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Aufbruch der Barbaren

Aufbruch der Barbaren

Titel: Aufbruch der Barbaren
Autoren: Hugh Walker
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Sie war aus Marmor und hatte die Zeit überdauert. Von den Stühlen, einst aus kostbar geschnitztem Holz, waren nur nochbrüchige Reste geblieben.
    Es mußte in der Tat viele Jahre vergangen sein, dachte Magh’Ullan.
    Der Vogt hielt an der Tafel an. »Wartet.« Er erstarrte selbst zur Reglosigkeit.
    Magh’Ullan hörte das heftige Atmen des Schamanen. Auch er selbst fühlte die Annäherung. Ein Lichtschimmer näherte sich aus dem Hintergrund. Er kam zwischen den mächtigen viereckigen Steinsäulen hervor, die die Decke der Halle trugen. Es war ein rötliches, nicht flackerndes Licht, und Magh’Ullan wußte, daß es nicht natürlichen Ursprungs war.
    Zwei Gestalten näherten sich gemessenen Schrittes, voran eine kleine, zwergenhafte, die das Licht, einer leuchtenden Kugel gleich, trug. Sie war weiß gekleidet. Ihr folgte eine große, hagere Gestalt in nachtschwarzem Gewand mit silbernen Säumen und Zeichen, die die Lorvaner schaudern ließ. Ein spitzer Helm aus Gebeinen ragte von seinem Schädel hoch, und es waren menschliche Gebilde, vermischt mit solchen von Bestien der Wildländer. Am erschreckendsten für die Lorvaner war das starre, unmenschliche, silberrot bemalte Gesicht.
    »Ein Caer-Priester!« entfuhr es Nottr. »Er muß es sein, der den Eiszauber an der Furt…«
    Aber Magh’Ullan hörte ihn gar nicht. »Arline«, flüsterte er und mußte mit aller Kraft an sich halten, um es nicht hinauszuschreien und sich damit zu verraten.
    Arline! Sie war Mon’Kavaers kleine Tochter gewesen. Sie war dreizehn gewesen, als der giftige Biß einer Spinne sie von ihrer Seite riß. Es mochte Dämonenwerk gewesen sein, denn noch nie zuvor hatte er eine Spinne wie diese in den Wildländern gesehen. Sie liebten die warmen Südländer.
    Er war Meister der Magie, nicht der dunklen Kräfte, sondern der weißen, guten, die Dinge zu schaffen vermochte, wie das magische Vlies. Mit ihrer Hilfe hatte er versucht, Arline zu retten, doch sein Wissen war zu gering. Sie starb ihm unter den Händen, und alles, wovor er sie bewahren konnte, war die Verwesung, denn er hoffte immer, eines Tages jene weißmagischen Kräfte zu lernen, die Leben dem Tod zu entreißen vermochten.
    So blieb ihr Körper in der Gruft wie am Tag ihres Todes.
    Und dieser Teufel hatte sie zu seiner geistlosen Sklavin erweckt! Erst Rhynnan und nun dieses Mädchen, das ihm in der Erinnerung so teuer war. Er beherrschte seinen Grimm nur mühsam.
    »Mein Herr Kyerlan«, sagte das Maden mit klarer Stimme.
    Der Vogt neigte den Kopf. Und ringsum zwischen den Säulen, gerade noch im rötlichen Licht, standen plötzlich Scharen von Kriegern, die sich ebenfalls verneigten…
    »Willkommen in Duldamuurs Reich«, sagte der Caer-Priester spöttisch. Es klang dumpf unter der silberroten Maske. »Wir haben mit euresgleichen noch wenig Erfahrung. Ihr seid gut mit Äxten und Klingen wie unsere Caer, das schätzen wir, und es wird uns gute Dienste leisten. Daß ihr so dummdreist wart, hier an dieses Tor zu pochen, spricht nicht für eure Intelligenz, doch es ist immer angenehm, wenn sich die Klugheit der Dienenden in Grenzen hält. Immerhin gibt es mir Gelegenheit, euch genauer zu studieren, den einen oder anderen Geist aufzubrechen, um zu erfahren, welche Geheimnisse in den Menschen der Wildländer stecken. Ich sehe, daß auch ein Schamane dabei ist. Das wird eine wertvolle Bereicherung meiner Kenntnisse bedeuten.«
    Juccru wurde noch bleicher, als er schon bei diesen Worten war. Die Lorvaner hoben ihre Waffen. Die Krieger in den Schatten der Säulen bewegten sich unruhig in Erwartung eines Kampfes.
    »Kein Kampf!« zischte Magh’Ullan. »Tut alles, was er verlangt!«
    »Eine weise Entscheidung«, sagte Kyerlan, »obwohl sie meine treue Gefolgschaft um ihr verdientes Vergnügen bringt. Rhynnan, führe meine einsichtigen Gäste in die Kammer, die für sie vorbereitet ist. Ich werde Duldamuur befragen, ehe ich mich ihrer annehme.«
    Der Vogt nickte stumm und bedeutete den Lorvanern, ihm zu folgen, was sie mit zögernden Blicken auf Magh’Ullan und Nottr schließlich taten. Magh’Ullan hielt den Schamanen am Arm zurück.
    »Hör mich zuvor noch an«, wandte sich Magh’Ullan rasch an den Priester.
    Der Caer wartete stumm.
    Magh’Ullan deutete auf seine Gefährten. »Nein, laß sie erst gehen. Was ich dir sagen will, ist nicht für ihre Ohren. Sie würden mich…« Er stockte.
    »Einen Verräter nennen?« fragte Kyerlan amüsiert. »Was ist mit dem Schamanen?« fragte er, als
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