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Bärenkind - Bär, D: Bärenkind

Bärenkind - Bär, D: Bärenkind

Titel: Bärenkind - Bär, D: Bärenkind
Autoren: Daniela Bär
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dieses Gefühl von der eigenen Mutter gegeben wird.
    Für mich war es normal, dass ich bestraft wurde. Ich war eben böse, dumm und total nutzlos.
    Es war normal für mich, dass es zuhause so war und bei meinen Großeltern anders. Ich stellte nichts in Frage, das hätte ich mich nie getraut.
    Was meine Erzeugerin (so nenne ich sie heute) sagte und meinte war Gesetz. Punkt und Schluss.
    Selbst wenn ich irgendwann begriffen hätte, dass es Unrecht war sein Kind so zu behandeln, die Angst vor den Konsequenzen wäre viel zu groß gewesen. Was wäre passiert, wenn mir niemand geglaubt hätte? Undenkbar.
    Heute weiß ich, dass es Unrecht war und zum Glück habe ich es begriffen.
    Während ich Kapitel für Kapitel aus meiner Erinnerung aufs Papier brachte, stellte ich mir oft die Frage warum keiner aus meinem Umfeld darauf aufmerksam geworden war. Außerhalb der Wohnung spielten sich zwar keine körperlichen Übergriffe ab, aber die Nachbarn müssten es gehört haben.
    Auch frage ich mich warum mein Vater nichts bemerkt hatte. Spätestens als ich mit dem blauen Auge vor ihm stand hätte es ihm klar sein müssen. Leider kann ich ihn nicht mehr fragen. Entweder war er so blind vor Liebe, dass es ihm gar nicht in den Sinn kam oder er wollte es einfach nicht sehen. Leider.

Und heute?
    Mit der Zeit hatte ich die Erinnerungen verschoben, verdrängt und dachte einfach nicht mehr daran. Ich führte ein „normales“ Leben.
    Als ich 21 Jahre alt war, brachen diese Erinnerungen wieder auf. Ich war völlig überfordert mit den ganzen Träumen, Bildern, Filmen und es herrschte ein riesiges Durcheinander in meinem Kopf, was sich mit der Zeit auch auf meinen Körper auswirkte. Ich beschloss mir Hilfe bei meiner Hausärztin zu suchen, die mich dann an eine Psychotherapeutin verwies.
    Sie hatte es schwer einen Zugang zu mir zu finden. Alles war jahrelang hinter eine sehr gut funktionierenden Fassade versteckt worden, durch die niemand einen Weg fand. Oft nicht mal ich selbst.
    Mein Vater nahm sich im Jahr 2001 das Leben, was für mich einen Weltuntergang bedeutete. Niemand weiß warum er das getan hat, denn es gab keine „Vorzeichen“, er war einfach gegangen.
    Kurz darauf kam der totale Kontaktabbruch zu meiner Erzeugerin. Das ist jetzt sieben Jahre her und ich muss sagen, dass es mir gut damit geht.
    Die Therapie zeigte erste Erfolge und ich fing an zu begreifen wie sehr sich die Vergangenheit noch auf die Gegenwart auswirkte.
    Verhaltensweisen die mir plötzlich seltsam erschienen waren klar zuzuordnen. Ich wusste jetzt warum ich so panisch reagierte, wenn in meinem Umfeld etwas lautesgeschah. Ich konnte erkennen warum es mir so schwer fiel mich mit anderen Menschen auseinander zu setzen oder ihnen zu widersprechen. Ich begriff, dass es nicht schlimm ist zu weinen und es völlig in Ordnung ist Gefühle zu zeigen. Es dauerte lange bis ich diese Erkenntnisse auch umsetzen konnte und ich habe heute, sieben Jahre später, immer noch Probleme damit.
    Mit der Zeit häuften sich die Erinnerungen und sammelten sich zu einem großen Berg. Es passiert auch jetzt noch, dass Geschichten zum Vorschein kommen, die über 20 Jahre im Verborgenen geblieben sind.
    Es gibt Nächte in denen ich nicht in den Schlaf finde, aus Angst vor den Träumen. Es gibt Momente in denen ich in den Erinnerungen gefangen bin und nur schwer einen Weg in die Realität zurückfinden kann. Ich könnte unzählige Beispiele dafür nennen, wie sehr mich die Vergangenheit im Griff hat, aber ich möchte nicht weiter ins Detail gehen.
    Mittlerweile habe ich meine Heimatstadt verlassen in der Hoffnung, dass 450 km mir unter anderem einen großen Abstand zu meiner Vergangenheit ermöglichen würden. Das war natürlich ein Trugschluss. Ich musste lernen, dass die Erinnerungen immer in mir sein werden und ich nur versuchen kann sie so zu verarbeiten, dass sie mein jetziges Leben nicht negativ beeinflussen.
    Daran arbeite ich in meiner Therapie. Ich möchte soviel Stabilität wie möglich in meinen Kopf und mein Leben bringen, damit ich ein wirklich „normales Leben“ führen kann.
    ***
    Erinnerungen,
sie holen mich ein,
jeden Tag und jede Nacht.
    Erinnerungen,
machen mir Angst,
verunsichern mich.
    Erinnerungen,
versetzen mich in Panik
und suchen mich immer wieder heim.
    Erinnerungen,
es sind so viele da,
und ersticken das Positive.
    Erinnerungen,
wann kommt die Gegenwart,
wann kommt die Zukunft?
    ***

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