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Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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Küche. Auch in der Nacht. Auch unter Bedingungen wie diesen.
    Manninger keucht. »Ich wollte Billy besuchen. Wer sind Sie?«
    »Wir haben telefoniert.«
    »Dann wissen Sie ja …«
    Billy mischt sich ein: »Warum hast du dich nicht gemeldet?«
    »Ich habe überraschend einen Flug bekommen, auf Standby. Warum hätte ich anrufen sollen? Ich habe mir am Flughafen einen Leihwagen genommen und bin so schnell wie möglich hergekommen.«
    »Wer sagt uns, dass Sie nicht schon viel länger da sind?«, frage ich.
    Manninger seufzt, setzt sich auf, stöhnt, als er mit der rechten Hand in die Innentasche seines Sakkos greift. Ich zucke zurück, aber er zieht bloß ein Flugticket heraus. Ich nehme es ihm aus der Hand. Vielleicht ist er nur extrem gut vorbereitet. Das Flugticket ist in Ordnung. Die Maschine ist kurz nach zehn in Wien-Schwechat gelandet. Bis er durch die Sicherheitskontrollen kommt, den Leihwagen in Empfang nimmt und den Apfelbaum erreicht, können durchaus zwei Stunden vergehen. Aber war der Täter nicht immer gut vorbereitet?
    »Das könnte auch ›Mise en place‹ sein«, sage ich.
    Manninger ist irritiert.
    Billy weiß, wovon ich rede. »Kannst du beweisen, dass du im Flugzeug gesessen bist?«
    Manninger blickt von einem zum anderen. »Was wird hier gespielt?«
    Zehn Minuten später haben wir seine Frau am Telefon, sie bestätigt, dass sie Manninger zum Flughafen gefahren hat und dass sie die letzten Wochen beinahe ununterbrochen mit ihm zusammen war. Wenn man nicht davon ausgeht, dass er die Kreise seiner Verschwörung sehr weit gezogen hat, dann muss man ihm glauben.
    Billy ist bemüht, Manninger wieder zu versöhnen, immerhin ist er der Eigentümer des Hauses.
    Er fasst sich schneller als wir und grinst über die Verdächtigungen. »Im eigenen Wirtshaus überfallen zu werden, und dann noch von der eigenen Pächterin und ihrer Crew. Das kann auch nur mir passieren. Wird sich gut in meinen Memoiren machen. Zum Lohn für den Schreck muss jetzt eine Flasche Winzersekt her. Nein, noch besser: Es gibt hier einige Flaschen Champagner, die habt ihr sicher noch nicht gefunden!«
    Er geht in den Keller, kommt mit einem ausgezeichneten Jahrgangschampagner zurück und steckt ihn in den Chiller. Fünf Minuten, dann hat er die optimale Temperatur. Es lebe die Technik.
    Wir trinken, und die Spannung fällt nun auch von uns ab. Er will, dass wir alles genau berichten, vielleicht kann er helfen. Manninger erzählt Anekdoten über Baumann, die Stimmung wird ausgelassener. Ich bringe es nicht über mich, ihn nach der Geschichte mit seinem unehelichen Kind zu fragen. Es ist, als wäre der wahre Chef des Hauses wiedergekehrt. Wir schlachten zwar kein Kalb, holen dafür aber Rehpastete aus dem Kühlraum. Eine zweite Flasche Champagner wird geöffnet. Für Mahmet gibt es weiter Orangensaft. Wir erzählen Manninger von meinem Artikel im »Magazin«. Ich gehe und will ihn holen.
    Meine Tasche steht wie immer in einem Regal im Raum für die Trockenvorräte. Der Champagner ist mir zu Kopf gestiegen, ich ziehe die neueste Ausgabe des »Magazins« heraus, schließe die Tasche wieder. Mir ist, als hätte ich etwas gehört.
    Lautes Lachen im Schankraum.
    Trotzdem gehe ich möglichst leise Richtung Gang. Die Hintertüre steht offen. Keine Ahnung, ob Manninger sie geschlossen hat. Ich schleiche nach draußen. Eine sternklare Nacht. Billys Auto steht am üblichen Platz, im Wald ruft ein Käuzchen. Das Licht der Straßenlaterne spiegelt sich im Fenster zur Küche. Neben der Tür stehen ein paar Mülleimer. Mahmet hat wieder einmal vergessen, sie nach vorne an den Straßenrand zu stellen. Lehrer hin oder her, besonders gewissenhaft ist er nicht. Ich hole tief Luft. Hier ist weit und breit niemand.
    Beruhigt gehe ich wieder Richtung Schankraum, biege dann aber doch in die Küche ab. Mir ist nach etwas anderem als Rehpastete. In der oberen Kühllade liegen die Minileberwürste. Ich nehme geschnittene Zwiebel, gebe sie auf das Würstchen, schiebe mir alles in den Mund.
    Ich mag diese Küche im Halbdunkel, das Licht der Straße lässt den Edelstahl beinahe warm erscheinen. Eine Höhle, ein Ort, an dem nur das Surren der Kühlmaschinen zu hören ist. Und fröhliche Stimmen aus dem Schankraum. Und …
    Es ist zu spät, um zu schreien. Die Hand presst sich an meinen Mund. Ich versuche zu beißen, der Griff wird noch fester. Es ist eine harte Hand mit Schwielen. Der Mann steht hinter mir und zerrt mich auf die andere Seite der Küche. Ich höre ihn
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