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Backstage

Backstage

Titel: Backstage
Autoren: Marion Schwarzwälder
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heiraten. Nach langen Lehrjahren war sie als Partnerin in eine Detektei eingestiegen, eingekauft mit dem Pflichterbe nach dem Tod des Vaters. Als sich der damalige Partner nach der Wende zur Ruhe setzte - dit is nich mehr meen Berlin - übernahm Lissa dessen Agenturanteile.
    Zu Ost-West-Zeiten, anlässlich eines Konzerts, hatte Paula Melissa aus dem Ostteil der Stadt kennen gelernt. Die Sängerin war überwältigt von den Eindrücken des ersten Auftritts im Westen. Melissa, nach der Mugge angesprochen von Paula, soff und redete und gab ihr schließlich ihre Adresse in Ostberlin.
    Die Arbeit der anderen machte neugierig. Hier die Sängerin, die durch die DDR tourte, dort die Detektivin, was es als Beruf in der DDR nicht gab. Später, im Laufe der Besuche Paulas bei Melissa, entdeckten sie die Gemeinsamkeiten: das Nomadenhafte, der innere Zwang, sich Zeit, Lebenszeit, selbst einteilen zu können, ohne tägliches Gleichmaß in einem Acht-bis-siebzehn Uhr-Job und ohne Chefs, Privates und Berufliches fließend zu gestalten.
    Die Freundschaft überdauerte den Fall der Mauer.
    Melissa, ausgebildet an der Musikschule in Friedrichshain, einem Ostberliner Bezirk, wo die meisten DDR-Musiker aus der Sparte Rock und Pop ihre Pappe gemacht hatten, hatte die Berufsklasse Tanz- und Unterhaltungsmusik absolviert, sang in unterschiedlichen Formationen, zunächst background, dann als Frontfrau. Nach der Wende kam für viele DDR-Rockgruppen der Einbruch, auch das Stammpublikum wollte sie zunächst nicht mehr hören; dazu die Schließung von Auftrittsorten, die ohne Subventionen nicht überlebten.
    Melissa entschied sich zu der neuen beruflichen Perspektive, die zur beruflichen Partnerschaft mit Paula führte. Mittlerweile brachten Melissas Aufträge die höchsten Honorare ein.
    Kürzlich erst hatte Paula bereits einen Umzug hinter sich gebracht, in das von einer Patin geerbte Haus, von der Innenstadt hinaus an den Großen Wannsee. Nun stand Paula wieder inmitten von Umzugskartons, im neuen Büro. Die Detekteiräume befanden sich im obersten Stockwerk eines neu erbauten Hauses in der Friedrichstraße.
    Der Morgen entschied über den Tag. Paula, früh am liebsten in der eigenen Gesellschaft, hatte ihn so verbracht, wie sie es liebte. Meditation gehörte unbedingt dazu, jetzt im neuen Zimmer, nach ruhiger Nacht, vom Freund am Abend in den Schlaf gefickt und nicht mehr gehört, wann er das Haus verlassen. Mit ihm war Paula länger als mit allen anderen Liebhabern zusammen. Sie, die mit ihnen Neues, Anfänge suchte, immer wieder, neu sich entdecken im anderen mit seinen unbekannten Geschichten, nicht festgehalten werden im So-Sein.
    Otto Ehlers war verheiratet. Darin lag die beruhigende Beschränkung. Kein Alltag. Und - das Geheimnisvolle wahren, auch wenn sie ein schlechtes Gewissen drückte, wenn sie an Frau Ehlers, der sie nie begegnet war, dachte.
    Ehlers war ihr Geheimnis. Auch, weil er bei der Kripo, der Mordkommission, arbeitete und ihr ab und an behilflich war.
    Paula machte sich über den Karton mit dem privaten Nippes her, den sie in ihrem Büro verteilen würde. Die neuen Räume waren später als vereinbart fertig geworden. Für diesen Fall hatte Paula eine Konventionalstrafe ausgehandelt. Mittlerweile rissen sich die Hausbesitzer um Mieter für Gewerberäume und waren dieses Risiko eingegangen.
    In den letzten vierzehn Tagen hatte jeder Tag Bares gebracht und damit den Verdienstausfall kompensiert, der entstanden wäre, weil man vorübergehend keine neuen Fälle annahm, bis das gröbste Umzugschaos beseitigt war.
    Wo blieb Tamara Hermann, die eigentlich mit ihr Umzugskartons auspacken sollte?
    Paula hatte ihr drei Stunden freigegeben, um eine Freundin aus den USA am Flughafen abzuholen.
    Paula kannte Tamaras Vater und hatte arrangiert, dass die Kleine die Stelle als Bürokraft, als Aushilfe für die Sekretärin im Schwangerschaftsurlaub, erhielt. Sie hatte sie am Wochenende eingewiesen, mit dem Computer vertraut gemacht und die Aktenablage erklärt.
    Paula dachte an die ausgezeichneten Praktikumsbeurteilungen der Tamara Hermann. Sie hatte nach dem Abitur die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege absolviert, war als Kriminalbeamtin ausgebildet und, nach bestandenem Examen, nicht in den Polizeidienst übernommen worden, Sparmaßnahmen der Pleitestadt, offiziell Optimierungsmaßnahmen genannt.
    Paula schien es, als fühle Tamara sich betrogen, fasste die Arbeitslosigkeit als persönliche Kränkung auf. Ihr
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