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Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen

Titel: Aus dem Leben eines Taugenichts - Erzaehlungen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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bedenklichen Mienen
     daraus nippte. Ich aber hatte mich mit beiden Armen weit über den Tisch vorgelegt, um die Unterredung recht genau anzuhören.
     Der geistliche Herr bemerkte es. «Ich kanns Euch wohl sagen», hub er wieder an, «die beiden Gräfinnen haben mich auf Kundschaft
     ausgeschickt, ob der Bräutigam schon vielleicht hier in der Gegend sei. Eine Dame aus Rom hat geschrieben, daß er schon lange
     von dort fort sei.» –Wie er von der Dame aus Rom anfing, wurd ich wieder rot. «Kennen denn Euer Hochwürden den Bräutigam?»
     fragte ich ganz verwirrt. – «Nein», erwiderte der alte Herr, «aber er soll ein luftiger Vogel sein.» – «O ja», sagte ich hastig,
     «ein Vogel, der aus jedem Käfig ausreißt, sobald er nur kann, und lustig singt, wenn er wieder in der Freiheit ist.» – «Und
     sich in der Fremde herumtreibt», fuhr der Herr gelassen fort, «in der Nacht gassaten geht und am Tage vor den Haustüren schläft.»
     – Mich verdroß das sehr. «Ehrwürdiger Herr», rief ich ganz hitzig aus, «da hat man Euch falsch berichtet. Der Bräutigam ist
     ein moralischer, schlanker, hoffnungsvoller Jüngling, der in Italien in einem alten Schlosse auf großem Fuß gelebt hat, der
     mit lauter Gräfinnen, berühmten Malern und Kammerjungfern umgegangen ist, der sein Geld sehr wohl zu Rate zu halten weiß,
     wenn er nur welches hätte, der –» – «Nun, nun, ich wußte nicht, daß Ihr ihn so gut kennt», unterbrach mich hier der Geistliche
     und lachte dabei so herzlich, daß er ganz blau im Gesichte wurde und ihm die Tränen aus den Augen rollten. – «Ich hab doch
     aber gehört», ließ sich nun das Mädchen wieder vernehmen, «der Bräutigam wäre ein großer, überaus reicher Herr.» – «Ach Gott,
     ja doch, ja! Konfusion, nichts als Konfusion!» rief der Geistliche und konnte sich noch immer vor Lachen nicht zugute geben,
     bis er sich endlich ganz verhustete. Als er sich wieder ein wenig erholt hatte, hob er den Becher in die Höh und rief: «Das
     Brautpaar soll leben!» – Ich wußte gar nicht, was ich von dem Geistlichen und seinem Gerede denken sollte, ich schämte mich
     aber, wegen der römischen Geschichten, ihm hier vor allen Leuten zu sagen, daß ich selber der verlorene, glückselige Bräutigam
     sei.
    Der Becher ging wieder fleißig in die Runde, der geistliche Herr sprach dabei freundlich mit allen, so daß ihm bald ein jeder
     gut wurde und am Ende alles fröhlich durcheinander sprach. Auch die Studenten wurden immer redseliger und erzählten von ihren
     Fahrten im Gebirge, bis sie endlich gar ihre Instrumente holten und lustig zu blasen anfingen. Die kühle Wasserluft strich
     dabei durch die Zweige der Laube, die Abendsonne vergoldete schon die Wälder und Täler, die schnell an uns vorüberflogen,
     während die Ufer von den Waldhornklängen widerhallten. – Und als dann der Geistliche von der Musik immer vergnügter wurde
     und lustige Geschichten aus seiner Jugend erzählte, wie auch er zur Vakanz über Berge und Täler gezogen und oft hungrig und
     durstig, aber immer fröhlich gewesen, und wie eigentlich das ganze Studentenleben eine große Vakanz sei zwischen der engen,
     düsteren Schule und der ernsten Amtsarbeit – da tranken die Studenten noch einmal herum und stimmten dann frisch ein Lied
     an, daß es weit in die Berge hineinschallte:
    Nach Süden nun sich lenken
Die Vöglein allzumal,
Viel Wandrer lustig schwenken
Die Hüt im Morgenstrahl.
Das sind die Herrn Studenten,
Zum Tor hinaus es geht,
Auf ihren Instrumenten
Sie blasen zum Valet.
Ade in die Läng und Breite,
O Prag, wir ziehn in die Weite:
Et habeat bonam pacem,
Qui sedet post fornacem!
    Nachts wir durchs Städtlein schweifen,
Die Fenster schimmern weit,
Am Fenster drehn und schleifen
Viel schön geputzte Leut.
Wir blasen vor den Türen
Und haben Durst genung,
Das kommt vom Musizieren,
Herr Wirt, ein' frischen Trunk!
Und siehe, über ein kleines
Mit einer Kanne Weines
Venit ex sua domo –
Beatus ille homo!
    Nun weht schon durch die Wälder
Der kalte Boreas,
Wir streichen durch die Felder,
Von Schnee und Regen naß,
Der Mantel fliegt im Winde,
Zerrissen sind die Schuh,
Da blasen wir geschwinde
Und singen noch dazu:
Beatus ille homo
Qui sedet in sua domo
Er sedet post fornacem
Er habet bonam pacem!
    Ich, die Schiffer und das Mädchen, obgleich wir alle kein Latein verstanden, stimmten jedesmal jauchzend in den letzten Vers
     mit ein, ich aber jauchzte am allervergnügtesten, denn ich sah soeben
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