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Bad Dad

Bad Dad

Titel: Bad Dad
Autoren: Thomas Pramendorfer
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in Sicht. Apropos Sicht. Den besten Platz kriegt immer der Kleine: erste Reihe, center stage. Ich stehe währenddessen in der Küche und schufte. Ich koche Tee, Suppe und Tortellini und murre leise vor mich hin, dass mir mein Spielzeug geklaut wurde. Welcher Film mag wohl in Sohnemanns Köpfchen ablaufen, wenn er da so an der Milchbar hängt? - Ich denke, es ändert sich nicht viel vom Säugling zum Manne, bis auf das bevorzugte Getränk.
    Die Frau frisch nach der Entbindung um Sex zu bitten, wäre taktlos. Deswegen habe ich auch erst heute - also vier Tage nach der Geburt - danach gefragt. Wie sich herausstellt, war auch das etwas verfrüht. Hätte ich bloss die ganze Wahrheit etwas zeitiger erfahren, wäre ich wahrscheinlich ein Leben lang kinderlos geblieben. Verdammt!
    Kurz nach Netdoktor gegoogelt, stiess ich auf folgenden verstörenden Absatz. Ich zitiere: "Den ersten Sex nach der Geburt können Sie haben, sobald er wieder Spass macht und die Geburtsverletzungen verheilt sind. Manche Frauen verspüren schon nach zwei Wochen wieder Lust auf ihren Partner, bei anderen kann es Monate dauern. Beides ist normal und völlig in Ordnung."
    Normal, ok. Aber völlig in Ordnung? Keineswegs.  
    Zum Abreagieren hänge ich die Wäsche auf, kaufe Nachtbinden und Vodka, dann suche ich mir Sexfotos im Netz. Ich stelle schockiert fest, dass ich zu antriebslos bin, um selbst Hand anzulegen. Ein Tortellini wäre jetzt nicht schlecht und dann vielleicht noch "Fast & Furious" auf DVD. Hauptsache liegen.
    Ja liegen ist geil, und schlafen auch.
    Vier am Nachmittag und ich werde müde. Vielleicht ist ja doch was dran an der Ruhezeit nach der Geburt. Ich glaube, ich bin noch ein bisschen wund von der Entbindung.

5. TAG: DER SOCKENMANN SINGT DEN BABY-BLUES

    Früher waren Sonntage immer die schlimmsten Tage für mich, das bittere Ende des Wochenendes. Angst vor den kommenden Schultagen; Turmrechnungen und Goldhauben am Vormittag, Ausflüge auf Schaf-, Kreisch-, Zauber- oder sonstige Berge nach Mittag; Afri-Cola und Wiki-Teller, dann kotzen im Auto. Sonntag: der Tag vor dem Montag, der Tag an dem Depression und Langeweile sich die Hand reichen und dann ficken gehen.
    Jetzt interessanterweise, da ich Vater bin und meine beiden Mäuschen sorglos drüben im Schlafzimmer pfeifen, komme ich drauf, dass sich daran nichts geändert hat und der letzte Tag der Woche immer noch zum Scheissen ist. Hier sitze ich und trinke Billigbier von Aldi, um das Loch in meiner Seele zu stopfen. Eben erst beim Spaziergang zum Zigarettenautomaten, welcher wie üblich zuerst mal einsfünfzig verschlang, bevor die Fehlermeldung kam und ich schäumend zum nächsten weiterzog, kleingeldlos logischerweise, dachte ich mir, wie ähnlich doch die neue Situation mit dem Neugeborenen meiner Studenten-WG-Zeit ist. Da gab's doch auch immer den einen Mitbewohner, dessen Hauptbeitrag, neben Durchschlafen, das gelegentliche Lärmmachen war. Nie Staub gesaugt oder Klo geputzt, dafür umso mehr gekotzt. Andauernd nur ans Saufen gedacht und wahllos bei der nächstbesten Brust den Kopf so richtig "Exorzist"-mässig um 180 Grad verdreht. Das Leben läuft zyklisch ab. Falsche Hoffnung, dann Enttäuschung. Das Leben ist ein Retourknopf am Zigarettenautomaten, ein vielversprechender Metallzylinder mit Federung, der in Wahrheit nur sinnlos rein und raus geht und im allerbesten Fall lustige Quietschgeräusche macht.
    Ach, du meine Güte, ich glaub ich hab den Baby-Blues!
    Flinkes googeln bringt folgende Erklärung zu Tage: Frisch gebackene Väter können sowohl unter dem aufwühlenden Eindruck der Geburt, als auch angesichts der neuen Anforderungen ihres Vaterseins, seelisch stark erschüttert werden (Quelle: www.familienplanung.de).
    Meine linke Brustwarze fühlt sich etwas härter an. 

    Jedes mal wenn ich den Kleinen umziehe, habe ich Angst, ihm nach dem Wickeln, wenn er also in den Baby Body gefädelt wird, irgendein wichtigeres Körperteil abzubrechen. Finger zum Beispiel. Gestern Nacht wachte ich schreiend und schweissgebadet inmitten eines Alptraums auf, wo ich partout ein Fingerchen (verborgen in dem ganzen Frottee-Gewust) wie ein Soletti abgebrochen hatte. In jener Nachtmahr versuchte ich flink, mein Missgeschick zu verbergen, wurde jedoch umgehend von der Fürsorge, die sich in schwarzen Ninja-Outfits an der Fassade abseilte und mit einstudiertem Schulterrollen durch die geschlossenen Fenster brach, zuerst mit Pfefferspray ausser Gefecht gesetzt und dann wortlos, im
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