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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand
Autoren: Jonathan Stroud
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Saalmitte öffnete sich ein Stück. Dann schrumpfte der Dämon rasend schnell zusammen, wurde in den Spalt zurückgesogen und war weg.
    Der Spalt schloss sich wie eine mit blitzartiger Geschwindigkeit heilende Wunde.
    Ohne Ramuthra wirkte der Saal kahl und leer. Ein Kronleuchter und ein paar kleine Wandlampen flammten wieder auf und tauchten den Schauplatz in trübes Licht. Der Spätnachmittagshimmel vor den Fenstern wandelte sich von Grau zu Dunkelblau und man hörte den Wind im nahe liegenden Wäldchen rauschen.
    Im Saal war es ganz still. Die Zauberer und ein, zwei übel zugerichtete Kobolde blieben reglos liegen. Nur etwas rührte sich: Ein Junge humpelte quer durch den Saal, in der Hand die Kette mit dem Amulett von Samarkand. Der Jadestein in der Goldeinfassung schimmerte schwach im Dämmerlicht.
    Stumm ging Nathanael zu Rupert Devereaux, der halb unter seinem Außenminister begraben lag, und legte ihm behutsam das Amulett in die Hände.

Bartimäus
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    Das war mal wieder echt typisch für den Kleinen. Nachdem er die mutigste Tat seines lächerlichen kleinen Lebens vollbracht hat, würde man doch erwarten, dass er sich erst mal vor Erschöpfung und Erleichterung auf den Boden plumpsen lässt. Und? Was macht er? Wieder mal Fehlanzeige. Es war sein großer Auftritt und er inszenierte ihn so dramatisch wie nur was.
    Als alle Blicke auf ihm ruhten, hinkte und hüpfte er wie ein verletztes Vögelchen durch den verwüsteten Saal – geradewegs ins Zentrum der Macht. Was hatte er vor? Niemand wagte es sich auszumalen. (Ich sah, wie der Premierminister zusammenzuckte, als der Junge die Hand nach ihm ausstreckte.)
    Und dann, als die Spannung auf dem Höhepunkt war – die Offenbarung: Das legendäre Amulett von Samarkand (er hielt es hoch, damit es auch wirklich jeder sehen konnte) kehrte in den Schoß der Regierung zurück. Der Bengel vergaß nicht mal, dabei ehrerbietig den Kopf zu senken.
    Das gab vielleicht ein Hallo!
    Genial, oder? Ehrlich gesagt, bestätigte mich das offenbar angeborene Gespür des Jungen für sein Publikum noch mehr als seine Begabung, unschuldige Dschinn zu drangsalieren, in der Überzeugung, dass er es noch weit bringen würde.1 122
(Zauberer setzen theatralische Effekte nicht nur ein, um die Gewöhnlichen einzuschüchtern, sie benutzen die gleichen Methoden, um sich gegenseitig zu beeindrucken und auszustechen. )
Und natürlich verfehlte seine Show ihre Wirkung nicht: Im Nu war er von Bewunderern umringt.
    In dem ganzen Wirbel vertauschte ich unauffällig Ptolemäus’ Gestalt mit der eines unbedeutenden Kobolds, der, als sich das Gedränge ein wenig lichtete, gehorsam zu seinem Herrn hinüberschwirrte. Ich legte keinen Wert darauf, dass meine wahren Fähigkeiten öffentlich bekannt wurden, sonst brachte mich womöglich noch jemand mit dem tolldreisten Dschinn in Verbindung, der kürzlich aus dem Staatsgefängnis geflohen war.
    Nathanaels Schulter war die ideale Aussichtsplattform, um das Nachspiel des gescheiterten Putschversuches zu beobachten, denn in den folgenden Stunden stand der Junge im Mittelpunkt des Interesses. Wo sich der Premierminister und seine Minister auch hinbegaben, mein Herr und Meister war immer mit von der Partie, beantwortete die auf ihn einprasselnden Fragen und stopfte sich mit den Süßigkeiten voll, die irgendwelche Lakaien anschleppten, damit er wieder zu Kräften kam.
    Beim Durchzählen stellte sich heraus, dass insgesamt vier Minister (zum Glück welche, die weniger wichtige Ämter bekleideten) sowie ein Staatssekretär fehlten. 123
(Außerdem waren Amanda Cathcart, Simon Lovelace und sechs Diener in dem Spalt oder in Ramuthras Rachen verschwunden, doch unter den gegebenen Umständen waren diese Verluste für die Zauberer eher unerheblich.)
Außerdem waren etliche Zauberer im Gesicht und am Körper schwer entstellt oder anderweitig beeinträchtigt.
    Schon bald schlug die allgemeine Erleichterung in Empörung um. Nachdem Ramuthra fort war, konnten die Zauberer mithilfe ihrer Sklaven die magischen Riegel in Türen und Wänden aufbrechen. Heddleham Hall wurde von oben bis unten gründlich durchsucht, doch abgesehen von diversen Dienern, der Leiche des alten Schyler und einem wütenden Pagen, der in einer Toilette eingesperrt war, fand man niemanden. Es war nicht überraschend, dass der fischgesichtige Rufus Lime ebenso wie der Torhüter mit dem schwarzen Bart nicht mehr im Haus weilten. Die beiden schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Nathanael führte die
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