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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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kennen.
    Eigentlich völlig chancenlos hatte ich beim FBI um Urlaub gebeten, diesen bewilligt bekommen und es geschafft, die Stadt zu verlassen, ehe Direktor Burns oder seine Leute mit einem halben Dutzend Gründen kamen, weshalb ich zur Zeit unabkömmlich sei. Die erste Wahl der Kinder war Disneyland und Epcot Village in Florida gewesen. Doch aus egoistischen Gründen und auch, weil im Süden Hurrikan-Saison war, hatte ich uns zu dem anderen Disneyland gebracht und dessen neuester Attraktion, die California Avenue.
    »Kalifornien in der Tat.« Nana Mama stand da und hielt die Hände gegen das grelle Licht schützend über die Augen. »Seit wir hier angekommen sind, habe ich noch nichts Natürliches gesehen, Alex. Du etwa?«
    Sie schürzte die Lippen und zog die Mundwinkel nach unten, aber dann musste sie selbst lachen. Das ist Nana. Sie lacht nie über Menschen, sondern mit ihnen.
    »Mir kannst du nichts vormachen, alte Frau. Du genießt es, uns alle zusammen zu sehen. Überall, jederzeit. Dir wäre es sogar egal, wenn wir in Sibirien wären.«
    Sie strahlte. »Also, Sibirien! Das würde ich liebend gern sehen. Eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn, das Sajangebirge, der Baikalsee. Weißt du, es würde amerikanische Schulkinder nicht umbringen, ab und zu mal dort Urlaub zu machen, wo sie tatsächlich etwas über eine fremde Kultur lernen würden.«

    Ich schaute Damon und Jannie an und rollte mit den Augen. »Einmal Lehrerin...«
    »Immer Lehrerin«, sagte Jannie.
    »Immer Lelin«, wiederholte Klein Alex. Er war drei Jahre alt und unser kleiner Papagei. Leider bekamen wir ihn so unregelmäßig zu sehen. Ich war oft ganz verblüfft über alles, was er tat. Seine Mutter hatte ihn vor etwas mehr als einem Jahr nach Seattle mitgenommen. Der schmerzliche Sorgerechtsprozess zwischen Christine und mir zog sich in die Länge.
    Nanas Stimme riss mich aus meinen Gedanken. »Wohin gehen wir als Erstes?«
    »Wir schweben über Kalifornien!«, rief Jannie, noch ehe Nana die Frage fertig gestellt hatte.
    Damon stimmte zu. »Okay, aber danach ›California Screamin‹.«
    Jannie steckte dem Bruder die Zunge heraus, und er stieß sie mit der Hüfte an. Für die beiden war es wie Weihnachten, die Neckereien waren nicht ernst gemeint.
    »Klingt wie ein guter Plan«, sagte ich. »Und danach fahren wir mit »It’s Tough to be a Bug« mit eurem kleinen Bruder.
    Ich nahm Klein Alex auf den Arm, drückte ihn an mich und küsste ihn auf beide Wangen. Er blickte mich mit seinem liebevollen, friedlichen Lächeln an.
    Das Leben war wieder gut.

6
    In diesem Moment sah ich den Journalisten des Magazins, James Truscott, näher kommen. Er war einsachtzig, mit schulterlangen, welligen roten Haaren, in einer schwarzen Lederjacke.
    Irgendwie hatte Truscott seine Redakteure in New York dazu gebracht einzuwilligen, dass er über mich eine Serie schrieb. Grundlage dafür war, dass ich fast regelmäßig in Serienmordfälle mit äußerst problematischem Profil verstrickt wurde.
    Ich hatte mir die Freiheit genommen, mich über Truscott ein wenig zu erkundigen. Er war erst dreißig, hatte an der Boston University studiert. Seine Spezialität war reales Verbrechen, und er hatte zwei Sachbücher über die Mafia veröffentlicht.
    Eine Aussage, die ich über ihn gehört hatte, ging mir nicht aus dem Kopf: »Er spielt unfair.«
    »Alex«, sagte er lächelnd und streckte mir die Hand hin, als seien wir alte Freunde, die sich zufällig träfen.
    Ich schüttelte Truscott nur widerwillig die Hand. Es war nicht so, dass ich ihn nicht mochte oder ihm das Recht absprach, die Geschichten zu schreiben, die er wollte, aber er war bereits in einer Art und Weise in mein Leben eingedrungen, die ich für unangemessen hielt - wie tägliche E-Mails und plötzliches Auftauchen am Tatort, selbst in unserem Büro in Washington.
    Und jetzt war er hier, wo ich mit meiner Familie Urlaub machte.
    »Mr Truscott«, sagte ich ganz ruhig. »Sie wissen, dass ich
es strikt abgelehnt habe, bei diesen Artikeln mit Ihnen zusammenzuarbeiten.«
    »Kein Problem.« Er grinste. »So was bin ich gewöhnt. Das nehme ich ganz cool.«
    »Ich nicht«, erklärte ich. »Offiziell bin ich nicht im Dienst. Das ist Familienzeit. Würden Sie uns in Ruhe lassen? Wir sind in Disneyland.«
    Truscott nickte, als verstünde er mich, sagte dann aber: »Ihr Urlaub wird für unsere Leser auch sehr interessant sein. Die Ruhe vor dem Sturm - etwas in dieser Richtung. Das ist großartig. Disneyland ist
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