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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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ich, mein Leben in München aufzulösen und das in New York vorzubereiten. Ich verbrachte viel Zeit damit, in Papiertüten zu atmen, mich zu verabschieden, den Umsatz von Rescue-Tropfen anzukurbeln, und vier Wochen später saß ich im Flugzeug. Das war in ungefähr der Zeitpunkt, an dem ich begriff, was ich da eigentlich tat, denn ich fliege nicht sehr gerne, auch nicht Business Class, die mir in meinem neuen Glamourjob freundlicherweise zustand. Stellte sich raus: Ich kann mit so was gar nicht umgehen, und meine Coolness bekam einige blaue Flecken. Wollte ich den Bildschirm, kippte der Sessel ungefragt nach hinten, wollte ich, dass der Sessel nach hinten klappt, kam die Flugbegleiterin mit einer Decke aus reinstem Kaschmir und noch einem Gläschen Champagner an Tomatensaft und immer so weiter. So etwas lenkt zwar von der Flugangst ab, aber nicht wirklich. Alles in allem würde ich jederzeit lieber schwimmen, würde das nicht so elend lange dauern und wäre da nicht die Sache mit den Haien.
    Flugzeuge wiegen Tonnen, auch ohne meine Koffer an Bord, und tonnenschwere Dinge bleiben nicht einfach so oben in der Luft, ich kann das Prinzip Schwerkraft bei Bedarf gerne anhand meines Busens erklären. Zudem sieht es beim Start immer so aus, als wären die Flieger viel zu langsam und bekämen das Heck oder den Hintern, oder wie immer das beim Airbus heißt, nicht hoch. Zu langsame Dinge bleiben auch nicht ohne Weiteres oben in der Luft, das kann ich allerdings nicht erklären. Mag sein, dass ich mich mit der Geschwindigkeit täusche, ich jedenfalls schaue beim Starten nicht mehr aus dem Fenster, ich schaue meinem viel zu kurzen Leben zu, das vor meinem inneren Auge an mir vorbeizieht. Und warum muss ich die letzten Minuten meines kostbaren Daseins immer mit den größten Idioten verbringen? Wieso ist niemals auch nur ein interessanter junger Mann im ganzen Flugzeug? Ich bin Single, verdammt noch mal!
    Am Gate in München freue ich mich noch, als ich den großen schlaksigen Kerl mit der komischen Brille sehe, hoppla denk ich. Das denke ich immer, wenn ich große Männer mit Brille oder Mütze oder guten Schuhen sehe, ich bin da sehr einfach gestrickt. Als die Brille seine Tasche auch noch neben mir verstaut, bin ich fassungslos. Mir passiert so etwas nicht, müsst ihr wissen, so was passiert immer nur den anderen, ich bin deswegen auch nur manchmal ein bisschen beleidigt. »Gut gemacht!«, flüstere ich also begeistert gen Himmel und schnalle mich an, denn hey! I might be in for a ride. Gleich danach zieht der junge Mann seine Schuhe aus und beginnt mit vergeblichen Versuchen, seine Nebenhöhlen mittels lautem Grunzen freizubekommen. Acht Stunden lang. Acht Stunden, in denen er sich eigentlich auch mal die Füße hätte waschen können. »Halt dich in Zukunft einfach raus«, seufze ich resigniert nach oben und krame nach den Kopfhörern und meinem Fläschchen mit dem Riechsalz.
    Zu meiner Linken sitzt das schlimmste Pärchen der Welt. Sie könnten Werbung für Pärchen machen, würden das nicht schon alle Kaffee-, Waschmittel- und Diät-Margarinesorten erledigen. Vielleicht sind sie auch zum ersten Mal auf einem Langstreckenflug, denn so benimmt sie sich, sie benimmt sich, als hätte sie einen zweiseitigen Artikel aus einer Frauenzeitschrift auswendig gelernt: »Wie Sie stilvoll und entspannt im Flieger nach New York kommen (plus die fünfzig tollsten Adressen in Manhattan! Wo Stil-Ikonen shoppen!).« Und wie können die sich überhaupt Business Class leisten? Hat man denn nirgends seine Ruhe!
    Gott sei Dank war ich mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt und mit dem, was da wohl auf mich zukommen würde. Ich begab mich also wieder in die moderne Sklaverei, nur dieses Mal in der Glamour-Version. Immerhin. Es würde schon nicht so schlimm werden. Schließlich brach ich nicht zum ersten Mal alleine in eine fremde Stadt auf, dass es auch nach dem Abitur schon New York gewesen war, war wohl schlicht Zufall. Damals war ich Au-Pair, nun Assistentin, der Unterschied ist mit bloßem Auge wirklich kaum zu erkennen. Auch erwachsene, höchst erfolgreiche Chefs verhalten sich ab und zu wie verwöhnte Dreijährige, beziehungsweise dauernd. Schreikrämpfe inklusive.

Top of the world, no shit
    Am 1. September 2001 landete ich in New York, wurde von einem Fahrer der Firma abgeholt, in einem sogenannten Boutique-Hotel in der 43. Straße Ecke Broadway untergebracht und fühlte mich auch sonst ziemlich großartig. New York City! Die Stadt, in
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