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Backstage

Backstage

Titel: Backstage
Autoren: Marion Schwarzwälder
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das rechte Bein, wie nicht zugehörig zum Rest des Körpers, zuckte in wildem Staccato.
    «Tom. Ich bin's. Lilli.»
    «Geh weg», flüsterte er.
    «Tom. Hör doch.» Lilli fasste ihn am Arm.
    «Geh. Geh. Geh.»
    Bei jedem Wort wurde seine Stimme lauter. Lilli wich zurück. Reimann brachte sie, auf einen Wink Melissas hin, aus dem Zimmer, redete leise auf die Frau ein, die widerstrebend mitging, stieß in der Tür mit einem Mann zusammen.
    «Ich bin Arzt.»
    Er beugte sich zu Braun hinunter.
    Schnell war klar, dass es sich um einen Mord handelte. Wahllose Schnittwunden, Abwehrverletzungen, Schnitte und Stiche durch die Kleidung hindurch waren erste Indizien, um die Mordkommission hinzuzuziehen. Unterbesetzt und überarbeitet wie alle Teams, waren die Männer dieses Mal rasch zur Stelle; der Anruf fiel in die normale Behördendienstzeit, und daher musste kein Team erst telefonisch zusammengestellt werden.
    Der Gerichtsmediziner traf ein, untersuchte das Opfer gründlich, ließ die Leiche zur Autopsie abtransportieren. Der Fall versprach hohes öffentliches Interesse, man beachtete streng die Vorschriften, der Arzt arbeitete dieses Mal mit Handschuhen. Man hatte die polizeiliche Pressestelle informiert.
    Man hatte die Spurensicherung, den Erkennungsdienst und eine Hundertschaft angefordert, Letztere, um den Tatort abzusperren. Tatort-Tourismus war zu erwarten.
    Der Arzt spritzte Braun ein starkes Beruhigungsmittel, empfahl, ihn wegzubringen. Der Mann würde Ruhe und Schlaf benötigen.
    Einer der Beamten ging mit Melissa in einen Nebenraum, wo man die ersten Zeugen vernahm.
    Der Polizist ließ sich ihren Ausweis zeigen.
    «Also Sie sind hier für die Sicherheit verantwortlich», fasste er Melissas Angaben zusammen.
    Hörte sie da einen zynischen Unterton?
    «Ich bin für Braun zuständig. Er hat mich ins Restaurant geschickt, mich gebeten, ihm einen Cognac zu besorgen. Als ich ging, betraten Friseur und Visagistin die Garderobe. Ich war etwa zehn Minuten weg. Als ich zurückkam, war die Musikanlage laut gestellt und ... und Panitz lag tot auf dem Boden.»
    «Woher wussten Sie ...»
    «Dass er tot ist? Mann! Ich hab den Puls am Hals gesucht. Da werden Sie meine Fingerabdrücke finden.»
    «Schon gut. Bleiben Sie ruhig.»
    Ein weiterer Beamter kam in den Raum, zog Melissas Vernehmer zur Seite, redete auf ihn ein.
    «Total betäubt», verstand Melissa und: «Vorschnell gehandelt, der Doc.»
    «Kann ich Herrn Braun jetzt wegbringen?»
    Die Männer sahen sich kurz an.
    «Hören Sie, ich hab nichts gesehen, das Ihnen weiterhelfen könnte. Im Gang, auf dem Rückweg vom Restaurant, war niemand. Auch sonst ist mir nichts aufgefallen.»
    Sie nannte die Straße und Hausnummer des Apartmenthauses am Gendarmenmarkt, wo für Braun das Penthouse gebucht war. «Also, können wir gehen?»
    «Na schön. Hauen Sie ab. Aber lassen Sie noch Ihre Adresse da, unter der Sie erreichbar sind. Und bleiben Sie in der Stadt.»
    Melissa entdeckte Paula, hinter der Schupokette, winkend; man ließ sie zu ihr.
    «Bist du in Ordnung?»
    «Frag mich das später. Wir müssen Braun in seine Wohnung fahren. Irgendjemand hat den Wagen geparkt und noch die Autoschlüssel.»
    «Ich kümmere mich darum.»
    Paula fuhr die Limousine an den Seitenausgang. Die Polizei hatte das Gelände weiträumig abgesperrt.
    Melissa setzte sich mit Braun auf den Rücksitz.
    Der Manager würde, nach den Aussagen bei den untersuchenden Beamten, mit Lilli nachkommen.
    Paula chauffierte.
    «Melissa?»
    «Mir geht's so weit gut», sagte Melissa. «Das ist mein erster Toter.»
    «Soll ich mal anhalten? Willst du eine rauchen?»
    «Lass mal. Geht schon. Wir bringen erst mal ihn hier in die Wohnung.»
    Braun schlief, den Mund leicht geöffnet, der Kopf rutschte auf Melissas Schulter. Sie schob Tom zurück in eine aufrechte Position. Er röchelte, öffnete kurz die Augen, sah Melissa an, ohne sie zu erkennen, lehnte sich wieder an sie. Seufzend ließ sie es zu. «Augen starr aufs Honorar», sagte Paula, die die Szene im Rückspiegel beobachtete.
    «Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen ...», undeutliche Wortfetzen, dann brach Braun in irres Gelächter aus. Er stand, besser, schwankte, vor und zurück, wippte, Ferse, Spitze, Ferse, Spitze, wie in Zeitlupe, vor einem der Schlafzimmerfenster.
    Melissa legte die Hand auf seine rechte Schulter, bis er stand, regungslos, für einige Momente. Dann fing er an zu weinen. Paula, die das riesige Bett aufgedeckt hatte, trat an Brauns andere Seite.
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