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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat
Autoren: Kathrin Heinrichs
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wenn man berücksichtigte, daß es um sein Lieblingsthema ging. Gerade wollte Leo zu sprechen ansetzen, da kam das Essen, was Leos Schweigen auf glatte 20 Sekunden verlängerte.
    »Na, dann guten Appetit«, wünschte ich und hoffte einen Moment lang, das Thema sei damit erledigt Amüsiert nahm ich zur Kenntnis, daß Leo eine Pizza mit Meeresfrüchten gewählt hatte. Vielleicht hatte man den Inhalt des Aquariums als »frutti de mare« kostengünstig verarbeitet.
    »Und was ist mit Alexa?«, fragte Leo, während er seine Pizza in mehrere kuchenstückgroße Teile zerschnitt.
    »Was soll schon sein?«, erwiderte ich gleichgültig. »Sie wird sich irgendwann melden.«
    »Du hast sie doch nicht etwa mit diesem Elmar allein zurückgelassen?«, fragte Leo und hielt sich ein Stück Pizza vor den Mund ohne zuzubeißen, gerade so, als wäre er auf einem Kindergeburtstag beim Stoppessen mitten in der Bewegung gebremst worden.
    »Was denkst du denn?«, raunzte ich. »Sollte ich mich etwa wie Hein Blöd hinsetzen und zusehen, wie Alexa weiter ihre Jugendliebe umarmt?«
    »Du bist ein Idiot!«, konstatierte Leo und biß endlich zu.
    Es war unter meiner Würde, auf diesen unqualifizierten Kommentar zu antworten.
    »Alexas Kumpel ist in einer dramatischen Situation. Er steht unter Verdacht, seinen Onkel ermordet zu haben. Ist es da nicht natürlich, daß Alexa ihn stützt?«
    »Dann soll sie eben«, murmelte ich trotzig, »aber da muß ich ja dann nicht dabei sein.«
    »Alexa hätte dich am Wochenende gebraucht, vielleicht mehr als in der ganzen Zeit eurer bisherigen Beziehung zusammen. Sie benötigte deine Unterstützung, dein Verständnis, verstehst du das denn nicht?«
    Mißmutig kaute ich auf dem trockenen Rand meiner Pizza herum.
    »Außerdem«, Leos Augen wurden zu Schlitzen, »bist du nicht nur rücksichtslos, sondern auch dumm. Durch dein beleidigtes Teenagerverhalten treibst du sie ja geradezu in Elmars Arme, das ist doch ganz klar. Also ehrlich!« Leo schüttelte verständnislos seinen Kopf. »Ich kann mich nur wiederholen. Du bist wirklich …«
    »Ein Idiot!« komplettierte ich. Und dann sagte ich es nochmal. »Ein Idiot!«

5
    Als ich gegen drei in der Tierarztpraxis Hasenkötter anrief, ließ mir die Sprechstundenhilfe ausrichten, das Wartezimmer sei rappelvoll und Alexa in einerUntersuchung. Sie könne jetzt nicht gestört werden. Ich gab mich geschlagen und beschloß, Alexa nach der Arbeit in der Praxis abzuholen. Bis dahin widmete ich mich der Vorbereitung für meinen Leistungskurs. Kurz nach fünf tauchte ich aus den Büchern wieder auf und fluchte. Womöglich war Alexa jetzt schon weg, andererseits wenn das Wartezimmer rappelvoll war …
    Ich sprang ins Auto und eilte zur Praxis. Vor dem Haus gab es wie immer keinen Parkplatz. Ich blieb in der zweiten Reihe stehen und hastete hinein. Es war bereits totenstill im Inneren der Praxis. Selbst die Sprechstundenhilfe saß nicht mehr an ihrem Platz. Endlich kam sie aus einem der Behandlungsräume.
    »Ach, Vincent, tut mir leid, Alexa ist schon weg.« Ich fluchte. Karin lächelte verständnisvoll. »Sie ist erst vor zehn Minuten gegangen, allerdings wollte sie nicht direkt nach Hause, sondern noch woanders hin.« Ich fluchte noch mehr, diesmal still in mich hinein. Leo hatte recht. Ich war wirklich ein Idiot und hatte es nicht besser verdient, als daß Alexa nun an Elmars Brust klebte und ihm tröstende Worte zusprach. Ich rang mich noch zu einem »danke« durch und trat auf die Straße. Vor meinem Auto stand eine dunkelblau gekleidete Frau und tippte etwas in einen Mini-Computer. Das fehlte jetzt noch.
    »Nein!«, schrie ich. »Ich bin hier!« Ungnädig tippte die gelockte Frau weiter und sah erst hoch, als ich unmittelbar vor ihr stand.
    »Ich war nur ganz kurz weg – ein Notfall«, stammelte ich, »da, eine Tierarztpraxis.« Ich zeigte auf das messingfarbene Schild der Praxis Hasenkötter, als stände dort der Ablaß über sämtliche Sünden, die ich in den letzten zehn Jahren begangen hatte. Leider fehlte mir das passende Tier im Arm, um die Geschichte mit dem Notfall überhaupt untermauern zu können.
    »Es ist Ihnen doch wohl klar, daß Sie nicht mitten auf der Straße parken dürfen«, sagte die Politesse freundlich, aber bestimmt.
    »Unter ›mitten auf der Straße‹ verstehe ich etwas anderes«, antwortete ich unfreundlich und unbestimmt. »Der pädagogische Effekt dieses Bußgeldes ist gleich null«, fügte ich hinzu. »In einem Notfall wie diesem würde ich es
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