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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Womöglich hatten sich die beiden im Streit um die Gunst ihrer Eltern etwas angetan. Es war viel schlimmer. Schon als ich die Schnittler’sche Haustür öffnete, scholl mir ein heiserer Gesang entgegen. Ich stürmte inOmmmas Wohnzimmer und war entsetzt. Die beiden meiner Obhut überlassenen Senioren lagen sich singend in den Armen. Ihre Nasen waren auf eine verräterische Art und Weise rot gefärbt und ihre Augen so glasig wie ein glibbeliges Spiegelei.
    »Na, wen ha- wen habben wir denn da?« Tante Mia war offensichtlich nicht mehr in der Lage, ganze Sätze stolperfrei auszusprechen. »Ist das nicht mein – mein rei-, mein ratz-, mein reizender Choffür?«
    »Wenn er das nicht wirklich ist!«, jodelte Ommma und prostete mir vergnügt mit ihrem Glas zu. Ich war immer noch wie gelähmt. Endlich aber griff ich nach der Flasche. Es war eine Eckes-Traubensaftflasche. Auf einem kleinen Schildchen war jedoch handgeschrieben Johannisbeerlikör vermerkt. Gerade in diesem Moment nahm Ommma aus ihrem Wasserglas einen herzhaften Schluck. Panisch blickte ich durch das dunkle Flaschenglas. Es war nur noch eine kleine Pfütze zurückgeblieben.
    »Was macht ihr denn da?«, schrie ich hysterisch und vergaß dabei, daß Ommma, Mia und ich noch gar nicht im Duz-Dreieck angekommen waren.
    »Wir sitzen hier – und erzählen uns was«, erklärte Ommma und fand ihre Antwort so lustig, daß sie vor Vergnügen losprustete.
    »Ja, aber habt ihr denn gar nicht gemerkt –?«
    »Wir habben uns nur ein bißen – ein bichen – ein bißchen Traumsaft gegönnt!« versuchte es Mia.
    »Da haben Sie doch nichts dagegen?«, lallte Ommma, »oder hätten Sie gerne ein Gläschen mitgetrunken?«
    »Von wegen Traubensaft«, schnaubte ich, konnte aber nicht ausreden.
    »Der gute –«, brabbelte Ommma inzwischen, »kricht man sons nur im Krankenhaus, wonnich Mia?«
    »Aber wir –« Mia verschluckte sich und holte nochmal Schwung für einen zweiten Anlauf. »Aber wir kriech – krien das auch hier.« Mia bekam erneut einen Lachanfall und auch Ommma konnte sich kaum mehr halten.
    »Ich müßte jetzt nur mal aufstehn«, murmelte Ommma, nachdem sie sich beruhigt hatte. Ich schlug die Hände über dem Kopf zusammen. In diesem Zustand würde Ommma niemals lebend die Toilette erreichen.
    »Was ist denn hier los?« Der entsetzte Aufschrei kam von der Tür her. Ich fuhr herum. Da standen Schnittlers mit aufgerissenen Augen, offenen Mündern und einem Blick, der zwischen Ungläubigkeit und Entsetzen schwankte.
    »Was ist denn hier los?« wiederholte Frau Schnittler, als würde die Frage dadurch harmloser.
    »Nichts Besonnenes – Besonderes«, antwortete Mia indes. »Wir trinken nur einen Taubensaff mit unserm Choffür.«
    Eine Stunde später saß ich mit den Schnittlers völlig erledigt im Eßzimmer. Es hatte uns eine Heidenmühe gekostet, die beiden Damen aus ihren Sesseln zu bugsieren und ohne Zwischenfälle abzutransportieren. Ommma war nach einem Zwischenstopp auf der Toilette direkt ins Bett verfrachtet worden, für Mias Heimfahrt waren Papa Schnittler und ich zuständig gewesen. Tante Mia hatte auf der Fahrt zunächst lautstark protestiert, weil es schon nach Hause gehen sollte, kurz vor ihrem Haus nickte sie dann aber kurzerhand ein. Als sie beim Aussteigen wach wurde und mich zu einem Glas Traubensaft in ihr Schlafzimmer einlud, stürzte ihre Tochter aus dem Haus.
    »Was ist denn hier los?«, kreischte sie und faßte ihre Mutter hektisch unter den Arm.
    »Das iss mein Choffür«, stellte Tante Mia mich vor. »Ein ganz ratzender Mann.« Mias Tochter würdigte mich keines Blickes, während Tante Mia an ihrem Arm ins Haus torkelte.
    Ich blendete diese Erinnerung aus, als ich mit den Schnittlers vorm Kaminfeuer saß.
    »Alles halb so wild«, grummelte Alexas Vater. »Für eine Alkoholvergiftung hätten die noch eine Flasche gebraucht.«
    Ich rieb mir die Augen. Die Ereignisse der vergangenen Stunden hatten mich deutlich erschüttert. Ich wollte nach Hause.
    »So schlimm ist es wirklich nicht, daß die beiden sich einen gepichelt haben«, tröstete Mutter Schnittler mich. »Wenn Sie das gleich der Alexa erzählen, dann lacht die sich kaputt«
    »Alexa ist ganz hier in der Nähe!«, murmelte ich kleinlaut.
    Und dann erzählte ich vom Unfall, der vielleicht ein Mordfall war, von Elmar Schulte-Vielhaber und seiner Mutter und von der Nachbarin, die ihre Aussage gemacht hatte.
    »Das gibt’s doch gar nicht. Ein Mord bei uns in Renkhausen?« Frau Schnittler
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