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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter
Autoren: Guenther Bentele
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ihn endlich zusammenbrechen. Dem Tod vorausgehen kann eine tiefe Ohnmacht. Manche Kranke aber bleiben bei klarem Verstand bis zum Ende. Vom ersten Anzeichen der Krankheit bis zum Tode vergehen zumeist vier, fünf Tage, auch eine Woche und mehr.

Die zweite Form der Krankheit:
    Hartnäckiges Niesen und tödliche Mattigkeit überfallen den Erkrankten. Ein quälender Husten setzt ein, verbunden mit Auswurf von schwarzen Blutknollen. Schmerzen in der Brust und Atemnot nehmen zu. Das Fieber ist von Beginn an sehr hoch. Kurz vor dem Ende zeigen sich auch hier zuweilen schwarze Beulen am Leib des Befallenen. Der Tod tritt fast immer nach tiefer Bewusstlosigkeit ein. Vom ersten Anzeichen der Krankheit bis zum Tode vergehen in diesem zweiten Falle oft nur Stunden, oft aber auch ein bis drei Tage.
     
    Die an der ersten Form Erkrankten können gesunden, wenn auch selten. Immerhin konnte ich mit einigen sprechen, die genesen sind. Hilfreich scheint zu sein, wenn ein Kundiger den Erkrankten die schwarzen Beulen aufschneidet und eine stinkende, dick breiige Masse von Gift herausdrückt. Die Genesenen fühlen auch jetzt noch große Mattigkeit in allen Gliedern, als könne die Krankheit jederzeit wieder hervorbrechen - es ist mir aber kein einziger solcher Fall bekannt geworden.
    Bei denen, die von der zweiten Form befallen sind, scheint keine Genesung möglich.
    Nach den schwarzen Beulen nennen viele die Krankheit Schwarzer Tod, andere nennen sie Großes Sterben oder Große Pest.
     
    Möge nun der Himmel den verehrlichen Ratsherren die richtigen Schlüsse eingeben, die aus meinen Mitteilungen gezogen werden müssen.
     
    Jodokus Scheuffelin Medikus der Stadt Bern
    DOKUMENT 2
    Bericht des Kaufmanns August de Lure aus
Lausanne in Savoyen an den Rat der Stadt Bern und
an jedermann, der für das Gemeinwesen Sorge trägt
     
    Wir, Philippe du Bois, Pierre Blazer und Jean Louis Meyer und ich selbst, August de Lure, Kaufleute in Lausanne, haben uns kundig gemacht über diese verderbliche Pestilenz. Wir haben uns bemüht, Herkunft und Ursache herauszufinden, und werden zum Heile der Christenheit und zur Ehre Gottes alle Beweise über den Ursprung darlegen und daraus Schlüsse ziehen, was für das Gemeinwesen nun notwendig ist.
    Jeder von uns hat Gelehrte befragt, und es gab keine letzte Antwort. So suchten wir selbst nach der Wahrheit, und alsbald stand sie uns vor Augen.
    Indes soll hier zu Anfang aufgeführt werden, was von den Gelehrten als irrtümlich zu erfahren war. Danach erfüllt diese Denkschrift ihren Sinn: Die Ursache des pestilenzischen Sterbens als eindeutige und sichere Wahrheit festzustellen, damit die Länder des Nordens mit der Hilfe Gottes in letztem Augenblicke vor der alles vernichtenden Seuche gerettet werden.

Die Antwort des ersten Gelehrten:
    Den ersten Gelehrten hat Pierre Blazer befragt und folgende Antwort erhalten: Giftige Luft steige auf aus Vulkanen und aus den Rissen der Erde, wenn diese zum Beben kommt, und sei die Ursache der furchtbaren Krankheit. Giftige Luft aus Spalten, die hinab bis in die Hölle reichen.
    Es ist diese Erklärung - übrigens mehrerer Gelehrter - durchaus einleuchtend. Aber da wir vier Kaufleute die Wahrheit zu diesem Zeitpunkt schon kannten, konnte der Gelehrte den Kaufmann Pierre Blazer nicht überzeugen. Es ist immer gut, wenn man die Wahrheit schon kennt. Denn ist man seiner Sache sicher, findet man leicht triftige Gegengründe.
    So hat Pierre Blazer eingewendet: Wie kann giftige Luft sich so weit von den Vulkanen entfernt ausbreiten? Weshalb verfliegt die giftige Luft nicht nach einiger Zeit?
    Kein Gelehrter konnte darauf eine sinnvolle Antwort geben.

Die Antwort des zweiten Gelehrten:
    Philippe du Bois erhielt diese Antwort: Die Ursache des Großen Sterbens sei zu erkennen in den Konstellationen der Gestirne. Diese seien in Zeiten schädlich und gefährlich.
    Da auch Philippe du Bois die Wahrheit schon kannte, fand er gute Gründe, warum die Konstellationen der Gestirne nicht die Ursache für das Große Sterben sein können: Es wiederholen sich die Stellungen der Gestirne ja immer gleich und so müsste sich auch die Pest wiederholen, seit Jahrhunderten. Der Schwarze Tod aber ist seit Adam und Evas Zeiten noch nie da gewesen oder bei den Alten beschrieben worden. Eine sehr kluge Einwendung!

Die Antwort des dritten Gelehrten:
    Jean Louis Meyer erhielt auf seine Frage von Gelehrten diese Antwort: Es sind die Kometen, die sich am Himmel zeigen, welche die giftige Luft bringen.
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