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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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Kleid braucht, ich kenne euren Kontostand nicht. Fragen nach »dick« beantworte ich nicht, ich bin selbst eine Frau, mich kriegt ihr nicht in die Endlosschleife.
    Alle diese Gespräche finden ausschließlich statt, während halb bekleidete Weiber auf Zehenspitzen vor Spiegeln rumtänzeln. Was hat es damit auf sich? Unerfüllter Kindheits-Ballerinawunsch? Passt die Hose besser, wenn man auf Zehenspitzen kuckt? Warum probierte ich neulich sogar eine Mütze auf Zehenspitzen? Nie erklärt einem jemand die wirklich seltsamen Dinge im Leben. Noch schlimmer wird es, wenn man auf der Suche nach etwas Bestimmtem für etwas Bestimmtes ist, Hochzeiten, Nobelpreis und dergleichen. Dann bekommt man oft den sensationellen Rat: einfach einen hübschen Rock und ein tolles Oberteil. Wenn ich so etwas schon höre, werde ich blind. Dafür muss ich ja gleich zwei Sachen finden, die tunlichst auch noch zueinanderpassen. Da lob ich mir das Kleid. Kleider sind die iPhones unter den Klamotten, man sollte jeden Tag dankbar sein, eine Frau zu sein. Reinschlüpfen, bam, Holly Golightly. Im besten Fall. Im schlimmsten Fall bum, Beyoncé. Allerdings muss man erst mal reinschlüpfen, und da wird es leider meistens schon, gell, eng. Obendrein muss man dazu in eine – jetzt einfach ganz ruhig weiteratmen – Umkleidekabine.
    Geht’s? Keine Angst, ich werde nicht über die böse Beleuchtung schreiben. Ob ihr Dellen habt oder nicht, sagt euch gleich das Licht. Plopp!, schnaufe ich, und finde, man sollte das entspannter sehen, immerhin ist so ein Spotlight-Angriff auf das Ego eine günstige Gelegenheit, sofort sämtliches im Umkreis verfügbares Junkfood zu essen. Diese Minuten, in denen »eh schon alles egal ist« müssen ausgenutzt werden, sie kommen meines Erachtens viel zu selten. Außerdem lügt das Licht. Ich behaupte das jetzt mal so, ich weiß sonst nämlich auch nicht, wie ich weiterleben soll. Es gibt wenig Entwürdigenderes, als im Höschen in einer zu engen Umkleidekabine zu stehen, Arme über dem Kopf gefangen, weil der Reißverschluss klemmt. Bis ein Verkäufer ungebeten den Kopf reinsteckt: »Na? Passts?!« »Nichts passt, raus hier«, antworte man darauf, damit man sich in aller Ruhe eine Rippe raussägen kann, um den Reißverschluss doch noch zuzubekommen.
    Danach setzt man sich selbstverständlich mal wieder auf Diät, das haben wir immer schon so gemacht. Wir können das schon mal durchziehen, uns ein paar Tage von Ananasstückchen ernähren, das wurde uns in die Wiege gelegt. Jeder Kerl kippt um, wenn er nicht sofort nach dem Frühstück entweder Mittagessen oder wenigstens Kekse bekommt, wir aber legen ein Tagespensum auch unter fünfhundert Kalorien hin. Na? Immer noch schwaches Geschlecht? Wohl eher dämliches, aber das ist eine andere Geschichte. Leider wird diese Strategie wegen akutem Unterzucker selten richtig zu Ende gedacht. Das Kleidchen passt einem zwar wie reingenäht, dafür kippt man nach dem ersten Glas Champagner besoffen um, obwohl man sonst problemlos mit einer Horde Fußballfans nach dem Lokalderby mithalten kann.
    Ich habe jedes verfügbare Kleid in Manhattan anprobiert, man weiß ja nie. Der langweiligste Fetzen kann sensationell aussehen, wenn man nur den richtigen Gesichtsausdruck parat hat. Dann gibt es Kleider, die sind unglaublich hübsch, aber all about the Oberweite, funktionieren also erst ab 70D.
    »Da kann man doch was machen!«, erklärt das Personal, ich aber bin felsenfest überzeugt, dass 70D selbst ohne Kleider nicht funktionieren kann, obwohl ich nicht viel von Statik verstehe. Kein schöner Rücken wird je entzücken, wenn in der Mitte ein Push-up mit Stahlbügeln durchschneidet, ja, schneidet. »Tapen!«, flüstert da das Personal verschwörerisch, »tapen!« Ich lese seit dreißig Jahren Frauenzeitschriften, darauf wär ich nicht gekommen. Für zwei Sekunden fühle ich mich sehr roter Teppich, dann fällt mir ein, dass das Tape auch wieder runtermuss von meiner Alabasterhaut. Kommt nicht in Frage. Vielleicht verliebe ich mich eines schönen Abends, weil ich ein zauberhaftes Kleid trage, und dann müssen zu später Stunde erst mal die Paketklebebänder runter. Wo ich gerade bei BHs bin, Frauen dieser Welt: Die mit den Plastikträgern? Man sieht diese Plastikträger, die sind nicht unsichtbar, die sind nur durchsichtig! Und auch das nicht lange, weil die aus irgendwelchen Gründen, die ich mir nicht ausmalen mag, ganz schnell vergilben, und dann sieht es noch schlimmer aus, ungefähr so, als
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