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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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gerade gebeten?«
    Gekonnt beförderte sie perfekt lockere Rühreier auf jeden Teller, als vier Scheiben aus dem Toaster ploppten.
    »Frühstück!«
    Während die beiden älteren Kinder reinhauten, zog sie Adam ein Matrosenhemd über den roten Strampler. Als sie ihn zum Hochstuhl trug, sagte sie zärtlich:
    »Wer ist denn der hübscheste Matrose in der Stadt? Wer ist mein kleiner Mann?« Dann kitzelte sie ihn unterm Kinn.
    »Ich bin dein kleiner Mann«, erklärte Brendan lächelnd. »Ich, Mammi.«
    »Du bist mein großer kleiner Mann«, erwiderte Mary und kitzelte ihn auch unterm Kinn. Dann drückte sie ihm auf die Schultern. »Und jeden Tag wirst du größer.«
    »Das ist so, weil ich jeden Tag meinen Teller ganz aufesse«, sagte er und schob mit dem Daumen den letzten Rest Rührei auf die Gabel.
    »Du bist eine gute Köchin, Mammi«, sagte Ashley.
    »Danke, Schätzchen. Und jetzt los. B. B.W.W.«
    Während Mary das Geschirr wegräumte, marschierten Brendan und Ashley den Korridor hinab und sangen: »Bürsten, bürsten, waschen, waschen. Zähne, Haare, Hände und Gesicht. Bürsten, bürsten, waschen, waschen.«
    Mary stapelte das Geschirr in der Spüle, während die beiden älteren Kinder sich wuschen, wischte sie Adams Gesicht schnell mit einem feuchten Küchentuch ab, holte die Pausenbrote der Kinder, die sie am Vorabend zubereitet hatte, aus dem Kühlschrank und packte sie in den jeweiligen Rucksack.
    »Ich setze Adam in den Kindersitz«, rief sie. »Der Letzte ist ein faules Ei.«

    Mary hasste diesen Faules-Ei-Spruch, aber sie wusste auch, dass ein wenig Wettbewerb die Kinder auf Trab hielt. Sie hörte, wie sie in ihren Zimmer quietschten und lachten und Angst hatten, als Letzter in ihre alte Chaise einzusteigen. Mein Gott, wer sagte heutzutage noch »Chaise«? Nur Mary, Mary.
    Als sie Adam anschnallte, versuchte sie, sich zu erinnern, weshalb sie am vorigen Abend so lang aufgeblieben war. Die Tage - und nun auch die Abende - schienen alle ineinander zu fließen, zu einem Wirrwarr aus Kochen, Saubermachen, Fahren, Listen schreiben, Nasen abwischen und wieder fahren. Los Angeles hatte einen Riesennachteil. Man hatte das Gefühl, das halbe Leben im Stau im Auto zu stehen.
    Sie sollte wirklich einen Wagen kaufen, der weniger Benzin verbrauchte als der alte Geländewagen, den sie mit in den Westen gebracht hatte.
    Sie schaute auf die Armbanduhr. Irgendwie waren zehn Minuten vergangen. Zehn kostbare Minuten. Wie konnte das sein? Immer schien sie Zeit zu verlieren.
    Sie lief zur Vordertür und scheuchte Brendan und Ashley hinaus. »Wieso braucht ihr so lang? Wir kommen wieder zu spät. Heiliger Strohsack, seht nur, wie spät es ist«, sagte Mary Smith.

5
    Hier waren wir, direkt in der Mitte eines Jahrhunderts, das entschieden und zynisch mit Mythen aufräumte, und plötzlich bezeichnete mich eines der einflussreichsten - oder zumindest meistgelesenen - Magazine als »Amerikas Sherlock Holmes«. Was für ein totaler Mist. Es lag mir den ganzen Vormittag im Magen. Ein investigativer Journalist namens James Truscott hatte beschlossen, mir auf Schritt und Tritt zu folgen und über die Mordfälle zu berichten, an denen ich arbeitete. Aber ich hatte ihn an der Nase herumgeführt. Ich war mit der Familie in Urlaub gefahren.
    »Ich fliege nach Disneyland!«, erklärte ich Truscott und hatte gelacht. Das war, als ich ihn zum letzten Mal in Washington, D.C., gesehen hatte. Der Schreiberling hatte als Antwort nur gegrinst.
    Für andere Leute mag Urlaub ja ganz normal sein. Sie machen das ständig, manchmal sogar zwei Mal im Jahr. Für die Familie Cross war es ein Riesenereignis, ein neuer Anfang.
    Passenderweise spielte in der Hotelhalle gerade »A Whole New World«, als wir hindurchgingen.
    »Kommt schon, ihr lahmen Enten!«, trieb Jannie uns an und rannte voraus. Damon, soeben Teenager geworden, gab sich etwas reservierter. Er blieb bei uns und hielt die Tür für Nana auf, als wir aus dem angenehm klimatisierten Hotel hinaus in den strahlenden Sonnenschein Kaliforniens schritten.
    Es war eine totale Attacke auf unsere Sinne, sobald wir
das Hotel verlassen hatten. Sofort stieg uns der Duft von Zimt, Schmalzgebäck und irgendeinem scharfen mexikanischen Essen in die Nase. Alles gleichzeitig. In der Ferne hörte ich auch einen Güterzug dahinbrausen, jedenfalls hörte es sich so an. Dazu Angstschreie - zum Glück die gute Art, die »Nicht-Aufhören-Art«. Ich habe die andere Sorte oft genug gehört, um den Unterschied zu
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