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Aussteigerin aus Versehen (German Edition)

Aussteigerin aus Versehen (German Edition)

Titel: Aussteigerin aus Versehen (German Edition)
Autoren: Heike Langenkamp
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ausgezogen.
    Damals waren wir - mein Ex-Mann und ich - knapp bei Kasse. Wir hatten vier Katzen und zwei Hunde und suchten für uns alle eine neue Bleibe.
    Nur: „Wohin?“
    Und: „Wer nimmt uns mit all den Tieren als Mieter?“
    Richtig: „Niemand!“
    Da wir keine Wohnung fanden, suchten wir nach einem bezahlbaren Haus. Ich studierte noch Informatik und jobbte nebenbei. Mein Ex verdiente als Speditionskaufmann auch nicht gerade viel. Somit war die Auswahl nicht sehr groß. Ich weiß gar nicht mehr, wieso wir dann anfingen uns diese Holzhäuser anzusehen. Wahrscheinlich weil sie billig waren. Und uns beiden gefiel der Gedanke, irgendwo im Wald und in der Einsamkeit zu wohnen. Ein Ergebnis der jahrelangen Nerverei durch Schwiegereltern und Nachbarn. Irgendwann besichtigten wir dann dieses eine Grundstück, auf dem ich heute alleine lebe. Und wir waren uns sofort einig: das isses! Ich verliebte mich damals spontan in die kleine Terrasse zwischen den hohen Tannen, um die sich kreisförmig eine Buchenhecke schlängelte. „Was für ein schönes Plätzchen“ dachte ich damals. Heute finde ich diese Terrasse immer noch hübsch – benutze sie allerdings fast nie, da es dort im Sommer immer zu heiß und im Winter zu kalt ist. Wir verliebten uns beide in das hübsche kleine Holzhaus und wir haben es gekauft. Allerdings waren weder das Haus noch das Grundstück in besonders gutem Zustand. Die Vorbesitzer waren schon Jahre zuvor gestorben und die Erben hatten sich nie darum gekümmert. Im Haus zierten überall „Omatapeten“ die Wände, der Boden war mit muffigem, matschgrünem Teppich ausgelegt. Nicht gerade unser Stil. Also fuhren wir erst mal zum Baumarkt und deckten uns mit Farbe ein. Emsig machten wir uns an die Renovierungsarbeiten. Da uns Tapezieren zu anstrengend und teuer war, überstrichen wir die Tapeten einfach mit weißer Farbe. Für den Fußboden wollten wir uns später eine Lösung überlegen. Vorerst sollte der so bleiben. Am Wochenende war es dann so weit und wir machten uns an der Arbeit. Das Haus hat ja nur fünfzig Quadratmeter. Somit ging das Streichen der Wände flott voran. Die Realität erwischte uns dann nach dem ersten Streich- und Renoviertag. Wir packten spät abends ziemlich erschöpft alles zusammen und wollten nach Hause fahren. Also Licht aus und vor die Tür getreten … Huch! Dunkelheit. Und wenn ich sage Dunkelheit, dann meine ich „echte“ Dunkelheit. Also: stockdunkel!
    „Ääääh - wo is´n das Auto jetzt? Und wie kommen wir da hin?“
    Bisher hatten wir immer nur in Gegenden gewohnt, wo nachts immer irgendwo eine Laterne brennt. Hier brannte nix. Gar nix! Nur ein paar Sterne am Himmel waren zu sehen. Das war neu für uns. Und das war ab jetzt unser neues Zuhause. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Also machten wir das Licht im Haus wieder an – dann das Licht am Auto an – das Licht im Haus wieder aus, um durch die Dunkelheit zum Auto zu stolpern. Gleich am nächsten Morgen fuhren wir erneut in den Baumarkt und kauften eine Außenlampe mit Bewegungsmelder. Und zwei riesige Handstrahler, die im Laufe der nächsten Jahre zu unseren ständigen Begleiter wurden. Dieser überraschende Moment damals, der ist mir bis heute in Erinnerung geblieben, als wäre es gestern gewesen. Übrigens hatten wir damals den zweiten Schweif vom Halleyschen Kometen schon längst mit bloßem Auge entdeckt, bevor die Presse erstaunt darüber berichtete. Dunkelheit hat auch Vorteile.
    Heute empfinde ich die Dunkelheit ganz anders. Machte sie mir damals noch ein wenig Angst, so fühle ich mich inzwischen wohl darin. Wenn in der Nacht alles still wird im Wald und ich nichts weiter sehe, als die Sterne am Himmel …. Es gibt nur wenige Momente in meinem Leben, die das noch toppen können. Die Dunkelheit legt sich nun schützend um mich und mein Haus. Seltsam, wie unterschiedlich man ein und dieselbe Situation empfinden kann. Und heute stört es mich sehr, wenn die Nachbarn im Sommer ihre Häuser temporär beziehen und dann die ganze Nacht die Außenbeleuchtung an lassen. Manchmal werde ich gefragt: „Hast du keine Angst nachts alleine im Wald?“ – „Nein, habe ich nicht. Ich fühle mich hier absolut sicher, weil die bösen Buben sich hier nachts auch nicht hin trauen“ ist dann meine Antwort. Ich habe mehr Angst davor, in der Dunkelheit in der Stadt mein Auto im Parkhaus zu suchen, als davor, hier mitten in der Nacht durch den Wald spazieren zu gehen.
    Die Renovierungsarbeiten gingen schnell
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