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Auserwaehlt

Auserwaehlt

Titel: Auserwaehlt
Autoren: Silke Nowak
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sie taumelte, hielt er sie
fest, als wollte er mit ihr tanzen.
„Bist du sicher?“, hörte sie ihn flüstern.
„Ja“, sagte sie leise. Er roch nach Schweiß.
Er begann, sich mit ihr hin und her zu wiegen. Ein paar Schritte kamen sie
voran. Die Spritze lag noch immer auf dem Tisch.
„Woher soll ich wissen, dass du nicht lügst?“ hörte sie ihn. Sie bewegten sich
auf das Sofa zu. „Beweise es mir“, keuchte er.
Er drückte sie auf das Sofa hinab. Sie spürte sein Gewicht auf sich. Seine Hand
bohrte sich zwischen ihre Schenkel.
„Leo, nicht“, sagte sie. „Nicht so. Lass uns das erste Mal romantisch erleben.
Wir könnten an den Heiligen See fahren, was meinst du? In unsere Bucht?“
Stille.
„Erinnerst du dich an die Bucht?“, fragte sie.
Er zog seine Hand zurück. Endlich wälzte er sich von ihr herunter.
„Steh auf“, sagte er.
Clara wurde schwindelig, als sie sich aufrichtete, hielt er sie fest. Er nahm
ihre Hand, als wollte er sie küssen. Er sah sie an.
„Leo, ich meine es ernst, ich liebe Dich, ich ...“
„Du lügst“, zischte er plötzlich. Mit ganzer Kraft drückte er ihre Hand in das
Aquarium.
Clara spürte das Wasser. Dann spürte sie den Schmerz. Etwas durchbohrte ihre
Hand.
Ihr wurde schwarz vor Augen.
    Sie wollte schlafen, doch da war etwas in ihrer Nase. Sie
wollte es wegtun, doch ihre Arme steckten fest. Etwas Schweres lag auf ihr. Sie
versuchte, die Augen zu öffnen. Dunkle Flecken auf rötlichem Hintergrund war
alles, was sie sah. Ihr Kopf fiel seitlich herab. Sie wollte wieder
einschlafen, sonst nichts. Doch der Geruch war stechend scharf. Sie drehte sich
weg. Ihr Kopf fiel auf die andere Seite. Sie musste husten und spürte, wie sie
sich übergab.
„Clara, Clara“, drang eine besorgte Stimme zu ihr durch. „Das gefällt mir gar
nicht. Wenn ich gewusst hätte, dass du so schwach bist ... Hättest du nur was
gegessen, ich hab es doch gesagt.“
Sie versuchte, die Augen offen zu halten. Jemand tätschelte ihre Wange. Sie saß
auf einem Stuhl, aber sie konnte die Arme nicht bewegen, sie zerrte, bis ihr
klar wurde, dass sie gefesselt war.
„Nur ruhig“, hörte sie die Stimme wieder.
Ihre Hände waren hinter der Lehne gefesselt.
Sie blinzelte.
Der Mann wischte ihre Kotze vom Tisch, dann ging er fort. Er kam wieder und
flößte ihr einen Schluck Wasser ein. Dann hielt er ihr etwas unter die Nase,
angewidert drehte Clara den Kopf zur Seite, es war wieder der stechende Geruch.
Langsam wurde das Bild klarer.
Sie saß auf demselben Stuhl wie vorhin. Es war noch derselbe Tisch. Nur stand
jetzt kein Essen mehr darauf, sondern eine Videokamera. Das grüne Licht
blinkte.
Die Kamera war auf sie gerichtet.
„Wasollas?“, hörte sie sich lallen.
Er sah sie an. Leonhard. Mit dem Bewusstsein kam der Schmerz zurück. Eine
glühende Stricknadel steckte in ihrer rechten Hand, so fühlte es sich an. Sie
spürte die Finger nicht mehr.
„Lo?“ Ihre Zunge war dick und pelzig. „Leo?“
„Schön, dass du wieder da bist.“ Er lächelte sie an. Für einen Moment kam Clara
der Gedanke, dass sie das alles nur geträumt hatte. Er sah ehrlich besorgt aus.
„Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, Clara, dein Kreislauf ist
mir total weggekippt.“
„Waffer“, brachte sie hervor.
Er hielt ihr das Glas an die Lippen. Dankbar nahm sie ein paar Schlucke. Dann
setzte er sich ihr gegenüber an den Tisch.
„Ich erkläre dir kurz die Spielregeln, wir haben nicht ewig Zeit, bitte signalisiere
mir durch ein kurzes Nicken, dass du mich verstehst.“
Clara nickte. Erst jetzt bemerkte sie, woher der Druck auf ihrer Brust kam. Ihr
Oberkörper war mit Klarsichtfolie an dem Stuhl fixiert. Auch ihre Schenkel
waren mit Folie fixiert.
„Es ist jetzt 21 Uhr und 5 Minuten.“ Sie musste sich anstrengen, seinen Worten
zu folgen, immer noch glaubte sie, jeden Moment wieder einzuschlafen.
„Seit zwanzig Minuten ist das Gift jetzt in deinem Körper. Es handelt sich um
Stonus-Toxin. Du weißt, wie es wirkt, ich muss dazu nichts sagen. Der Herzstillstand
tritt je nach Körperkonstitution und Gesundheitszustand nach drei bis sechs
Stunden ein.“
Er sah sie an. „Und du bist viel schwächer, als ich dachte, Clara.“
Er sprach so sachlich wie bei einer ihrer Besprechungen.
„Allerdings“, er räusperte sich, „haben wir heute eine Unbekannte in der
Gleichung. Es ist das erste Mal, dass eine quasi natürliche Injektion erfolgte.“
Er hob seine rechte Hand in die Höhe, als müsse er Clara an den Stich
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