Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Azrael

Azrael

Titel: Azrael
Autoren: Heather Killough-Walden
Vom Netzwerk:
nichts Ungewöhnliches, nur ein kleiner Teich hinter einer Wiese, der den Mond reflektierte.
    Aber irgendetwas stimmte da nicht.
    Die abrupte Veränderung der Nacht ließ seine Haut kribbeln. Als hätte etwas darauf gewartet zu atmen und würde jetzt Luft holen, seine Lungen mit magischer Energie füllen. Er spürte Blicke, die ihn fixierten, hörte beinahe das Zischen zwischen scharfen Zähnen ausgestoßenen Atems. In seinen Adern schien das Blut zu blubbern und erinnerte ihn an seinen Kampf mit dem blauen Drachen vor zwei Wochen.
    Ringsum frischte der Wind auf, am eben noch klaren Himmel grollte der Donner, und Michael schaute zu wirbelnden Wolken empor. Die Bäume neigten sich im Sturm, ihre Blätter zitterten und tanzten. Aus einer Baumgruppe stieg ein schwarzer Vogelschwarm auf, verließ den Park und suchte sich eine ruhigere Gegend.
    Und dann, so unerwartet und heftig, dass es Michael unvorbereitet traf, schlug etwas Hartes seitlich gegen seinen Brustkorb. Er roch schwachen Parfümduft, sah etwas Rotes aufblitzen, schwankte und fand sein Gleichgewicht wieder. Irritiert wandte er sich seinem Angreifer zu.
    Ich hatte recht, dachte er. Doch es war nur ein flüchtiger, wirrer Gedanke. Da stand ein großer Mann in einer schwarzen Lederjacke voll unzähliger Saphire und Aquamarine – ein blauer Drache.
    Aber zwischen dem Drachen und Michael stand noch jemand. Eine Frau mit einem Körperbau, der auf stundenlanges tägliches Training hinwies. Ihr langes, gewelltes rotes Haar erweckte den Eindruck, sie wäre soeben dem Meer entstiegen. Vom Sturm gepeitscht, flog es umher. Sie trug schwarze Jeans, ein schwarzes T-Shirt und schwarze Stiefel.
    Ihr Gesicht sah er nicht, weil sie ihm den Rücken kehrte. Aber ihre Haltung wirkte herausfordernd, und sie hatte die Arme ausgestreckt, als wollte sie etwas Böses abwehren.
    Michaels Gedanken überschlugen sich. Beunruhigende Gedanken. Offenbar hatte die Frau ihn beiseitegeschoben, um ihn vor diesem »Mann« zu schützen, den sie für gefährlich hielt. Aber wieso wusste sie das? Er war nicht so groß wie Mike. Und Mike war bewaffnet, und alles an ihm deutete auf einen verdeckten Ermittler hin.
    Und wieso bildete sie sich ein, sie wäre eher als Michael imstande, den Fremden zu bekämpfen? Wofür hielt sie sich?
    Das verwirrte ihn am meisten. Wer war sie?
    Obwohl er sie nur von hinten sah, erschien sie ihm seltsam vertraut. Ihr Anblick faszinierte ihn, beschwor ein altes Versprechen herauf, Äonen einer vergeblichen Suche. Wonach? Irgendetwas in ihm wusste, was es war. Aber es würde eine Weile dauern, bis er es klar erkannte. Und dazu fehlte ihm die Zeit.
    Michael wollte gerade vorstürmen, um den Drachen selbst zu attackieren, da schlug das Biest in dem unglaublich rasanten Tempo seiner Rasse zu.
    Aber das Monster hatte es gar nicht auf Michael abgesehen, sondern auf die Frau. Es schaute ihn nicht einmal an. Offenbar war es dem Drachen von Anfang an nur um sie gegangen.
    Blitze erfüllten die Luft ringsum, und Michael wurde von einer dritten Partei angegriffen – so brutal, dass er durch die Luft geschleudert wurde und nach ein paar Metern gegen einen Lampenpfosten prallte. Ächzend verbog sich das Metall. Die Glühbirne knisterte und flackerte. Kurz bevor sie erlosch, sah Mike die rothaarige Frau einem Rückhandschlag ausweichen, dann trat sie den Drachen in die Brust.
    Nachdem das Licht ausgegangen war, stand Michael auf. In der Finsternis hörte er die Geräusche eines grausigen Kampfes, ein Ächzen und Zischen und dumpfe Schläge. Kaum hatte er sich aufgerichtet, wurde er erneut attackiert. Die kalte Berührung, der plötzliche Frost in der Luft, der eisige Gestank des Atems wiesen den Angreifer als Phantom aus. Früher waren Phantome nur von den Mächtigsten in der übernatürlichen Welt angeheuert worden – Elitekiller, schwierig zu beauftragen, fast unbezahlbar. Aber neuerdings schienen sie scharenweise aus ihren Schlupflöchern aufzutauchen und arbeiteten sowohl mit ihresgleichen als auch mit anderen übernatürlichen Wesen zusammen.
    In Gregoris Auftrag? Steckte er auch hinter diesem Anschlag?
    Mit einem kraftvollen Fausthieb schleuderte Michael das Phantom von sich und fragte sich, ob es mit dem Drachen unter einer Decke steckte.
    Ging es ausschließlich um die Frau?
    Ein plötzlicher stechender Schmerz in seiner rechten Schulter unterbrach diese Gedanken. Aus seiner Brust ragte die Klaue eines zweiten Phantoms, Raureif verkrustete die Ränder des zerfetzten Hemds
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher