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Ausgewichtelt

Titel: Ausgewichtelt
Autoren: Paula Havaste
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Schwanz, wenn er vor dem Haus seinen Mittagsschlaf hält. Aber die großen Trolle haben mir den vollen Kochtopf ausgeschüttet und die Fischnetze zerrissen. Das ist schon schlimmer. Und wenn du das Brot bloß einen Moment auf dem Tisch liegen lässt, schnappen sie es, und sie rennen so schnell, dass du sie beim besten Willen nicht zu fassen bekommst.«
    Der Weihnachtsmann musste lachen, als er sich vorstellte, wie Sampo hinter den Trollen herlief, die ihm eine lange Nase machten.
    »Du scheinst nicht gerade ein Freund der Trolle zu sein. Aber sag mal, Sampo, wie ist Staalos Zauber-Ren eigentlich?«
    »Das ist ein feiner Rentierbock, einen schöneren kann es gar nicht geben. Aber wild ist er und stürmisch. Er lässt sich von keinem anfassen außer von mir, und auch ich muss vorsichtig sein. Ich will ihn zu nichts zwingen. Soll er ruhig auf den Fjells herumlaufen, wie es ihm gefällt. Vielleicht möchte er eines Tages Zugrentier werden, aber die Entscheidung muss er selbst treffen.«
    »Offenbar bist du dem Zauber-Ren ein anderer Herr, als es der Staalo war?«
    »Ich glaube ja, denn das Zauber-Ren war sehr erschöpft, als wir hier ankamen. Die ersten Wochen hat es nur geschlafen und sich ausgeruht, und es will sich immer noch nicht vor den Lappenschlitten spannen lassen. Es kommt mir vor, als wäre es über irgendetwas sehr erbost; ich weiß nur nicht, worüber. Aber hör mal, Weihnachtsmann, bleib doch hier und geh mit mir in die Sauna, dann haben wir Zeit, uns besser kennenzulernen. Ich habe so viele spannende Geschichten über dich gehört. Und morgen, wenn ein neuer Tag anbricht, kann ich dir meine Rentiere zeigen. Da du die Tiersprache sprichst, könntest du vielleicht das Zauber-Ren fragen, was ihm fehlt.«
    Der Weihnachtsmann brauchte nicht lange zu überlegen, er nahm die Einladung gerne an. Sampo holte zwei saubere Handtücher und ein kleines Stück Schmierseife aus dem Speicher, und dann gingen sie zur Sauna. Die Hütte sah ganz ähnlich aus wie Sampos Häuschen, war aber fensterlos. In der Dampfstube befand sich ein großer Ofen aus aufgeschichteten Steinen, in dem den ganzen Tag über ein Holzfeuer gelodert hatte. Die Steine hatten die Hitze gespeichert und verströmten nun eine herrliche Wärme in der dunklen Stube. Sampo hatte viele Eimer voll Wasser zum Aufwärmen auf die Bänke gestellt, und wenn man nun Wasser auf den heißen Steinofen goss, stieg zischend Dampf auf. Es fühlte sich herrlich an, wenn der Dampfstoß aufwaberte und einen am Rücken und an den Ohren zwackte.
    Nach dem heißen Dampfbad tat es gut, sich abzukühlen. Sampo wälzte sich im Schnee. Den Weihnachtsmann lockte der Schnee nicht, er begoss sich lieber mit warmem Wasser. Danach setzten sich die beiden auf die Bank vor der Sauna und ließen sich die erhitzte Haut vom Frost kühlen.
    »Wie schön, dass du mir in der Sauna Gesellschaft leistest, Weihnachtsmann. Seippu kommt nie mit, weil der Dampf ihn in die Schnauze beißt. Aber sag mir doch, hast du noch andere Zauberkräfte außer deiner Fähigkeit, die Sprache der Tiere zu verstehen?«
    »Einmal im Jahr, in der Weihnachtsnacht, kann ich an vielen Orten zugleich sein. Dann besuche ich alle Kinder, die auf das Wunder der Weihnacht warten.«
    »Das ist ja großartig! Hast du das immer schon getan?«
    »Ich kann es nicht genau sagen. Nicht sehr oft, glaube ich, oder vielleicht doch schon sehr lange. Es ist irgendwie so schwierig, nachzurechnen. Wenn das magische Wunder der Weihnacht über mich kommt, verlieren Dinge wie Jahre und Zeit ihre Bedeutung.«
    »Was tust du denn mit Hilfe des Zaubers in der Weihnachtsnacht?«
    »Ich möchte den Kindern einen Gruß bringen, ihnen Frieden, Glück und Freude wünschen. Oft gebe ich ihnen auch ein kleines Geschenk. Ich bastle das ganze Jahr über kleine geschnitzte Rentiere, Vögelchen aus Holzspänen und Puppen aus Bartflechte, die den Kindern an Weihnachten Freude bereiten.«
    Sie saßen still da und genossen die friedliche Stimmung, in die das Saunabad sie versetzt hatte. Der Weihnachtsmann streichelte gedankenverloren den kleinen Stein, der an einer dünnen Kette an seinem Hals hing. Schon bei der bloßen Berührung durchströmte ihn das vertraute Glücksgefühl.
    »Was ist das denn?«, fragte Sampo.
    »Das ist ein Geschenk zu meiner Geburt. Als ich geboren wurde, kamen mächtige Gäste zu mir, und dieser Stein erinnert mich daran, dass ich unter ihrem Schutz stehe.«
    »Wie der Stein funkelt, in ganz besonderen Farben, als trüge er sein
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