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Azrael

Azrael

Titel: Azrael
Autoren: Heather Killough-Walden
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Bahnen, draußen in der Bucht tutete das Horn eines Schleppers. Einige Teenager rannten vorbei und kicherten über etwas, was eines der Mädchen letzte Nacht getan hatte. Energisch zerrte ein Vater seinen vier- oder fünfjährigen Sohn zu sich heran und ermahnte ihn, nicht dauernd wegzulaufen.
    An diesem Morgen waren Sophie und Azrael schon mehrmals um die Touristenattraktion herumgewandert. Az wurde nicht müde, die morgendlichen Geräusche zu hören, die Sonne im Gesicht zu spüren, die Möwen und Tauben zu beobachten, die so wie in der Nacht ums Futter kämpften. Jetzt waren sie noch hungriger, und Sophie schaute belustigt zu, als Az die Vögel eifrig fütterte.
    Vor dem Pier 40 standen die Touristen Schlange, um mit den Fähren der Blue and Gold Fleet nach Alcatraz oder zur Golden Gate Bridge zu fahren. Während sich die Warteschlange verlängerte, traten die Leute müde von einem Fuß auf den anderen, freuten sich aber auf die Besichtigungstouren. Vor einem nahen Geschäft flatterten bunte Papierdrachen in der Meeresbrise.
    An der Südseite des Piers rutschten die Seelöwen schwerfällig von ihren Pontons und kletterten wieder hinauf. Sie bellten die Touristen an, oder sie gähnten träge und rollten sich für ein Schläfchen zusammen.
    Jetzt war es kurz vor Mittag. Am Eingang zum Pier 39, vor dem Hard Rock Café, postierte sich eine Band. Während Az das Karussell bewunderte, beobachtete Sophie, wie der Frontsänger das Mikrofon testete, Kabel vertauschte und das Podium zurechtrückte. Sie erinnerte sich an die Band, die sie in der Kindheit zusammen mit ihren Eltern gesehen hatte. Dann wandte sie sich zu dem Mann an ihrer Seite, wahrscheinlich dem besten Frontsänger auf dem Planeten. Hier wusste niemand, wer er war. Auf der Bühne trug er immer eine Maske, so wie bei dem grandiosen Konzert, das er vor zwei Tagen mit seinen Musikern gegeben hatte.
    Niemand erkannte ihn. Aber Sophie gestand sich ein, dass sie ein bisschen eifersüchtig war, weil er immer wieder von Frauen – und Männern – angestarrt wurde. Das durfte sie ihnen nicht verübeln, denn er sah umwerfend aus. Hätte sie nicht gewusst, wer er war, hätte sie ihn für einen berühmten Schauspieler gehalten, der sich auf dem Pier von der Verfolgung durch seine begeisterten Fans erholen und unerkannt bleiben wollte. Oder für ein Model.
    Da er jetzt auch tagsüber ausging, würde sie ihre aufregenden Vampirfantasien wohl aufgeben … Darüber musste sie lachen, denn er war nach wie vor ein Vampir.
    Lächelnd schaute er sie an. »Was für ein lebhaftes Gehirn du hast, Sonnenschein, geradezu schwindelerregend.« Mit seiner tiefen Stimme betörte er sie immer wieder. »Aber deine Eifersucht gefällt mir.« Ein mutwilliges Grinsen entblößte seine Fänge.
    Sophie verdrehte die Augen und boxte ihn in die Rippen. Genauso gut hätte sie einen Baumstamm in einer Lederjacke attackieren können. Stöhnend schüttelte sie ihre Faust, und Az ergriff ihre Hand, um die Fingerknöchel zärtlich zu küssen.
    »Was jetzt?«
    An liebsten wäre sie mit ihm ins Herrenhaus zurückgekehrt und über ihn hergefallen. Aber für diesen Tag hatte sie etwas anderes geplant. Sie hatte eine Liste der Sehenswürdigkeiten zusammengestellt, die sie ihm im Sonnenlicht zeigen wollte, und der Pier 39 war erst der Anfang gewesen. Sie schluckte und räusperte sich. »Überqueren wir die Brücke«, schlug sie vor und wies zur Golden Gate Bridge. Bisher hatte Az sie nur nachts gesehen, und da schimmerte sie nicht orangerot.
    »Klingt gut.« Das Funkeln in seinen Augen machte sie nervös und erregte sie zugleich. »Gehen wir.«
    »Hm. Wenn wir die Brücke in beide Richtungen überqueren, dauert es zu lange. Begnügen wir uns mit dem Golden Gate Park, der ist tagsüber wirklich einen Besuch wert.«
    »Okay.« Seine Augen blitzten erwartungsvoll. »Und danach?«
    »Wahrscheinlich werden wir verhungern.« Sophies Herzschläge beschleunigten sich. »Also müssen wir etwas essen. Oder zumindest ich …« Sie dachte an Azraels Mahlzeiten, die in letzter Zeit hauptsächlich aus ihr bestanden.
    »Da hast du sicher recht«, stimmte er bereitwillig zu. Sein Blick glitt von ihren Augen zu ihren Lippen und weiter über ihren Hals bis zum obersten Knopf ihres Henley-Hemds. Auch sie schaute hinab, und er hob sacht ihr Kinn. Sein Daumen strich über ihre Wange.
    »Oder …«, begann sie. Als sein Daumen die Schlagader in ihrem Hals berührte, konnte sie kaum noch klar denken. »Oder wir essen jetzt und
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