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Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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Sinnkrise ist fürs Erste erledigt. Ich werfe im Badezimmer meine rot verschmierten Klamotten ab und wundere mich, dass selbst die Unterhose tomatisiert ist. Oskar steht hinter mir und beobachtet, wie ich schwarze Unterwäsche, schwarze Jeans, ein schwarzes, ausgeschnittenes T-Shirt überziehe. Schön langsam werden wir wie ein altes Ehepaar. Vor einem halben Jahr noch hätte er nicht einfach zugesehen, wenn ich mich aus- und wieder anziehe. Aber wahrscheinlich hat er einen harten Tag in der Kanzlei gehabt. Auch das: Ehefrauengedanken. Ich schüttle mich.
    Der Apfelbaum: Man fährt von Wien Richtung Norden, dann noch einige Kilometer die Brünner Bundesstraße entlang, abbiegen zu Weinhügeln und Sonnenblumenfeldern.
    Die Abende sind lang, noch ist es hell.
    Im Gastgarten stehen zwei große Kastanienbäume, das Haus ist alt, aber sorgfältig renoviert. Ich beginne zu verstehen, warum sich Manninger hierher zurückgezogen hat. Einen Stern hat er sich schon wieder erkocht. Dem Chez Trois hat er vier gebracht, Höchstleistung in Österreich, vielleicht schafft er es auch hier wieder. Ewig schade, dass die Gastronomiekritikerin vom »Magazin« so fest in ihrem Sattel sitzt. Diese Sparte hätte mich interessiert, und wie. Aber sie ist die Schwester des Herausgebers, da ist nichts zu machen.
    Wir hätten wohl reservieren sollen. Bis auf einen Tisch sind im Garten alle besetzt. Ob mich Manninger erkennt? Ich habe mit ihm bei diversen Societyevents zu tun gehabt, ich habe ihn gut in Erinnerung, er ist ein witziger Medienprofi, auch in seiner Performance »kreativ«.
    Im Inneren des Lokals gibt es zwei Gasträume: einen mit alten, blanken Holztischen und hellen Tischläufern. Der andere ist elegant weiß gedeckt, Sommerblumen auf jedem Tisch, Stoffservietten. Ich zähle drei andere freie Tische. Manninger wird in der Küche sein. Ein ehemals sehr großer Kellner kommt auf uns zu, jetzt geht er gebückt, er ist sicher über fünfundsiebzig Jahre alt.
    »Wir haben nicht reserviert …«
    »Kommen Sie«, sagt er, geht mit leicht ausgestellten Füßen vor uns ins Freie, weist uns den letzten Tisch unter einer der Kastanien zu. »Heute ist es heiß«, bemerkt er zutreffend und verschwindet.
    Wenig später taucht ein blonder Kellner um die dreißig auf. Professionell geschäftig bringt er uns die Karte, nennt einige Tagesempfehlungen, reagiert freundlich, als wir statt des vorgeschlagenen Aperitifs einen weißen Gespritzten und ein Seidl Bier bestellen. Rundum entspannte Gesichter, leises Klappern von Besteck, Lachen. Wie gut, dass der Druckkochtopf explodiert ist. Ich lehne mich zurück und genieße die Vorfreude.
    Der Alte bringt die Getränke. Er hat zweifellos Übung. Gut möglich, dass er seit fünfzig, sechzig Jahren serviert. Er könnte Manningers Vater sein oder ein Onkel, vielleicht sogar der Großvater. Ich frage nach dem Chef des Hauses und höre, dass es eine Chefin des Hauses gibt. Neugier. Soviel ich mich erinnern kann, war Manninger nicht verheiratet. Gerüchte über seine zahlreichen Affären hat es hingegen jede Menge gegeben. Aber bei welchem prominenten Koch gibt es die nicht?
    »Frau Manninger?«, frage ich überrascht.
    Der Alte schüttelt den Kopf. »Frau Winter.«
    »Herr Manninger ist …«, lasse ich den Satz dezent verklingen.
    »Herr Manninger ist in Neww York.« Er spricht es tatsächlich »Neww York« aus. »Er hat das Angebot von so einem Milliardär angenommen und soll ein ganz neues Restaurant erfinden.« Es ist deutlich zu spüren, was der Alte davon hält. »Eine Chefin hat das Lokal übernommen. Vor zwei Monaten. Trotzdem eine gute Köchin, Sie werden sehen.«
    Der Alte behält Recht. Zwei Stunden später sind wir nicht nur satt und vom Wein beschwingt, sondern auch höchst zufrieden. Manninger oder die Neue, dieses Wirtshaus ist hervorragend. Eine Mischung aus lokaler Küche und allem, was internationale Kochkunst eben so hineininterpretieren kann. Ohne großes Trara, mit leichter Hand. Ich schlage Oskar vor, gleich für nächste Woche einen Tisch zu reservieren. Er lässt sich rasch überzeugen.
    Die meisten Gäste sind bereits gegangen, wir bestellen noch zwei Gläser Rotwein.
    Eine kleine, schlanke Frau bringt sie. Sie hat dunkle, kurz geschnittene Haare, ihre lebendigen braunen Augen scheinen alles gleichzeitig wahrnehmen zu wollen. Ich schätze sie auf Mitte dreißig. »Hat es Ihnen geschmeckt bei uns?«
    »Sind Sie Manningers …«
    Sie lacht. »Manningers Nachfolgerin, ja. Er ist für
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