendet.
    »Ach, mein Schatz«, entgegnete meine Mom mit sanfter Stimme, »das Ganze ist einfach grässlich. Hast du sie sehr gemocht?«
    Hatte ich PJ sehr gemocht?
    Was sollte ich darauf antworten? Ich wusste nur, dass sie tot war und ich mir von ganzem Herzen wünschte, sie wäre noch am Leben. Was ich wirklich in Bezug auf PJ fühle, ist zu verworren, als dass ich es laut aussprechen möchte. Ich lasse einen weiteren Würfelzucker in meinen Kaffee plumpsen - Zack ist noch immer nicht da - und denke darüber nach, wie ich meine Gefühle in Bezug auf PJ beschreiben soll.
    Ich dachte, ich könnte PJ retten. Ich war davon ausgegangen, dass es sich nur um eine Art Streich handelte, wie ihn verzogene Mädchen in New York immer wieder spielen. Sie
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