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Ausgeträllert (German Edition)

Ausgeträllert (German Edition)

Titel: Ausgeträllert (German Edition)
Autoren: Minck
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wat dafür, dat sein Onkel so’n Blödmann is. Wer is denn hier wohl klar im Vorteil? Du doch! Und wenne nich’ bei Matti arbeiten willz, dann such dir wat anderet! Oder schreib ma wieder’n Drehbuch. Genuch erlebt hasse ja wohl.«
    Bevor ich auch nur irgendetwas zu meiner Verteidigung entgegnen konnte, zum Beispiel: »Ich bin doch grad erst ein paar Wochen aus dem Krankenhaus entlassen, und der Arzt sagt, ich brauche nach meiner Tauchfahrt mit dem Taxi in der Ruhr dringend Erholung – und überhaupt, richtet sich eine Schreibblockade nicht nach der Erlebniswelt eines Autors«, hatte sie mir den Telefonhörer in die Hand gedrückt und für mich gewählt.
    Eine Viertelstunde später saß ich schon in der Straßenbahn auf dem Weg nach Wattenscheid, um mich kurz darauf zwischen Fritteusen, Bratwürsten und den unablässigen Erklärungen des Günther Heibuch über die ideale Temperatur von Frittenfett und seine vielfältigen Geschäftsinteressen wiederzufinden. Wie ein stolzer Reiseleiter zeigte er mir seine Sehenswürdigkeiten: die Metzgerei, die Pommesbude und die Cateringküche.
    Das Heibuch-Imperum lag in der Wattenscheider City strategisch günstig an einer Straßenecke. Über den großen Hinterhof konnte man die Lieferanteneingänge der Geschäfte erreichen und den kleinen Anbau, in dem sich das Büro befand.
    Ich wurde seiner Gattin, die er liebvoll »meine Else« nannte, vorgestellt. Sie war für die Metzgerei zuständig und hatte sogar einen Meisterbrief. Ein paar gerahmte Urkunden, die dort hingen, wiesen zudem darauf hin, dass sie die beste Räuchermettwurst in Nordrheinwestfalen machte. Dabei halfen ihr zwei Damen mittleren Alters, die mir freudig ihre Hände reichten und sich als Doris und Fanny vorstellten. In der Pommesbude, dem
Pommes King
, wie über der Eingangstür zu lesen war, lernte ich die Yugo-Mafia, bestehend aus Jorgo, Dimi und Stojko, kennen. Günter Heibuch bedauerte es sehr, dass Gustav und Trudi grad nicht da waren, die zweite Schicht aus der Pommesbude. Jorgo begleitete uns in die Cateringküche, wo er eben dabei war, mit Dennis, dem Juniorchef, die kalten Platten für eine Konfirmation aufzurüschen. Heibuch nötigte mich, von den Kanapees zu kosten. Ich sah Jorgos gerunzelte Stirn und lehnte dankend ab. Die beiden jungen Männer waren im Stress, das konnte ein Blinder mit Krückstock sehen, nur Günter Heibuch nicht. Er nahm sich von den fertigen Platten ein paar Kostproben und schob sie sich lachend in den Mund. Dann klopfte er seinem Sohn Dennis auf die Schulter. »Superlecker. Hasse gut gemacht.«
    Dennis verdrehte die Augen. Selbst ich begriff, dass die beiden schleunigst die Schnittchen ersetzen mussten. Jorgo war schon auf dem Weg ins angrenzende Lager. Man hörte sein leises Fluchen: »Scheiße, wir haben keine Sardellenpaste mehr …«
    »Dann nimm doch Mayonnaise«, sagte Günter Heibuch lässig.
    »Die wollen aber keine Mayonnaise. Steht extra im Auftrag, Papa«, sagte Dennis.
    »Ph … als ob dat irgendjemanden interessieren würde …«, gab Günter Heibuch zurück. Dennis warf einen hilfesuchenden Blick an die Decke. Jorgo kam mit einer Dose Thunfisch zurück und knallte sie auf die metallene Anrichte. »Misch ich im Mixer und hau Sojasoße rein. Merkt kein Mensch.«
    »Siehsse«, sagte Günter Heibuch zu Dennis, »wat nich passt, wird passend gemacht …«
    Dennis warf sein Messer auf das Schneidebrett und verließ die Küche. Jorgo grinste mich an und zuckte die Schultern. Günter Heibuch, weit davon entfernt, irgendeine Irritation wahrzunehmen, schob mich zur Tür hinaus und kündigte die Besichtigung der Kellergewölbe an, in der sich das Allerheiligste seiner Else befand: die Fleischküche und die Tiefkühlräume für die Metzgerei.
    Als wir wieder auf dem Hof standen, stellte er mir endlich die Frage aller Fragen: »Schomma inne Küche oder im Service gearbeitet?«
    Ich schöpfte Hoffnung und sagte: »Nein.«
    Aber anstatt mich auf der Stelle wegzuschicken, hatte Günter Heibuch gelacht und gesagt: »Dat lernt man schnell. Kein Thema.«
    »Wenn Sie es sagen, Herr Heibuch.« Ich war mir da nicht so sicher – schon allein die Ausrüstung, die da in der Küche herumstand, erinnerte mich an hochkomplizierte Versuchsaufbauten in einem Atomlabor. Riesige Kochtöpfe mit Deckeln so groß wie Sonnenschirme. Hochleistungswurstschneidemaschinen und Pfannen so schwer wie Kanaldeckel und Fritteusen, so groß, dass man den Tagesbedarf an Pommes für Brüssel darin fertig machen
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