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Aussteigerin aus Versehen (German Edition)

Aussteigerin aus Versehen (German Edition)

Titel: Aussteigerin aus Versehen (German Edition)
Autoren: Heike Langenkamp
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und daher wusste ich: Hühner dürfen nicht einfach in der Nacht draußen bleiben. Dann werden sie nämlich von fiesen Wildtieren gefressen und das wäre ja nun echt blöd. Meine Hühner hatten ihre eigene Meinung dazu. Mir blieb nichts anderes übrig, als sie abends persönlich in den Stall zu bringen. Also ging ich jeden Abend raus zum „Hühnerpflücken“.
    Geschätzte 92,53% aller Bäume hier sind doofe Kiefern. Und die sind verdammt hoch. Zu hoch für mich. Also kaufte ich eine Leiter, stellte diese an den Baum und kletterte jeden Abend daran hoch, um meine Hühner aus dem Baum zu sammeln. Anfangs versuchte ich die sturen Viecher zu greifen. Das fanden die Hühner richtig scheiße, flogen einfach auf den nächst höheren Ast und machen dabei einen Spektakel, als kämen sie auf die Schlachtbank. DAS wäre ein Grund für meine Nachbarin gewesen sich zu beschweren. Aber darüber beschwerte sich Petra nie. Der Mensch hört ja generell sehr selektiv.
    Mit einfach Grabschen funktionierte es also nicht. Dann versuchte ich eine neue Methode: ich schob ihnen meinen Unterarm an die Brust und begann zu drücken und zu schieben, so dass sie die Wahl hatten zwischen vom Baum fallen oder auf meinen Arm zu klettern. Irgendwer hatte im Hühner-Forum mal in seiner Signatur stehen „Hühner sind nicht dumm – ihnen fehlt lediglich die Logik.“ Stimmt. Die fielen lieber vom Baum, als meinen Arm als Sitz- und Transportgelegenheit anzunehmen. Dabei darf man übrigens nicht vergessen, dass das ganze überhaupt nur in der Finsternis funktioniert, dann sehen die Hühner nämlich nix. Tagsüber oder wenn es noch zu hell ist, da hat man gar keine Chancen. Durch mein Leben im Wald gibt es einige unverzichtbarer Erfindungen, die ich im Laufe der Jahre immer mehr schätzen gelernt habe. Eine davon ist die Stirnlampe. Wer die erfunden hat, der verdient meiner Meinung nach einen fetten Preis. Oder wenigstens einen ordentlichen Nachruf – wie auch immer. Die Stirnlampe gehört zu den Errungenschaften, ohne die ich nicht mehr leben kann und will. Und meine ist besonders klasse – die kann man nämlich wahlweise auf weißes oder auf rotes Licht einstellen. Nun mag sich der ein oder andere fragen: „Wozu braucht man denn rotes Licht?“ Die Antwort ist ganz leicht: Wie bereits erwähnt, sehen Hühner nachts ja nix. Ich allerdings auch nicht! Also brauche ich Licht. Mit Taschenlampe zum Hühnerpflücken auf einen Baum klettern? Eine Hand an der Leiter in der anderen eine Taschenlampe – Hände alle. Und welche nimmt jetzt das Huhn? Nee – das geht gar nicht. Aber mit Stirnlampe – das ist schon mal ganz was anderes.
    Nun gibt es da ein klitzekleines neues Problem: Mit Stirnlampe habe ich die Hände frei und kann auch nachts was sehen. Dummerweise die Hühner dann aber auch! Und das ist dann der Moment, wo die „ich kann auch Rotlicht einschalten“-Funktion gefragt ist. Damit sehe ich zwar sehr viel weniger, weil es nur so ein Schummerlicht ist, die Hühner aber auch. Und nun stelle man sich mal eben bildlich vor: Frau mit Rotlicht an der Stirn klettert nachts fluchend in Bäumen rum und versucht dabei Hühner aus den Ästen zu pulen, ohne dabei von der Leiter zu fallen. Das sind Momente, wo ich froh bin so abgelegen zu wohnen ….
    Irgendwann saß Thorsten mal so blöd, dass er mit der Brust direkt an einen weiteren Ast gequetscht war. Also bequem sah das nicht aus. Aber er wird's besser wissen. Ich kam von vorne nicht an ihn ran und musste es von hinten versuchen. Ich drückte meinen Unterarm an seinen Po und schob vorsichtig weiter … und was machte der blöde Hahn? Einen Schritt zurück – erst einen Fuß – dann den anderen … schon saß er friedlich auf meinem Arm! War das jetzt nur Glück oder Zufall? Oder sollte es wirklich soooo einfach sein? Verwirrt trug ich ihn in den Stall und schob ihn dort auch wieder rückwärts auf die Stange. Wieder das gleiche Spiel: Fuß eins – Fuß zwei und er saß auf der Stange. Keinen Pieps gab er während der ganzen Aktion von sich!
    Also versuchte ich das Gleiche bei den Mädels. Und siehe da: Auf diese Weise war es total leicht sie von A nach B zu transportieren. Auch sie stiegen ohne zu Murren rückwärts erst auf meinen Unterarm und von dort dann auf die Stange im Stall. Hach – das Leben kann so einfach sein. Von da an wurde die abendliche Pflückaktion wesentlich entspannter für beide Seiten. Meistens jedenfalls.
    Zwerghühner können übrigens fliegen. Und das ziemlich gut. Die
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