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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand
Autoren: Jonathan Stroud
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diese glänzende Idee gekommen«, fuhr Lovelace fort, »ich nehme an, er sieht uns von ferne zu.«
    »Sprechen Sie von Schyler?« Nicht mal im Angesicht des Todes konnte sich Nathanael diese primitive Genugtuung versagen. »Wohl kaum. Er liegt oben. Er ist nämlich tot.«
    Lovelace’ Selbstbeherrschung geriet zum ersten Mal ins Wanken. Sein Lächeln wirkte unsicher.
    »Es stimmt«, bekräftigte Nathanael. »Ich bin ihm nicht einfach nur entwischt – ich hab ihn umgebracht.«
    Der Zauberer lachte. »Lüg mich nicht an, du Dreikäsehoch.«
    Hinter Lovelace ertönte eine sanfte, klagende Frauenstimme: »Lovelace.«
    Der Zauberer warf einen Blick über die Schulter. Hinter ihm stand Amanda Cathcart. Ihr Kleid war schmutzig und zerrissen, ihr Haar zerzaust und momentan kastanienbraun. Sie humpelte auf Lovelace zu, streckte die Arme nach ihm aus, in ihrem Gesicht spiegelten sich Verwirrung und Entsetzen. »Oh Simon«, jammerte sie. »Was hast du getan?«
    Lovelace erbleichte und drehte sich zu ihr um. »Bleib, wo du bist!«, schrie er. Er klang verstört. »Verschwinde!«
    Amanda Cathcart traten Tränen in die Augen. »Wie konntest du so etwas tun, Simon? Muss ich jetzt auch sterben?«
    Sie torkelte näher. Der Zauberer hob peinlich berührt die Hände, um sie aufzuhalten. »Amanda… es… es tut mir Leid. Es… es ging nicht anders.«
    »Aber Simon… was hast du mir nicht alles versprochen!«
    Nathanael änderte unbemerkt die Richtung.
    Lovelace’ Verlegenheit verwandelte sich in Zorn. »Verschwinde, Weib, sonst befehle ich dem Dämon, dich in Stücke zu reißen! Sieh her, da kommt er schon!« Amanda Cathcart rührte sich nicht von der Stelle. Offenbar war ihr inzwischen alles egal.
    »Wie konntest du mich nach all dem bloß so ausnutzen, Simon? Hast du denn gar keine Ehre im Leib?«
    Nathanael schlich noch näher heran. Schon ragte Ramuthras Silhouette über ihm auf.
    »Amanda, ich warne dich…«
    Nathanael warf sich auf den Zauberer und packte zu. Seine Finger fuhren hastig über Lovelace’ Hals und schlossen sich um etwas Kaltes, Hartes, Geschmeidiges – die Kette mit dem Amulett. Er zog, so fest er konnte. Der Kopf des Zauberers ruckte zurück, dann gab die Kette nach und zerriss.
    Lovelace stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus.
    Nathanael ließ sich fallen und rollte über den Boden. Die Kette schlug ihm ins Gesicht. Mit beiden Händen umklammerte er das kleine, zerbrechliche, ovale Etwas, das daran hing. Im selben Augenblick spürte er, wie eine Last von ihm genommen wurde, als hätte sich ein erbarmungsloser Blick von ihm abgewandt.
    Im ersten Schreck hätte Lovelace fast das Gleichgewicht verloren. Jetzt machte er Anstalten, auf Nathanael loszugehen – doch zwei schlanke Arme hielten ihn zurück. »Aber Simon! Du willst doch nicht den armen kleinen Jungen schlagen!«
    »Spinnst du, Amanda? Lass mich los! Das Amulett… ich muss…« Als Lovelace versuchte, sich dem Klammergriff der Frau zu entwinden, sah er plötzlich die riesige Gestalt über sich aufragen. Seine Knie gaben nach. Ramuthra stand jetzt ganz dicht vor den dreien. Deren Kleider flatterten wie in einem Orkan und das Haar peitschte ihnen ins Gesicht. Die Luft um sie herum vibrierte wie elektrisch geladen.
    Lovelace torkelte nach hinten und wäre fast hingefallen. »Ramuthra! Ich befehle dir – nimm den Jungen! Er hat das Amulett bloßgestohlen! Er steht nicht unter seinem rechtmäßigen Schutz!« Doch es klang nicht besonders selbstsicher. Eine große durchscheinende Hand streckte sich nach ihm aus. Lovelace verdoppelte seine Bemühungen. »Meinetwegen – vergiss den Jungen! Nimm die Frau! Nimm erst die Frau!«
    Die Hand blieb in der Luft stehen. Verzweifelt riss sich Lovelace von Amanda Cathcart los. »So ist’s gut. Siehst du die Frau? Hier ist sie! Hol sie dir!«
    Von überall und nirgends erschallte eine Stimme wie von einem riesigen Chor: »ICH SEHE KEINE FRAU. BLOSS EINEN GRINSENDEN DSCHINN.«
    Lovelace erstarrte. Er drehte sich nach Amanda Cathcart um, die ihn flehend anblickte, und während er hinsah, veränderten sich ihre Gesichtszüge, bis sie hinterhältig und triumphierend von einem Ohr zum anderen grinste. Dann streckte sie blitzschnell den Arm aus und riss Lovelace das Beschwörungshorn aus der schlaffen Hand. Im nächsten Moment war Amanda Cathcart verschwunden. Ein Äffchen baumelte am Schwanz von einem Kronleuchter herunter und winkte dem entgeisterten Zauberer fröhlich mit dem Horn zu.
    »Darf ich das behalten?«,
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