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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter
Autoren: Guenther Bentele
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Juden Zinsen zahlen musste, drückte jener niedrige Preis so sehr, dass er seine Ware hätte losschlagen müssen ohne jedweden Gewinn. Er lagert also das Salz ein und wartet. Geduld ist die Tugend des Handels.
    Da verlangt der Jude sein Geld zurück!
    Philippe beschwört ihn zu warten, der Salzpreis würde bald wieder steigen. Der Jude aber, mit dem Hinweis auf die Steuer, die er dem Kaiser als seinem Schutzherrn bezahlen müsse, verlangt sein Geld dennoch und verklagt ihn schließlich, und der Richter muss Philippe mit Bedauern schuldig sprechen - Geld weg, Ware weg, und schuld ist der Jude mit seiner gottlosen Ungeduld und unchristlichen Geldgier: Der Jude ist der ärgste Feind des Kaufmanns!
2. Fall
    Noch Schlimmeres hat Pierre Blazer zu berichten. Seine Tochter hatte geheiratet und er musste die Braut ausstatten mit viel Geld und Gut. Als ihm kurz darauf ein ganzes Lager an Purpurseide aus der Levantine geboten wurde, konnte er nicht bar bezahlen. Da er der führende Händler mit dieser Seide ist, konnte er das Geschäft keinem anderen überlassen.
    Er muss Geld aufnehmen. Kein christlicher Geldgeber kann so viel aufbringen - er muss zum Juden. Der Jude, nicht faul, stimmt zu, beschafft das Geld, verleiht es unter vielen Verbeugungen und Segenswünschen, verlangt aber eine riesige Summe an Zinsen, zahlbar innerhalb eines halben Jahres. Pierre Blazer ist einverstanden - was sonst?
    Kein Kaufmann macht ein solches Geschäft ohne eine Sicherheit, dass es gelingt: Pierre hat einen bedeutsamen Herrn, der bei ihm kaufen will - den Bischof von Turin. Als einen Ersatz kann er sich auf den Bischof von Konstanz verlassen - Pierre weiß, er wird seine Purpurseide zu rechten Zeit loswerden. Ein riesiger Gewinn winkt!
    Da schlägt der Blitz in den Dom von Turin - Schadensfeuer! Der Bischof kauft keine Seide - auf Jahre nicht mehr. Der Bischof von Konstanz wird mit Krieg überzogen - an keinen Seidenkauf zu denken! Kein Käufer weit und breit, zumindest nicht in kurzer Zeit. Auf lange Sicht soll es nicht zum Schaden werden, es gibt noch andere Bischöfe! Und die Ware ist erstklassig.
    Aber der Herr Jude will sein Geld, er wartet nicht. Er behauptet: Der Kaiser will Steuern und sitzt mir im Nacken. Der Richter muss sprechen - und der Jude bekommt die ganze kostbare Ware. Einen Stein möchte es erbarmen!
    Das ist die Rache der Juden dafür, dass sie keinen Fernhandel mehr treiben dürfen! Eine mächtige Verschwörung zum Ruin der christlichen Kaufleute!
    Nein, es ist mehr, viel mehr! Nicht nur gegen die Kaufleute geht diese Verschwörung: Sie richtet sich gegen alle Christen, alle sollen umkommen - Gift in den Brunnen!
    Das ist die Wahrheit!
     
    Dieser Bericht wurde gegeben am 11. November, dem Tag des heiligen Martin im Jahre des Heils 1348. Wir beschwören Euch: Rettet die Christenheit vor den ungläubigen Juden!
     
    August de Lure, Philippe du Bois, Pierre Blazer, Jean Louis Meyer Kaufleute in der Stadt Lausanne, der Grafschaft Savoyen zugehörig
    DOKUMENT 3
    Der Commissarius des Grafen Amadeus VI. von
Savoyen. Bericht über die Vorgänge in Savoyen,
das Große Sterben betreffend
     
    Gegeben im Jahre 1348 nach der Geburt unseres Herrn Jesus Christus.
     
    Wie nicht anders zu erwarten, sind die Nachrichten über die Gräuel, die von den Juden in Spanien und Okzitanien zum Verderben der ganzen Christenheit angerichtet worden sind, auch hierher gelangt und haben die Bevölkerung in Unruhe versetzt. Die Menschen in ihrer Angst beten kniefällig, das Land Savoyen und die Menschen darin vor Übel zu bewahren.
    Die Obrigkeit hat versichert, dass alles geschehen werde, um Übel fern zu halten.
    Besondere Verdienste haben sich hierin Kaufleute von Lausanne erworben, die tiefe Kenntnisse besitzen über die Ursachen des allgemeinen Sterbens und sie uns zur Verfügung gestellt haben. Demnach achteten wir besonders auf die Juden: Würden sie fliehen und damit ein Eingeständnis ihrer Schuld geben?
    Sie flohen nicht. Wir waren erstaunt, dass sie ausharrten, als seien sie sich keiner Schuld bewusst. Und der hochlöbliche Rat von Lausanne erwog bereits, die Juden nicht anzurühren und somit die Ursache der Pest nicht zu suchen, wo sie zu suchen war.
    Nur ich, der gräfliche Commissarius, ließ mich nicht täuschen. Für mich war der Grund für das seltsame Verhalten der Juden schnell gefunden: Wenn ihre Flucht die Schuld erwies, so würde ihr Bleiben, so dachten sie voller Schläue, gerade ihre Unschuld beweisen - zum Verderben aller
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