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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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hätte man einen BH an, der Kette raucht.
    Wie Shoppen wirklich geht, schaute ich mir bei waschechten New Yorkerinnen ab, die auch mal drei völlig identische schwarze Kaschmir-Rollkragenpullis zur Kasse trugen und mein Erstaunen mit einem abgeklärten »you can never have too many black Cashmere sweaters« parierten. Ich bin nicht sicher, ob das so wirklich stimmt und erwarb deshalb vorerst nur einen einzigen Kaschmirpulli. Also, nur einen in Schwarz, und auch den beinahe gar nicht, denn es gab Probleme mit meiner brandneuen Kreditkarte. Es brauchte diverse Versuche, die der Verkäuferin weit peinlicher waren als mir, bis die Karte endlich funktionierte. Ich machte mir nicht weiter Gedanken, bis sich das Spiel in anderen Läden wiederholte und schließlich in meinem ganz persönlichen Supergau endete: bei Barneys, Madison Avenue, Konsumtempel for the utterly rich and fearless.
    Ich wollte lediglich ein völlig überflüssiges Designer-Accessoire erstehen, stattdessen musste ich meine Kreditwürdigkeit vor einer Verkäuferin rechtfertigen, die aussah, als könnte sie mit einem einzigen Wimpernschlag Angelina Jolie vom Planeten fegen. Warum sie hinter der Kasse bei Barneys stand und nicht vor irgendeiner Kamera, ich kann mir auch nicht alles erklären.
    »There seems to be a problem with your card«, sprach sie, aber das kannte ich ja nun schon. Ich tat überrascht und sonst erst mal gar nichts, ich hatte ja Übung. Sie versuchte es wie beabsichtigt noch einmal, starrte dabei angestrengt auf ihren Kassenscreen und hätte sicherlich auch ihre perfekt geschwungene Augenbraue hochgezogen, würde Botox solche Ausfälligkeiten erlauben. Ich fühlte mich ein bisschen ungemütlich, aber noch nicht schlimm.
    »Martina Kink, 55 West 74th Street, is that correct?«, sprach sie nun in einem Ton, von dem jeder Immigration Officer am JFK noch etwas in Sachen Einschüchterung lernen könnte. Kurz versuchte ich, die Situation mit einem »Das ist mir ja noch nie passiert«-Gesichtsausdruck zu retten, scheiterte kläglich und zahlte das hübsche Designerding cash. La Bitch wünschte mir dann noch einen schönen Tag. Ich gönnte mir ein Taxi nach Hause, um mich wenigstens ein bisschen Manhattan zu fühlen, und hatte dann keinen so schönen Tag mehr. Vielleicht hätte ich mir statt des Taxis lieber einen Manhattan gönnen sollen. Oder fünf.
    Warum hatte ich derart versagt? Warum kam ich lediglich mit einer klitzekleinen Tüte nach Hause, anstatt der per Vogue vorgeschriebenen fünf Hochglanztaschen? Was war los mit mir? In den nächsten Wochen betrachtete ich meine Umgebung, vor allem die weibliche, genauer, und die Erkenntnis traf mich schließlich im Büro. Ich wusste schlicht nicht mehr, wer ich eigentlich war. Das Münchner Mädel musste sozusagen über Nacht die New Yorker Vorstandsassistentin geben, bei dem Tempo konnte mein ohnehin nicht allzu ausgeprägtes Selbstbewusstsein nicht mithalten. Das klingt nach Hochglanzproblemen, aber jetzt mal ehrlich: Was zieht man so einer an? Plötzlich war ich umgeben von Frauen, die Bad Hair Days nur vom Hörensagen kannten und die auch sonst selbst- und stilsicher einen Vierzehn-Stunden-Arbeitstag auf mörderischen Absätzen hinter sich brachten, ohne dass der Lidstrich verrutschte und ohne schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. Bisher hatte ich mir einen ausgesprochen guten Geschmack in Sachen Kleidung zugeschrieben, jetzt musste ich feststellen, dass Jeans, Schuhe und obenrum was Hübsches schlicht nicht mehr ausreichten. So oder so fühlte ich mich seit meiner Ankunft, als hätte ein Fluxkompensator eine Kopie von mir mitten auf den Times Square gespuckt, nun denn, dann konnte ich die ja auch neu einkleiden. Dress for success, das hab ich mal gehört, Vorbilder gab es hier genug, und ich habe viel Übung im Verkleiden, schließlich habe ich sämtliche Modetrends mitgemacht und immer brav meine Bravo und meine Mädchen studiert. Heute lesen die Girls mit zwölf ohne Umwege gleich die Intouch , und so sehen sie ja auch aus.

»Wenn sie jetzt auch noch davon erzähl t, dann brauche sogar ich einen Drink.«
    »Nein, super! Noch mal die Geschichte mit den Bodystockings!«
    »Bitte nicht. Bitte, bitte nicht. Das ist alles so entsetzlich peinlich.«
    »Blödsinn. Die Dauerwellen waren spitze. Haben wir eigentlich Fotos?«

Farrah Fawcett hat angerufen. Sie will ihre Frisur zurück
    Das mag einer der Gründe sein, weshalb ich heute die Mehrheit aller modischen Must-haves links liegen lassen kann,
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