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Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Ballsaison: Palinskis siebter Fall

Titel: Ballsaison: Palinskis siebter Fall
Autoren: Pierre Emme
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Sinnieren zu beenden.
    Er blickte auf seine Uhr. Es war bereits nach neun und damit höchste Zeit, sich kurz in seinem Büro zu zeigen, ehe er zu seinem Termin mit Rechtsanwalt Dr. Herburger musste. Der Streit mit Hektor Wiener entwickelte sich langsam wie die Mücke zum sprichwörtlichen Elefanten. Eine blöde Sache, aber die Sauerei mit dem Schnitzel, seinem Schnitzel, wollte und konnte Palinski dem präpotenten Fast-Food-Kaiser auf keinen Fall durchgehen lassen.

     
    * * *

     
    Anselm Wiegele war 37 Jahre alt und Hauptkommissar in der friedlichen Stadt Singen im wunderschönen Hegau. Für alle, denen diese Gegend kein Begriff sein sollte: Es handelte sich dabei um die Region am Westende des Bodensees. Warum und wie eine Stadt dieser Größenordnung zu einem eigenen Hauptkommissar gekommen war, war eine eigene Geschichte * . Aber dafür war jetzt keine Zeit.
    Wiegele hatte seine noch nicht konsumierten Urlaubstage und den für zahlreiche Überstunden angefallenen Zeitausgleich zusammengelegt. Gemeinsam mit den drei Monaten unbezahlter Auszeit, deren Genehmigung man ihm nach der glänzenden Erledigung seines letzten Falles nicht hatte verweigern können, befand er sich derzeit in einer für mehr als ein halbes Jahr anberaumten Dienstfreistellung. Einer Art Urlaub, zumindest im technischen Sinne, denn tatsächlich hatte Wiegele in den vier Monaten seit Antritt dieses Urlaubes mehr gearbeitet als je zuvor im Rahmen seiner normalen Tätigkeit in Singen. Wiegele war nämlich stellvertretender Leiter des Security-Teams, das im Auftrag des Fußballbundes für die Sicherheit der deutschen Mannschaft bei der Europameisterschaft 2008 zu sorgen hatte.
    Einmal hautnah bei einem dieser Megaevents des Fußballs dabei sein zu können, hatte sich der kleine Anselm schon gewünscht, bevor er noch als Schüler mehr engagiert als talentiert bei der SV Böblingen gestürmt war. Das war jetzt auch schon ein halbes Leben her, sinnierte Wiegele, aber jetzt war es endlich so weit. Er stand mit einigen seiner Kollegen und Mitarbeitern der Airline neben der Ladeluke des gewaltigen Airbusses A-320-232 im verspielten Design ›FlyNikis‹ und überwachte die Verladung des umfangreichen Gepäcks. Und das war wirklich nicht ohne, denn neben den persönlichen Sachen der Funktionäre, Spieler und Betreuer wurde beispielsweise auch knapp eine halbe Tonne speziell ausgewählter und streng kontrollierter Lebensmittel nach Österreich mitgenommen. Nicht, dass man befürchtet hätte, bei den Ösis nichts Ordentliches zwischen die Zähne bekommen zu können. Das wussten alle aus eigener Erfahrung besser. Aber in dieser von paranoiden Verschwörungstheoretikern infizierten, um nicht zu sagen dominierten Zeit musste man jede Eventualität berücksichtigen, durfte nicht das geringste Risiko eingehen. Wie schnell konnte beispielsweise eine auch nur leichte Magenverstimmung des einen oder anderen wichtigen Spielers den Ausgang eines Matches oder des gesamten Turniers beeinflussen. Und nach dem Abschneiden bei der WM vor zwei Jahren erwartete die Öffentlichkeit zwischen Flensburg und Rosenheim von der deutschen Elf schließlich nicht mehr und nicht weniger als den Titel des Europameisters.
    Anfänglich hatte Wiegele die selbst für einen akkuraten Polizeimenschen etwas überzogen wirkenden Vorsichts- und Kontrollmaßnahmen ein wenig belächelt. Ja, sogar einiges Verständnis für den Wutausbruch des Küchenchefs des renommierten Wiener Schlosshotels ›Hermannskogel‹ gezeigt, als dieser hörte, dass er in seiner Küche nichts zu sagen haben würde, wenn es um das Essen der deutschen Kicker ging.
    Nachdem er aber erfahren hatte, dass Emile Bergeron gebürtiger Elsässer und mit einer Wienerin verheiratet war, war auch für ihn natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen gewesen, dass der Chef Tendenzen zu seinen alten Landsleuten haben könnte. Oder Sympathie für das Team seiner neuen Heimat. Nicht, dass Wiegele dem Haubenkoch deswegen unlautere Absichten unterstellt hätte, aber wozu etwas riskieren? Bei Frank Heberlein aus Eschborn, der die DFB-Auswahl schon seit der EM in Portugal bekochte, konnte man eben zu 150 Prozent sicher sein, für wen sein Herz schlug.
    Wiegele freute sich schon auf Wien. Trotz des auch ohne die immer zu erwartenden unvorhergesehenen Ereignisse dichten Arbeitsprogrammes würde er zwischendurch etwas Zeit mit seiner Freundin Marianne Kogler verbringen können. Daneben freute er sich schon auf ein Wiedersehen mit seinem alten
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