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Ausgewichtelt

Titel: Ausgewichtelt
Autoren: Paula Havaste
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meinst den, der sich zum Berg des bösen Staalo gewagt und ihm sein bestes Zauber-Rentier weggenommen hat?«
    »Genau den. Sampo hat sich hier niedergelassen. Er ist gleich nach Weihnachten mit seinen Rentieren hergezogen. Erinnerst du dich an die verlassene Hütte am Bergbach, nördlich von hier?«
    »Dahin ist dieser Sampo gezogen? Hat er das Zauber-Ren mitgebracht? Es war doch ein Rentierbock, oder?«
    »Ja, ein Bock, und mit ihm sind drei Rentierkühe gekommen, von denen jede ein Zauberkalb trägt. Die Jungen kommen im Frühjahr zur Welt. Sampo hat erzählt, dass die Flanken der Kühe in sternklaren Nächten in den Farben des Polarlichts leuchten. Deshalb sind zauberkräftige Renkälber zu erwarten.«
    »Das ist ja erstaunlich. Was können Zauber-Rentiere denn Besonderes?«
    »Das habe ich nicht ganz verstanden. Irgendwie sollen sie schneller laufen als gewöhnliche Rentiere. Mehr weiß ich nicht. Aber hör mal, Weihnachtsmann, der Staalo soll wahnsinnig wütend sein.«
    »Na, hoffentlich lässt er uns in Ruhe. Ich werde gleich mal zu Sampo gehen und ihm guten Tag sagen.«
    »Ja, tu das, Sampo ist ein netter Nachbar. Aber jetzt kann ich nicht mehr länger plaudern. Meine Freunde sind schon wer weiß wohin geflogen. Ich sehe mal nach, ob sie im Weidengebüsch sind. Mach’s gut!«
    Der Vogel legte den Kopf schräg, lauschte auf das Gekicher der Unglückshäher, das von der anderen Seite des Waldes herüberschallte, und flog auf, um nachzusehen, was seine Freunde trieben.
    Der Weihnachtsmann erhob sich von seinem Rastplatz, zog die Fäustlinge an und stapfte weiter durch den Schnee. Sein Rücken wurde schweißfeucht, und sein Atem dampfte in der frostigen Luft. Der nasse Schneebehang auf den Bäumen drückte die Zweige hinunter, sogar die stolzen Kiefernzweige neigten sich dem Boden zu. Hinter dem Fjell war eine weite weiße Ebene zu sehen, die im Sommer von grünem Dickicht und bunten Flechten gefärbt wurde, die auf den grauen Steinen wuchsen. Nun war all das von Schnee bedeckt. Weiter hinten zeichneten sich ein niedriges Birkenwäldchen und ein Weidengebüsch ab. Der Weihnachtsmann wusste, dass die Weiden einen klaren Bergbach säumten, der selbst im strengsten Winter nie ganz zufror. Er ging ans Ufer, schöpfte mit der Hand kaltes Wasser aus dem Bach, blies darüber und trank durstig. Der Bach wand sich durch eine Talsenke, und dann wurde hinter einem Hügel eine fröhlich zum Himmel aufsteigende Rauchwolke sichtbar. Es duftete herrlich nach Fischragout. Offenbar kochte der neue Nachbar gerade.
    Ein stummelschwänziger Rentierhund bemerkte die Ankunft des Weihnachtsmannes als Erster und stob fröhlich kläffend auf ihn zu.
    »Wau, wau! Besuch! Du bist sicher der Mann, der auf dem Fjell Korvatunturi wohnt und die Sprache der Tiere versteht. Grüß dich, Fremder!«
    »Ich grüße dich auch, Ringelschwanz! Ich bin der Weihnachtsmann. Und wer bist du?«
    »Man nennt mich Seippu, und da kommt Sampo. Ich bin hier der Wächter, Sampo kümmert sich um die Rentiere.«
    Ein junger Lappe trat lächelnd aus dem Haus, in fröhliche Farben gekleidet und mit einer bunten Mütze auf dem Kopf. Er nahm die Hand des Gastes in beide Hände und begrüßte ihn erfreut.
    »Herzlich willkommen, Weihnachtsmann. Schön, dich kennenzulernen, wir sind ja Nachbarn. Darf ich dir Fischragout anbieten? Es ist gerade fertig geworden.«
    Der Weihnachtsmann nahm dankend an; er freute sich, mit dem netten Sampo tafeln zu dürfen. Der Fisch war so unerhört lecker, dass der Weihnachtsmann ordentlich zulangte.
    »Fein, dass es dir schmeckt. Nimm ruhig noch mehr. Ich habe die Hechtstücke mit Engelwurzstielen, Drachenwurz und ein paar getrockneten Steinpilzen gekocht.«
    Seippu betrachtete das Gemüse misstrauisch, doch unter Sampos strengem Blick fraß auch er seine Portion auf. Dem kichernden Meisenschwarm, der auf die Türschwelle gehüpft war, warf Sampo ein Hechtstück zu, das die Vögel geschwind zerpflückten, bevor sie wieder davonflogen.
    »Ich muss sie ab und zu füttern«, erklärte Sampo leicht verlegen. »Sie berichten mir vom Staalo und seinen Absichten. Ich bin ständig auf der Hut, denn als ich ihm das Zauber-Ren weggenommen habe, hat er sich mit einem Donnerwetter von seinem Berg auf mich gestürzt. Ich konnte ihm gerade noch entkommen. Seither sinnt er auf Rache und schickt mir seine Trolle auf den Hals.«
    »Richten sie schlimmen Schaden an?«
    »Die kleinen Trolle streuen nur in der Sauna die Asche aus und ziehen Seippu am
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