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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Metern tat sich dann vor mir der Hof auf: Zur Linken eine gepflegte Scheune, vor mir das eigentliche Haupt- und Wohngebäude. Es war in allerbestem Zustand, wahrscheinlich erst vor Kurzem frisch weiß verputzt – das Ganze wirkte wie ein Bilderbuchhof. Mittig veredelte eine großflüglige Holztür das Gebäude, die vielen kleinen Holzsprossenfenster vervollständigten das Bild. Rechts und links schlossen sich in ein paar Metern Abstand nach hinten hufeisenförmig zwei größere Nebengebäude an, das eine auch so eine Art Scheune, in der aber offenbar die landwirtschaftlichen Fahrzeuge untergebracht waren, das andere wahrscheinlich ein Stall. Mitten auf dem Hof lockerten zwei riesige Kastanienbäume das Bild auf. Ihre Blätter hatten sich bereits gelb gefärbt.
    Ich parkte mein Auto in einer Reihe neben fünf anderen Wagen, von denen einer ein Streifenwagen war. Als ich mich abschnallte, sah ich im Spiegel, wie eine Katze hinten um mein Auto strich. Sie sprang davon, als ein weiteres Fahrzeug auf den Hof fuhr. Es war ein Leichenwagen, die klassische Variante, wie sie fast jedes Beerdigungsunternehmen besitzt. Langsam kletterte ich aus dem Auto aus und beobachtete, wie zwei Männer aus dem Leichenwagen stiegen und anschließend einen metallenen Sarg aus dem hinteren Teil zogen. Ich ging auf sie zu und sah erst jetzt, daß sich ein Polizist in Uniform näherte.
    »Tach zusammen«, grüßte er. »Sie müßten dann einmal um die Scheune rum!«
    Ganz offensichtlich glaubte der Polizist, ich gehörte zum Beerdigungsunternehmen. Die Beerdigungstypen wiederum hielten mich wohl für einen Ermittler. Ich dagegen wußte selbst nicht so genau, warum ich hier war. Trotzdem folgte ich dem Sarg um die Scheune herum bis hin zu einem Schiebetor, das rückwärtig angebracht war. Der Anblick war fürchterlich. Der Tote lag auf dem Betonboden, der die Scheune in etwa drei Metern Abstand umgab, direkt neben einer überlangen Leiter aus Aluminium. Sein Gesicht war blutüberströmt, offenbar war ihm auch Blut aus Mund und Nase gelaufen, seine Arme waren unnatürlich nach hinten gedreht. Ich wollte nicht wissen, was an ihm alles gebrochen war. Eine Gruppe von Menschen wirbelte um den Toten herum. Irgend jemand fotografierte, zwei weitere Männer fuchtelten mit anderen Gerätschaften herum.
    »Ihr könnt ihn mitnehmen!«, sagte gerade jemand zu den beiden Männern mit dem Metallsarg. »Er geht natürlich in die Obduktion.«
    Der, der gesprochen hatte, drehte sich um. Ein alter Bekannter – Christoph Steinschulte. Steinschulte blickte irritiert: »Was machst du denn hier?«
    »Ich war zufällig ganz in der Nähe!«, antwortete ich und merkte im selben Augenblick, wie blöd der Satz klang.
    »Aha!« Steinschulte gab mir die Hand. »Ich dachte, vorne ständ jemand als Absperrung.« Steinschulte sah einen seiner Mitarbeiter mißmutig an.
    »Der Jungbauer ist ein Freund von Alexa!« schob ich nach, als würde das meine Anwesenheit rechtfertigen.
    »Ach!« Jetzt zeigte Steinschulte erstmalig Interesse.
    Ich hatte den Kommissar kennengelernt, als vor gut einem Jahr in einem Schützenverein ein Mord passiert war. Steinschulte hatte damals zusammen mit seinem Vorgesetzten die Ermittlungen geleitet. Ganz nebenbei war er auch ein alter Bekannter von meinem Freund Max, dem Taxifahrer.
    »Was ist denn eigentlich passiert?« Mit einer Kopfbewegung deutete ich auf den Toten hin, der gerade eingesargt wurde. Ich vermied es, einen weiteren Blick auf ihn zu werfen.
    »Er ist von der Leiter gestürzt!«, erklärte Christoph Steinschulte und steckte die Hände dabei in die Jackentasche. »Er hat wohl da oben an der Dachrinne gearbeitet. Dabei ist er hier voll auf den Beton geknallt.«
    Ich mochte mir nicht vorstellen, mit welcher Wucht er aufgeprallt war. Die Dachrinne war bestimmt fünf, sechs Meter hoch.
    »Bei aller Tragik – warum ist das ein Fall für die Kripo?« Einer der Männer von der Spurensicherung hob den Kopf und warf mir einen neugierigen Blick zu. Dann strich er weiter mit einem Pinsel auf der Leiter herum.
    »Eine Zeugin hat gehört, daß der Tote unmittelbar vor dem Sturz mit jemandem gesprochen hat. Genauer: Er hat jemanden angebrüllt, er solle die Leiter stehen lassen. Einen Augenblick später ist er gestürzt.«
    »Hat die Zeugin den anderen denn nicht gesehen?«
    »Die Zeugin hatte bei der Frau des Hauses Eier gekauft. Sie verließ das Wohnhaus und ging über den Hof zu ihrem Auto. Plötzlich hörte sie von dieser Seite der Scheune das
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