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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Frau vorsingen mußte. Ihr gegenüber saß eine andere
     junge Dame, die hatte den weißen, runden Nacken voll brauner Locken gegen mich gewendet und sang zur Gitarre, während die
     Schwäne auf dem stillen Weiher langsam im Kreise herumschwammen. – Da hob die schöne Frau auf einmal die Augen und schrie
     laut auf, da sie mich erblickte. Die andere Dame wandte sich rasch nach mir herum, daß ihr die Locken ins Gesicht flogen,
     und da sie mich recht ansah, brach sie in ein unmäßiges Lachen aus, sprang dann von der Bank und klatschte dreimal mit den
     Händchen. In demselben Augenblicke kam eine große Menge kleiner Mädchen in blütenweißen, kurzen Kleidchen mit grünen und roten
     Schleifen zwischen den Rosensträuchern hervorgeschlüpft, so daß ich gar nicht begreifen konnte, wo sie alle gesteckt hatten.
     Sie hielten eine lange Blumengirlande in den Händen, schlossen schnell einen Kreis um mich, tanzten um mich herum und sangen
     dabei:
    Wir bringen dir den Jungfernkranz
Mit veilchenblauer Seide,
Wir führen dich zu Lust und Tanz,
Zu neuer Hochzeitsfreude.
Schöner, grüner Jungfernkranz,
Veilchenblaue Seide.
    Das war aus dem Freischütz. Von den kleinen Sängerinnen erkannte ich nun auch einige wieder, es waren Mädchen aus dem Dorfe.
     Ich kneipte sie in die Wangen und wäre gern aus dem Kreise entwischt, aber die kleinen schnippischen Dinger ließen mich nicht
     heraus. – Ich wußte gar nicht, was die Geschichte eigentlich bedeuten sollte, und stand ganz verblüfft da.
    Da trat plötzlich ein junger Mann in feiner Jägerkleidung aus dem Gebüsch hervor. Ich traute meinen Augen kaum – es war der
     fröhliche Herr Leonhard! – Die kleinen Mädchen öffneten nun den Kreis und standen auf einmal wie verzaubert alle unbeweglich
     auf einem Beinchen, während sie das andere in die Luft streckten und dabei die Blumengirlanden mit beiden Armen hoch über
     den Köpfen in die Höhe hielten. Der Herr Leonhard aber faßte die schöne gnädige Frau, die noch immer ganz stillstand und nur
     manchmal auf mich herüberblickte, bei der Hand, führte sie bis zu mir und sagte: «Die Liebe – darüber sind nun alle Gelehrten
     einig – ist eine der couragiösesten Eigenschaften des menschlichen Herzens, die Bastionen von Rang und Stand schmettert sie
     mit einem Feuerblicke danieder, die Welt ist ihr zu eng und die Ewigkeit zu kurz. Ja, sie ist eigentlich ein Poetenmantel,
     den jeder Phantast einmal in der kalten Welt umnimmt, um nach Arkadien auszuwandern. Und je entfernter zwei getrennte Verliebte
     voneinander wandern, in desto anständigern Bogen bläst der Reisewind den schillernden Mantel hinter ihnen auf, desto kühner
     und überraschender entwickelt sich der Faltenwurf, desto länger und länger wächst der Talar den Liebenden hinten nach, so
     daß ein Neutraler nicht über Land gehen kann, ohne unversehens auf ein paar solche Schleppen zu treten. O teuerster Herr Einnehmer
     und Bräutigam! obgleich Ihr in diesem Mantel bis an die Gestade des Tiber dahinrauschtet, das kleine Händchen Eurer gegenwärtigen
     Braut hielt Euch dennoch am äußersten Ende der Schleppe fest, und wie ihr zucktet und geigtet und rumortet, Ihr mußtet zurück
     in den stillen Bann ihrer schönen Augen. – Und nun denn, da es so gekommen ist, ihr zwei lieben, lieben, närrischen Leute!
     schlagt den seligen Mantel um euch, daß die ganze andere Welt rings um euch untergeht, liebt euch wie die Kaninchen und seid
     glücklich!»
    Der Herr Leonhard war mit seinem Sermon kaum erst fertig, so kam auch die andere junge Dame, die vorhin das Liedchen gesungen
     hatte, auf mich los, setzte mir schnell einen frischen Myrtenkranz auf den Kopf und sang dazu sehr neckisch, während sie mir
     den Kranz in den Haaren festrückte und ihr Gesichtchen dabei dicht vor mir war:
    Darum bin ich dir gewogen,
Darum wird dein Haupt geschmückt,
Weil der Strich von deinem Bogen
Öfters hat mein Herz entzückt.
    Da trat sie wieder ein paar Schritte zurück. «Kennst du die Räuber noch, die dich damals in der Nacht vom Baume schüttelten?»
     sagte sie, indem sie einen Knicks mir machte und mich so anmutig und fröhlich ansah, daß mir ordentlich das Herz im Leibe
     lachte. Darauf ging sie, ohne meine Antwort abzuwarten, rings um mich herum. «Wahrhaftig noch ganz der Alte, ohne allen welschen
     Beischmack! Aber nein, sieh doch nur einmal die dicken Taschen an!» rief sie plötzlich zu der schönen gnädigen Frau, «Violine,
     Wäsche, Barbiermesser,
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