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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years
Autoren: M Kink
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Zunahme von mindestens zwanzig Kilo und mit zunehmender Verlangweiligung, das alles sollte sich nun schließlich gelohnt haben. Eventuell hätte ich den Mann dazu mal befragen sollen, aber wer redet denn nach sieben Jahren Beziehung noch miteinander? Die Jahrtausendwende schien wie geschaffen, um mein neues Hipster-Spießer-Programm zu beginnen. Ich fand ein solches Leben in der Stadt mit zwei Kindern äußerst erstrebenswert – Kids, cool bleiben, soweit mein Plan, außerdem hatten alle meine Freundinnen das Gleiche vor. Als Kind wäre ich nie von dieser von Müttern gerne zitierten Brücke gesprungen, von der angeblich alle springen, mit Anfang dreißig konnte ich mir nichts Besseres vorstellen. Heute weiß ich, es wäre der falsche Weg gewesen; die Umwege, die ich stattdessen nahm, hätte ich mir allerdings auch sparen können. Mein Orientierungssinn war aber noch nie der beste, von daher.
    Gott sei Dank habe ich es gerade noch rechtzeitig und vorher gemerkt, beziehungsweise der Mann. Denn es stellte sich raus: Der hatte andere Pläne, Überraschung!, in denen weder ich noch zwei Kinder vorkamen, später dann zwar doch, aber halt nicht von mir. Es folgten Schmerz, Kummer, Wut, Verdrängung und irgendwann, weit abgeschlagen auf den letzten Metern, die Akzeptanz, das arme Schwein. Wer mehr über Liebeskummer erfahren möchte, sollte jetzt bitte ein anderes Buch lesen. Ich habe dazu auch keine neuen Erkenntnisse oder Bewältigungsmechanismen, ich sage nur: Musik aus! Ihr tut euch doch nur weh.

»Na, wenigstens hat sie abgenommen.«
    »Als ob’s darum geht. Außerdem war sie nicht zu dick, sie war nur ein bisschen … sie hatte als Kind schon schwere Knochen!«
    »Was machen wir jetzt mit ihr? Am besten, sie sucht sich gleich den nächsten. Der eine da, mit dem hat sie doch eh schon dauernd.«
    »Da war nichts! Das hatte überhaupt nichts zu bedeuten! Jetzt lass sie doch mal, es ist doch noch gar nicht so lange her.«
    »Nicht so lange her? Ein Jahr ist nicht so lange her?«
    »Die Zeit heilt nicht alle Wunden.«
    »Schluss jetzt. Die steigert sich da wieder rein, ich hab da keine Lust drauf, ich muss auch gleich weg, ich hab keine Zeit für so’n Scheiß schon wieder. Die soll sich jetzt mal zusammenreißen.«
    »Wir könnten sie ins Ausland schicken!«
    »Gute Idee. Aber vorher schüttel ich sie noch mal ein bisschen durch.«
    »Muss das sein? Wo musst’n du eigentlich schon wieder hin?«
    »Ich kümmer mich drum!«

Türenschlagen, Wegfahrgeräusche
    Um mich abzulenken oder vielleicht auch nur, um mir meinen vorzeitig gealterten Kopf zu waschen, verlor ich gleich nach dem Mann auch noch den Job. Es war die erste von vielen Gelegenheiten, dem verhassten Büroalltag endlich zu entkommen, schließlich war ich aus Versehen beziehungsweise Geldnot Sekretärin geworden und wollte diesen Zustand eigentlich beenden, sobald wieder genug Geld im Haus wäre. Es mag an den vielen Klamotten liegen, aber leider war nie genug Geld im Haus, und dann war ich plötzlich über dreißig, also uralt. Leider fehlte mir die mit dem Alter angeblich einhergehende Weisheit, und so reagierte ich wie immer in solchen Situationen, nämlich gar nicht. »Wo eine Tür zufällt, geht eine andere auf« hört man oft in solchen Fällen. Das stimmt sogar, meines Erachtens muss die Tür dabei ja aber nicht gleich dermaßen ins Schloss knallen.
    Als Entschädigung öffneten sich tatsächlich gleich mehrere Türen, die der S-Bahn zum Flughafen zum Beispiel, die zum Gate und schließlich die einer Lufthansa-Maschine. Ein glücklicher Zufall hatte dafür gesorgt, dass bei meinem nunmehr Exarbeitgeber eine Stelle als Vorstandsassistentin frei wurde, und zwar im wahrsten Sinne ganz oben, nämlich zweiundvierzigster Stock, Times Square, in, jawohl, Manhattan. Selbstverständlich hatte man hierfür sofort an mich gedacht, und so flog ich eines Morgens nach Hamburg zum Vorstellungsgespräch und am gleichen Abend mit dem Jobangebot in der Tasche und einem »jetzt schlafen Sie mal drüber, und morgen sagen Sie dann zu« zurück. Von schlafen konnte in dieser Nacht keine Rede sein, und so sagte ich halt zu. Was hätte ich denn machen sollen? Man sagt zu New York nicht nein, schon gar nicht, wenn es einem auf dem Silbertablett präsentiert wird, es sei denn, man schafft es, sein restliches Leben nicht mehr in den Spiegel zu sehen. Und dann tusch dir mal die Wimpern ordentlich, das geht ja gar nicht.
    Zwischen Panikattacken, Euphorie und Schnappatmung begann
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