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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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Boden wälzte.
    Es stellte sich heraus, dass die Sprachbarrieren auch nach fünfzehn Jahren und trotz erheblich mehr Erfahrung und Übung nicht geringer geworden waren, ein New Yorker Deli-Besitzer spricht nicht wesentlich deutlicher als ein Dreijähriger. Bis mein Ohr sich an das ganz eigene New Yorker »cawfee«-Genuschel gewöhnt hatte, ernährte ich mich von den Dingen, die man mir halt so rüberreichte, im Glauben, ich hätte sie bestellt.
    Schnell ernährte ich mich gar nicht mehr, was allerdings andere Gründe hatte, auf die ich später noch eingehen werde, so wie auch ich eingegangen bin, vom Körperumfang her. Am schwierigsten war es, die neuen Freunde davon zu überzeugen, dass man sehr wohl eine unterhaltsame, schlagfertige Person sein kann, nur halt nicht in der Fremdsprache. Wer einmal in einer Runde staubtrockener, trinkfester und schnellsprechender New Yorker saß, der weiß, wovon ich rede. Mehr als einmal lief ich nach solchen Abenden frustriert
nach Hause und dachte trotzig: »Aber auf Deutsch bin ich lustig.«

Ich unhöfliche Paparazza
    Thank God war ich wenigstens einigermaßen mit dem Business vertraut, als ich zum ersten Mal wirklich mit dem Business in Berührung kam. Und zu meinem Glück geschah es nicht in freier Wildbahn, sondern im Büro, ansonsten wäre die Geschichte an mir vorbeigelaufen. Denn ich erkenne Berühmtheiten nicht. Selbst nach drei Jahren New York kann ich von keiner einzigen Promisichtung berichten, kein Jerry oder Woody weit und breit, und dabei laufen die Stars da frei rum, als wüssten sie nicht, was John Lennon passiert ist. Eines Abends stand der Sänger der Strokes an der Bar einer Lower East Side Bar. Er sah überhaupt nicht aus wie ein Rockstar, sondern wie man halt aussieht, wenn man jahrelang zu viel trinkt und dings. Also doch wie ein Rockstar. Jedenfalls musste mich meine Freundin Sam erst auf ihn aufmerksam machen, ich sag doch. Leider entging mir ob dieses Defekts Jahre später auch ein Flirt mit Dominic Raacke, den ich als sehr sexy verehre und der in einem Schuhladen meinen herumliegenden Flipflop unter ein Regal floppte und sich äußerst charmant entschuldigte, aber das war in München. Und ich kam trotz aller Schwärmerei erst am nächsten Tag darauf, dass das Dominic Raacke gewesen war. So wird das natürlich nie was, und so oder so müsste schon Danny de Vito in mich reinlaufen, den würde selbst ich erkennen. Danny de Vito! Und dann? Dann hätte ich wenigstens was zu lachen.
    Im Büro hingegen bekomme sogar ich mit, dass sich Großes anbahnt oder halt Business as usual, wie wir Record People sagen. Ich sitze an meinem Schreibtisch, Christina Aguilera kommt durch die Tür, würdigt mich und Peggy keines Blickes, greift sich das neueste Rolling Stone (Cover: Aguilera nackt mit Gitarre vor strategisch günstig oder ungünstigen Stellen, je nachdem) von meinem Tisch, sieht mich dabei immer noch nicht an, Bitch, und verschwindet ins Chefzimmer, wo sie ja auch hin soll. Ich war zur Abwechslung mal informiert, deshalb bin ich nicht erschrocken und deshalb wusste ich, dass das Christina Aguilera ist.
    Kreisch.
    Ansonsten hätte ich mich ob der Meute Girls, die da hocherhobenen Köpfchens und lautstark plappernd an mir vorbeistolzierten, schon ein bisschen gewundert. Denn die war ja nicht allein, die hatte drei, vier Lookalikes im Schlepptau. Make-up? Hair? Girl Power? Ich weiß es nicht. Aguilera ist winzig. Aguilera ist so klein und skinny, dass man sich ernsthaft fragen muss, wie so viel Make-up, Extensions, Outfit und Attitude auf so ein kleines Persönchen passen. Vermutlich würde sie mir nicht mal bis zum Busen reichen, aber ich bleibe sitzen. Aufstehen werd ich, wenn die hier reinkommt, so weit kommt’s noch.
    Durch die Tür sehe ich die wartende Chef-Brigade, allesamt mit hochrotem Kopf, und ich kann es ihnen nicht übelnehmen, sie hat ja nun wirklich wenig an. Außer dass ich auch gerne so zierlich wäre, ist mir das alles relativ egal, Hauptsache, ich muss keinen Kaffee oder Champagner oder Drogen servieren, ist nämlich alles gerade aus. Deshalb ziehe ich vorsorglich die Tür zu, und außerdem wollen wir mal nicht übertreiben. Es ist ja nicht so, als sei Elvis hier reinspaziert. Wie auch, der lebt ja auf Hawaii.
    Stille. Dann Peggy von rechts: »Would you believe the nerve of that skinny little bitch!« Pro-Tipp für alle Rockstars, zukünftigen Rockstars, Unternehmensberater und alle anderen ehrgeizigen Typen: Unterschätze niemals die
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