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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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geheiratet habe. Ich bin wirklich so!«
    »Joghurt natur bei Zimmertemperatur?«
    »Na ja.«
    »Joghurt natur bei Zimmertemperatur – und stolz drauf?«
    Ich überlegte einen Augenblick. »Wie wär’s mit Joghurt natur mit Himbeermarmelade unten drin? Damit könnte ich mich abfinden.«
    »Interessanter, als es im ersten Moment scheint?«
    »Genau.«
    »Hat ungeahnte Tiefe?«
    »Ja! Vielleicht lasse ich mir ein T-Shirt mit der Aufschrift machen.«
    »Zwei. Eins für Garv.«
    »Vorausgesetzt, wir finden ihn«, sagte ich, und mein Magen krampfte sich vor Angst zusammen. »Und wenn er mir nicht sagt, ich soll mich verpissen.«
    Endlich waren wir am LAX, und nachdem wir das Auto wirklich katastrophal geparkt hatten, hasteten wir in die Abflughalle. Als ich die Dame am Counter bei American Airlines fragte, ob sie mir sagen könne, auf welchen Flug Garv gebucht war, sagte sie: »Diese Information darf ich Ihnen nicht geben.«
    »Ich bin seine Ehefrau«, sagte ich.
    »Und wenn Sie der Dalai Lama wären.«
    »Es ist dringend.«
    »So wie mein Bedürfnis, zur Toilette zu gehen, aber ich kann in beiden Fällen nichts tun.«
    »Komm«, sagte Anna und zerrte mich fort, »lass uns gucken, ob wir ihn am Gate erwischen.«
    LAX ist riesig und immer voller Menschen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Keuchend rannten Anna und ich durch die Massen und stießen uns von den Vorübereilenden ab wie Billardkugeln von der Bande. Ein paar frustrierende Momente lang blieben wir in einer Gruppe von Hare-Krishna-Jüngern stecken und mussten in ihrem Tempo weitergehen, während sie hüpften und tanzten. Einer wollte mir ein Tamburin in die Hand drücken, doch dann waren wir durch und rannten weiter.
    »Was hat er an?«, fragte Anna außer Atem.
    »Jeans und ein T-Shirt. Wenigstens hatte er das heute Mittag an. Vielleicht hat er sich umgezogen.«
    »Ist er das?«, fragte Anna, und mein Herz machte einen Sprung, aber der Mann, den sie meinte, war ein Schwarzer.
    »Entschuldigung«, sagte sie, »ich habe nur Jeans und T-Shirt gesehen und war voreilig.«
    Wir rannten in alle Geschäfte und alle Bars in der Abflughalle, aber Garv war nirgendwo zu sehen. Jetzt blieb nur noch der Flugsteig, aber ohne Bordkarten konnten wir nicht durch die Kontrolle, und die Frau an der Sperre interessierte unsere Geschichte nicht. »Eine Frage der Sicherheit. Sie könnten Terroristinnen sein.«
    »Sehen wir wie Terroristinnen aus?«, fragte ich, in der Hoffnung, dass sie ein Einsehen haben würde.
    Sie ließ ihr Kaugummi ein paarmal knallen und sagte dann gedehnt: »Allerdings.«
    Ich starrte sie an in dem Versuch, sie zu erweichen, aber sie starrte zurück, ausdruckslos und unbeeindruckt, und mit jeder Sekunde schwand meine Hoffnung. Aber ich konnte nicht aufgeben.
    »Lass uns noch mal in den Bars und Geschäften gucken.« Aber er war nirgendwo auszumachen. Schwitzend, mit hochrotem Kopf und rasendem Pulsschlag rannte ich hierhin und dorthin wie ein kopfloses Huhn, und Anna versuchte Schritt zu halten, bis ich nicht mehr konnte. Trotzdem wollte ich nicht aufgeben. »Lass uns noch einen Moment warten, ob wir ihn entdecken.«
    »Ist gut«, sagte Anna, streckte und reckte sich wie eine Meerkatze, die auf der Lauer lag.
    Aber als die Zeit einfach nur verging, stieg die Verzweiflung in mir hoch.
    »Komm«, sagte ich schließlich. »Hier finden wir ihn nicht. Lass uns gehen.«
     
    Auf der Fahrt waren meine Knie weich wie Wachs. Die Straßen und Häuser von Los Angeles verschwanden, und ich fuhr durch Ödland.
    »Du kannst ihn doch anrufen«, machte Anna mir Mut. »Sobald er in Irland angekommen ist.«
    »Ja«, murmelte ich, aber ein Klumpen kalter Furcht hatte sich in meinem Bauch gebildet. Ich wusste, dass ich zu lange gewartet hatte. Er war gekommen, ich hatte mich für Shay entschieden, und er war gegangen. Ich hatte eine Chance gehabt und sie vertan. Die Erkenntnis fühlte sich an wie das Poppen in den Ohren beim Fliegen, wenn man plötzlich wieder klar hören kann.
    »Es war dumm von mir zu denken, ich würde ihn am Flughafen abfangen können«, sagte ich niedergeschlagen. »So was kommt nur in Filmen vor.«
    »Mit Meg Ryan in der Hauptrolle«, sagte Anna und nickte düster.
    »Er hätte eine Flanke über die Absperrung gemacht.«
    »Und alle hätten geklatscht.«
    Wir seufzten und fuhren schweigend weiter nach nirgendwo.
    Lange Zeit war meine Ehe für mich ein dunkler, schrecklicher Ort gewesen, an den ich nicht zurückkehren wollte. Ich hatte mich nicht mehr an die
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