Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition)
Autoren: Ulrike Barow
Vom Netzwerk:
würde der Mann machen? Kleemann winkte Kockwitz zu. »Dort,
hintenrum hast du die Möglichkeit, näher an das Häuschen zu kommen.«
    Kockwitz nickte, nahm die Pistole aus dem Holster und lief in
gebückter Haltung los, die Büsche als Deckung nutzend.
    Röder versuchte es erneut. »Georg. Hilda ist hier. Glaube mir.
Sie möchte mit dir und ihrem Vater sprechen.«
    »Hau ab, habe ich gesagt. Ich will dein Gesicht hier nicht mehr
sehen. Nimm deinen Kollegen mit. Ich will nur Hilda. Und sie mich. Dann ist
alles in Ordnung. Aber erst haut ihr ab. Alle!«, schrie Hanefeld.
    »Nein, dann ist nicht alles in Ordnung. Glaubst du denn
wirklich, dass Hilda dich noch will, wenn du ihren Vater tötest?«, war Röders
Antwort.
    Was dann folgte, war Stille. Nichts als unerträgliche Stille.
Kleemanns Gedanken rotierten. Vorsichtig arbeitete er sich zu Luiken vor,
sorgfältig darauf achtend, von Hanefeld nicht gesehen zu werden. »Berend! Was
liegt an da drinnen?«
    »Ein Mann sitzt oder liegt vielmehr auf den Stuhl gefesselt«,
flüsterte Luiken. »Offensichtlich verletzt. Hanefeld hat den Inhalt eines
Kanisters im Raum verteilt. Auf dem Fußboden ganz viel Papier. Fotos, wenn ich
das richtig erkannt habe. Ich glaube, das dauert nicht mehr lange, dann zündet
der die Bude an.«
    Kleemann nickte. Wie konnten sie am besten an Hanefeld
rankommen, ohne Steenkens Leben zu gefährden? Reden mussten sie. Immer
weiterreden. Sein Inselkollege musste den Kontakt halten. Ihn kannte der Mann.
Es würde jetzt gar nichts bringen, wenn er sich als neuer Verhandlungspartner
auch noch einschalten würde. Langsam zog er sich wieder zurück und rief Axel Meinders
an. Erklärte dem Chef der Wehr flüsternd die Lage. »Schlage vor: stiller Alarm
und bis zum Deichschart bei der Teestube vorrücken. Ohne Martinshorn.
Damit der Kerl in der Laube nicht noch zusätzlich in Rage gebracht wird.«
    Der Gemeindebrandmeister versprach, sofort alles in die Wege zu
leiten. Danach unterrichtete Kleemann die Inselärztin.
    Michael Röder stand immer noch vor der Tür des Gartenhauses.
»Georg, bitte. Mach die Situation nicht noch schlimmer. Beende die Sache hier.
Je schneller, desto besser. Wir müssen Steenken helfen. Es geht ihm nicht gut.«
    Ein gellendes Lachen drang aus dem Häuschen. »Ihm, ihm wollt ihr helfen! Und wer hilft mir? Mein ganzes schönes Leben ist im Arsch.
Aber mich fragt keiner. Macht, dass ihr wegkommt. Röder, weg von der Tür!«
    Arndt Kleemann war langsam mit seinem Latein am Ende. Die Zeit
verstrich nutzlos. Sie waren einer Lösung noch keinen Schritt näher gekommen.
Wie lange würde der Mann sie hinhalten? Lebte Steenken überhaupt noch?
    Dann, nach einer unerträglich langen Minute, drehte sich der
Schlüssel in der Tür des Gartenhauses. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit
und eine Hand erschien, die ein Feuerzeug umklammert hielt. Ein metallisches
Schnipsen zeigte den Männern, dass Hanefeld ernst machte. Mit verzerrter Stimme
wimmerte er: »Bringt sie mir. Ich will sie hier vor mir sehen. Und zwar
schnell! Dann könnt ihr ihn haben. Ansonsten …«
    Röder warf sich mit ganzer
Kraft gegen die hölzerne Tür. Im gleichen Moment war Berend Luiken da. Das
Bersten des Handgelenkknochens mischte sich mit dem hellen Klirren, mit dem das
rote Feuerzeug über die Waschbetonplatten rutschte, bevor es im Gras ausrollte.
Arndt Kleemann durchzog ein Schauer, als die Hand des Mannes zerschmettert und
blutüberströmt im Türrahmen steckte. Ein grauenvoller Schrei zerschnitt die
Luft.
    Wir haben ihn, war sein erster Gedanke. Doch die Gefahr war
noch nicht vorbei. Was wäre, wenn der Mann in der anderen Hand auch noch ein
Feuerzeug bereithielte? Wie groß war das Risiko? Er nickte Röder zu und sein
Kollege öffnete vorsichtig die Tür. Im gleichen Moment klappte Hanefeld vor
ihnen zusammen.
    »Kümmert euch um die beiden. Ich aktiviere die Rettungskräfte,
dann bin ich bei euch.«
     
    In der Hütte stank es durchdringend nach Benzin, auf dem
Boden lagen Hunderte von Fotos, alle durchtränkt von der Flüssigkeit, die
Hanefeld kurz zuvor noch aus dem Kanister verteilt hatte. In der Mitte des
kleinen Raumes saß, eher noch hing, Arnold Steenken gefesselt auf einem Stuhl,
kaum bei Bewusstsein mit einem tiefen, von dunkelrot entzündeter Haut
eingefassten Riss auf der Wange. Er stöhnte leise.
    Kockwitz hatte ein Messer aus der Tasche gezogen und löste mit
einem kräftigen Schnitt seine Fesseln. Michael Röder legte Steenken beruhigend
seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher