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Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand

Titel: Bartimäus 01 - Das Amulett von Samarkand
Autoren: Jonathan Stroud
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die Behörden von dem Jungen hielten. Anders als der alte Underwood würde Miss Whitwell dafür sorgen, dass seine Begabung nicht vergeudet wurde… Wie sich das allerdings auf seinen Charakter auswirkte, stand auf einem anderen Blatt. Wie dem auch sei, er bekam genau das, was er verdient hatte.
    »Sie hat gemeint, ich hätte eine steile Karriere vor mir«, fuhr er fort, »wenn ich geschickt vorgehe und hart arbeite. Sie hat gesagt, sie beaufsichtigt meine Ausbildung, und wenn alles gut geht, kann ich ein paar Stufen überspringen und demnächst in einer Verwaltungsbehörde anfangen, um erste Erfahrungen zu sammeln.« Dabei hatte er wieder dieses triumphierende Leuchten in den Augen, bei dem es mir jedes Mal in den Fingern juckte, ihn übers Knie zu legen. Ich gähnte demonstrativ und schüttelte das Kissen auf, aber er quasselte weiter. »Meine Jugend ist kein Hinderungsgrund, hat sie gemeint, es kommt allein auf die Begabung an. Ich habe gesagt, ich würde gern im Ministerium für Innere Angelegenheiten arbeiten – das sind die, die hinter den Widerständlern her sind. Hast du mitgekriegt, dass es noch ein Attentat gegeben hat, als wir weg waren? Ein Büro in Whitehall ist in die Luft geflogen. Es gibt noch keine Hinweise auf die Täter, aber ich wette, ich könnte rauskriegen, wer’s war! Erst mal würde ich mir Fred und Stanley vorknöpfen… und dann das Mädchen. Ich würde sie zum Reden bringen und dann…«
    »Moment, Moment«, unterbrach ich ihn. »Reicht es nicht langsam? Überleg mal: Du hast schon zwei machtbesessene Zauberer getötet und hundert machtbesessenen Zauberern das Leben gerettet… Du bist ein richtiger Held.«
    Meine sanfte Ironie ging völlig ins Leere. »Das hat Mr Devereaux auch gemeint.«
    Ich setzte mich ruckartig auf, hielt lauschend die Hand ans Ohr und drehte mich nach dem Fenster um. »Hörst du das?«, rief ich.
    »Was denn?«
    »Den nicht vorhandenen Jubel in den Straßen.«
    Er runzelte die Stirn. »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, dass die Regierung die Angelegenheit unter den Teppich kehrt. Wo bleiben die Fotografen? Wo bleiben die Pressefritzen? Wieso warst du heute Morgen nicht auf der Titelseite der Times? Man müsste dich interviewen, dir Orden verleihen, dir eine Sonderausgabe hässlicher Briefmarken widmen… Aber davon sehe ich nichts, du vielleicht?«
    Der Junge rümpfte die Nase. »Man hat mir erklärt, dass die Sache aus Sicherheitsgründen geheim bleiben muss.«
    »Blödsinn. Die wollen nicht das Gesicht verlieren. ›ZWÖLFJÄHRIGER RETTET REGIERUNG.‹ Die Leute würden sie auslachen! Und das dürfen sie nicht zulassen, das wäre der Anfang vom Ende.«
    Der Junge grinste. Er war noch zu jung, um zu verstehen, was ich meinte. »Die Gewöhnlichen können uns nicht gefährlich werden«, entgegnete er, »höchstens die Verschwörer – soweit sie noch am Leben sind. Miss Whitwell meinte, dass mindestens vier Zauberer den Dämon beschworen haben müssen, das heißt, außer Lovelace, Schyler und Lime mindestens noch einer. Lime ist verschwunden und der Zauberer mit dem roten Bart wurde in keinem Hafen oder Flughafen gesichtet… rätselhaft. Und ich wette, Sholto Pinn hat auch Dreck am Stecken, aber nach dem, was du dir in seinem Laden geleistet hast, kann ich mich dazu leider nicht öffentlich äußern.«
    »Tja«, sinnierte ich und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, »mir scheint, du hast tatsächlich einiges zu verheimlichen. Da bin einmal ich, der ›unbedeutende Kobold‹, mit meinen ganzen Heldentaten, und dann die Tatsache, dass du das Amulett gestohlen und deinem eigenen Meister untergeschoben hast…« Er lief rot an und tat so, als müsse er den begehbaren Kleiderschrank inspizieren. Ich stand auf und ging hinterher. »Apropos«, fügte ich hinzu, »mir ist aufgefallen, dass du Mrs Underwood bei deiner Version der Ereignisse eine Hauptrolle zugeteilt hast. Damit lässt sich das schlechte Gewissen ein bisschen beruhigen, stimmt’s?«
    Er fuhr herum und wurde knallrot. »Was soll der Quatsch – worauf willst du hinaus?«, fauchte er.
    Ich blickte ihn bedeutungsvoll an. »Du hast geschworen, dich an Lovelace zu rächen«, sagte ich, »und du hast deinen Vorsatz in die Tat umgesetzt. Vielleicht tröstet dich das ein wenig. Ich hoffe es für dich, mit diesen Dingen kenne ich mich nicht so aus. Aber du hast auch versprochen, dass du mich freilässt, wenn ich dir dabei helfe. Ich finde, ich habe mich nach besten Kräften für dich eingesetzt.
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