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Backstage

Backstage

Titel: Backstage
Autoren: Marion Schwarzwälder
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Visier.
    Alte Gebäude und nach dem Mauerfall erbaute in wildem stilistischem Durcheinander. Mauerbrocken, die die Hausfassade eines der zahlreichen Andenkenläden dekorierten. Drinnen auch ein Tisch mit Büchern in englischer Sprache: Berlin, Marlene Lived Here. The Reagans and the Wall. Magda Goebbels, a Biography. The Fall of the Wall. Daneben Mauersteine en miniature, garantiert echt.
    Doch wo war die Mauer gewesen, wie sah es aus damals? Vielleicht zu erfahren im Mauermuseum, vor dessen Eingang sich zwei Schulklassen drängelten. Gladys verschob ihren Besuch.
    Im Freien war nichts geblieben, das Gladys einen Eindruck von der Realität damals, dem Leben mit der Mauer, gäbe. Warum war nicht ein Teil der Anlage stehen geblieben, als eindrucksstarkes Geschichtsdokument?
    Stattdessen Papp-Buden en masse, wie zur Kirmes, wie ihre Mutter das nannte, zum Abfangen der Touristen; man bot Bier, Bratwurst und Bagels zum Verkauf.
    Besucherbusse fuhren langsamer, an dem Schild vorbei: You are leaving the American sector, viersprachig. Foto. Weiter. So schlimm, wie gedacht, war es vielleicht doch nicht, damals. Gladys floh, hinein in die Friedrichstraße, früher famous für sein Nachtleben a la Cabaret, der Film nach Isherwood, dessen Buch auch angeboten wurde.
    Jetzt nahmen die üblichen Läden die Checkpoint-Besucher auf. Hochgelobte neue Bauten, architektonisch gesehen.
    Gladys sah bombastische Fassaden, penetrant korrekt die Fenster in Reih und Glied, grau, schwarz, grau, beige, die üblichen Fassaden der Moderne.
    Über den Läden die Schilder: Büroflächen zu vermieten. Autoschlangen quälten sich, auf engen Fahrbahnen, durch die enge Häuserschlucht, die den Motorenlärm hin- und herwarf: Zweispurig nur die Fahrbahn und doch ein Höllenlärm. Die Fassaden zum Wegschauen langweilig, Designerläden nicht Gladys' Welt.
    Gladys stieg wieder in die U-Bahn Stadtmitte. Es gab Spannenderes zu erkunden in Berlin.
    Melissa ging noch einmal die neuen Stücke durch.
    Sie saß zu Hause, am Klavier, sang nur mit gebremster Stimme, drückte die Harmonien dazu.
    Sie hatte sich mit Paula zu einem späten Frühstück getroffen, die Veränderungen besprochen, die für Oshinski und März anstanden.
    Paula, ganz Chefin, hatte am Vortag mit Tamara gesprochen, ihr das Angebot unterbreitet, angestellt als Privatdetektivin einzusteigen: «Du hast Bewährung nach deinem Solo. Ich will nicht, dass du die Detektei nur für Sologänge benutzt, in der Hoffnung, dich damit für die Kripo zu qualifizieren.»
    Sie einigten sich auf ein Probehalbjahr.
    «Sollen wir uns etwa wieder neue Räume suchen?», fragte Melissa, die grundsätzlich einverstanden war mit dem Expandieren. «Tamara wird den Tisch der Sekretärin zu ihrem Arbeitsplatz machen, solange die die Freuden der Mutterschaft genießt. Dann sehen wir weiter.»
    «Ich würde Gladys gerne ein Angebot machen.»
    «Das ist nicht so einfach.»
    «Die Frau ist gut.»
    «Vielleicht bekommen wir eine Arbeitsgenehmigung für sie als Beraterin für internationale Fälle, internationales Recht, bla bla.»
    «Zählt denn nicht, dass sie eine deutsche Mutter hat? Jeder Sportler mit einem Urgroßonkel bekommt einen deutschen Pass.»
    «Wir werden uns erkundigen. Arbeit gibt es, bis zur Halskrause. Und vielleicht noch freie Räume in diesem Gebäude.»
    Die Aufregung vor einem Konzert war die alte - daran änderte sich wohl nie etwas, auch keine noch so lange Erfahrung. Das erste Konzert nach langen Jahren.
    Das war es, dieses Unmittelbare, dieses Leben, verdichtet im Jetzt, in diesem einen Moment - das war live Musik machen, mit nichts zu vergleichen.
    «Mit wem singt Melissa?», flüsterte Tamara Paula zu.
    «Das ist Tom, Tom Braun.»
    «Quatsch. Bei allem Respekt, du hast einen zu viel getrunken. Braun. In so einem Rahmen, vor fünfzig Leuten. Der singt doch ganz anderes Zeug.»
    «Früher nicht. Sieh sie dir an. Erst Ost-West, vereinigte Kriminalität, Teichert und Panitz. Jetzt singt Ost-West. Ich hasse Happyends.»
    «Ost-West? Interessiert doch außerhalb Berlins keinen.»
    «Du denkst auch, Berlin sei der Nabel der Welt.»
    «Schscht. Langsam, du kippst den Wein wie Wasser runter, trinkst doch sonst keinen Alkohol.»
    «Du bist nicht meine Mutter. Ich hätte ihm in die Eier treten sollen, den verfluchten Tritt auf mein Karma nehmen.»
    «Geht doch mal raus zum Quatschen. Hier singt sich jemand die Seele aus dem Leib, ihr ignoranten Schnepfen», schimpfte Evelyn Kunz.
    «Willst du bei mir wohnen,
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