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Azrael

Azrael

Titel: Azrael
Autoren: Heather Killough-Walden
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und der Haut um die offene Wunde. Er biss die Zähne zusammen, unterdrückte einen Schmerzensschrei und versuchte, seinem Gegner den Arm zu brechen. Aber das Phantom verwandelte sich in körperloses Nichts, ehe er richtig zupacken konnte.
    Zu seiner Linken öffnete sich das Dunkel der Nacht, ein drittes Phantom pirschte sich heran. Dann materialisierte sich ein vierter Widersacher, eine Koboldgestalt starrte Michael mit Katzenaugen an – ein Icaraner, ein Magie-Egel, zweifellos von der geballten Magie herbeigelockt.
    Wenn sich in Michaels Schicksal nicht bald eine Wende vollzog, würde das Biest die Mahlzeit seines Lebens genießen.
    Knapp fünfzig Meter entfernt schlugen jetzt Blitze in den Boden und ließen Mike die Ohren klingen. Schwindelgefühle erfassten ihn. Aber das Phantom hinter ihm riss seinen Arm brutal aus Michaels Körper und weckte seine Aufmerksamkeit erneut.
    Hungrig fletschte der Icaraner seine grellweißen Zähne und kroch näher heran. Das Phantom, das er weggeschleudert hatte, stürzte sich auf ihn, ebenso das Monster zu seiner Linken, und das hinter ihm umfasste seinen Nacken und ließ seine Wirbelsäule fast gefrieren. Nicht weit entfernt rang die Frau, die ihn zu retten versucht hatte, immer noch mit dem Drachen. Sie bewegte sich unglaublich geschmeidig. Es war ein Wunder, dass sie noch lebte.
    Nein, eigentlich nicht. In der Tiefe seines Herzens verstand er, was das bedeutete. Aber wenn er sich die Wahrheit eingestand, würde ihn seine Angst um die Frau lähmen. Und dann würden sie beide sterben.
    Und so gestattete er seinem Blut, eine alte Melodie zu singen. Er erinnerte sich, wer er war, woher er, der Erzengel und Krieger, stammte. Mit geschlossenen Augen ließ er dieses uralte Wissen wie ein Elixier durch seine Adern fließen.
    Als er die Augen wieder öffnete, spürte er ihre Glut. Der Park drehte sich um ihn, sein Körper bewegte sich wie von selbst. Jetzt kontrollierte Michael seine Aktionen nicht mehr, die Welt regte sich außerhalb von Raum und Zeit und schien sich ebenfalls zu erinnern.
    Wenige Sekunden später lagen zwei Phantome tot am Boden. Vor lauter Angst war der Icaraner wieder unsichtbar geworden und zweifellos geflohen. Während Michael sich dem dritten Phantom zuwandte, kämpfte die rothaarige Frau weiterhin gegen den Drachen.
    Doch dann quollen die Schatten von neuen Gestalten über, die massenweise in den Park strömten und die Luft mit ihrer bösen Aura verpesteten. Mindestens fünf schwarze Drachen zählte Michael fassungslos. Er taumelte, konnte eine Attacke nicht abwehren. Schmerzhaft spürte er eine zweite Eiswunde an seinem Körper. Er versuchte, die Drachen im Auge zu behalten, eine dunkle gefährliche Gruppe, die sich langsam näherte, das Terrain sondierte und zweifellos die Frau ansteuerte.
    Michael verschwendete keine Zeit auf einen Warnschrei. Stattdessen konzentrierte er seine Kräfte auf die Feinde, die ihn umzingelten. In schneller Folge stürzten sie zu Boden. Wie ein schwingendes Schwert durchfuhr er die finstere Phalanx, so schnell, dass den tödlichen Schlägen keine bewussten Gedanken vorauseilten. Dafür war auch gar keine Zeit.
    Inzwischen hatten sich die schwarzen Drachen getrennt, die Hälfte der Gruppe erkannte die Bedrohung, die von Michael ausging, und nahm es mit ihm auf. Ohne zu zögern, streckte er die furchterregenden Bestien nieder, hörte Knochen brechen, Haut bersten, qualvolles Stöhnen. Doch er ignorierte den Schlachtenlärm, bis die Frau aufschrie.
    Es war ein herzzerreißender Schrei, hoffnungslos, eine Klage über eine unabwendbare Kapitulation. Ein Todesschrei.
    Sekundenlang stand die Erde still. Ein letztes Mal spaltete ein Blitz den Himmel und fällte einen Baum. Was danach geschah, wusste Michael nicht genau. Alle Geräusche verstummten. Der Angreifer der Frau, der als Einziger noch stand, trat von ihrer reglosen, am Boden zusammengekrümmten Gestalt zurück und floh nach vollbrachter Tat, während Michael unnatürlich schnell und zugleich albtraumhaft langsam zu der Frau eilte. Halb lag sie im Gras, halb auf dem Parkweg, das Haar wie ein blutiger Wasserfall. Ihr Kopf war von ihm abgewandt.
    Er kniete neben ihr nieder. Behutsam umfasste er ihr Gesicht und sah sie an.
    O Gott.
    Irgendetwas hielt ihn gefangen. Unsichtbar, unhörbar hinterließ es keine verwertbaren Spuren, war aber so real wie die Monster, die er eben noch bekämpft hatte. Gnadenlos verengte es seine Brust, krampfte sein Herz zusammen und jagte verzehrende
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