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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Eigentlich hatte Willi nämlich ein Auge auf mich geworfen, aber zu der Zeit war ich bereits mit Anton verlobt!«
    Inzwischen waren wir im Wohnzimmer angekommen.
    »Das wäre aber nicht nötig gewesen!«, sagte Ommma und nahm Tante Mia ein Geschenk aus der Hand. Sie packte es nicht aus, sondern stellte es kurzerhand auf einen Seitenschrank. »Ich nehme an, es ist wieder ein Pfund Kaffee!«, murmelte Ommma. Zu mir zischte sie: »Glaubt die eigentlich, wir könnten uns keinen leisten? Wahrscheinlich bekomme ich demnächst noch ein Care-Paket von ihr.«
    Ich hätte wetten können, daß das Kaffeegeschenk bei nächster Gelegenheit unausgepackt weiterverschenkt wurde, vielleicht sogar an Tante Mia höchstselbst.
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Ich war froh, daß ich mich für einen Augenblick in den Schnittler’schen Wohnbereich zurückziehen konnte. Am Apparat war Alexa.
    »Na, ist alles in Ordnung?«, fragte sie gut gelaunt. »Wie man’s nimmt!«, antwortete ich. »Sie arbeiten gerade ihre Kindheit auf, die ja auch erst schlappe 80 Jahre zurückliegt. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht gleich anfangen, sich um ihre verstorbenen Ehemänner zu prügeln.«
    »Ich sehe, es läuft alles wie immer«, meinte Alexa lapidar. »Du kannst sie jetzt alleine lassen, die kommen nun zurecht.«
    Ich lehnte mich in dem festen Glauben zurück, das Schlimmste bereits überstanden zu haben.
    »Sag mal, warum tun die sich das an?« wandte ich mich an Alexa. »Es ist doch für beide nur eine Qual!«
    »Das denkst du! Ein Samstag ohneeinander und sie sind kreuzunglücklich. Tief in ihrem Herzen mögen sie sich!«
    »Dann können sie es aber prächtig verbergen! Ach, eine Frage habe ich noch«, die Sache ging mir schon die ganze Zeit durch den Kopf. »Meinst du diese Art, die die beiden haben, die ist erblich? Hast du das auch in deinen Anlagen?«
    »Nicht die Spur!« hörte ich durch den Hörer Alexas selbstsichere Stimme. »Aber du mußt mal meine Schwester erleben. Die ist unmöglich. Als wir klein waren, da hat sie mir immer gesagt, nur sie …« Ich weiß auch nicht, wie es kam. Es muß ein Reflex gewesen sein. Irgendetwas in mir hatte den Hörer aufgelegt.
    Einen Moment später klingelte es wieder. Ich nahm ab. Schließlich war ich heute verantwortlich. »Bei Schnittler!«
    Ich hörte förmlich, wie am anderen Ende jemand stutzte. »Ich wollte eigentlich Alexa sprechen«, sagte eine männliche Stimme. »Ist sie da?«
    »Nein!«, sagte ich knapp. »Wer ist denn da überhaupt?« Plötzlich tutete es in der Leitung. Der Mistkerl hatte aufgelegt. Nachdenklich lehnte ich mich zurück. Wer war der Anrufer gewesen? Woher hatte er gewußt, daß Alexa heute kommen wollte, und warum hatte er so komisch reagiert? Offensichtlich hatte Alexa hier Kontakte, von denen ich nichts ahnte. Ich schnaubte vor Wut. Ich Blödmann saß hier, um ihre Ommma zu versorgen, anstatt zu realisieren, daß sie noch andere Männer bei Laune hielt. Eine neue Welle herbstlichen Selbstmitleids überkam mich. Wie endete das Gedicht von Rilke noch? »Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben«.
    Scheiß Herbst, Scheiß Gedicht, Scheiß Sauerland!
    Fünf Minuten später klingelte erneut das Telefon. Ich ließ es länger klingeln. Wahrscheinlich wieder ein pubertierender Verehrer, der ein Rendezvous mit Alexa arrangieren wollte. Beim siebten Läuten ging ich dran – es konnte ja auch für mich sein.
    »Vincent, wo warst du denn so lange?«, fragte Alexa aufgeregt.
    »Muß ich neben dem Telefon sitzen, um deinen Verehrern geduldig Auskunft zu geben? Vielleicht darf ich sogar deine Handy-Nummer weitergeben, falls jemand sie noch nicht hat?«
    »Wovon redest du?«
    »Warum weiß jemand, daß du um diese Zeit bei deinen Eltern sein wolltest, fragt nach dir und legt dann einfach auf? Das stinkt doch wie ein sauerländischer Misthaufen!«
    »Vincent ich bitte dich, das muß Elmar gewesen sein! Genau seinetwegen rufe ich jetzt auch an. Er hat sich anschließend hier bei mir in der Praxis gemeldet. Er braucht Hilfe!«
    »Wie schön! Gut, daß du gerade Notdienst hast. Kannst du solche Hilfeleistungen auch abrechnen?«
    »Du spinnst ja! Elmar ist ein alter Freund!«
    »Na, wie praktisch! Da kennt man sich ja dann sehr detailliert.«
    »Können wir vernünftig miteinander reden?«
    »Weißt du, wie ich mir vorkomme? Ich Esel sitze hier und passe auf deine Seniorenverwandtschaft auf und ahne nichts von den
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