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Aufbruch der Barbaren

Aufbruch der Barbaren

Titel: Aufbruch der Barbaren
Autoren: Hugh Walker
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dich an die Wölfe verloren. Und Skoppr. Der Junge wird nicht das gleiche Schicksal erleiden…«
    »Aber sie wollen ihn! Weißt du, wie sie ihn nennen? Wolfsohn…«
    »Sie sprechen? Die Wölfe?«
    »Auf ihre Weise, mein Nottr. Sie bedienen sich menschlichen Verstandes, seit…«
    »Seit du und Skoppr…?«
    »Und andere vor uns… manchmal… in alter Zeit. Aber nun ist es anders… wie ein Aufbruch. Sie sind nicht länger nur Wölfe… nur Tiere… sie sind…« Sie hielt hilflos inne. »Ihre Geister waren es, die Wolfsohn zur Stunde des Wolfes geboren sein ließen, damit eine alte Prophezeiung wahr werde…«
    »Eine Prophezeiung…?«
    »Ja, mein Nottr. Es ist ein großes Geheimnis dieser Welt. Es heißt, daß allen Geschöpfen ein Führer verheißen wurde zur Zeit ihrer Schöpfung, um sich zu erheben und zu kämpfen, wenn eine Art in Gefahr wäre.«
    »Und unser Junge ist…?«
    »Ja, mein Nottr. Wolfsohn ist ihr verheißener Führer.«
    »Hör auf, ihn Wolfsohn zu nennen. Ich wollte ihm den Namen Ahark geben, nach Hark, dem Bitterwolf Mythors. Doch nun wird nichts Wölfisches mehr…!«
    »Sei still, mein Liebster«, unterbrach sie ihn hastig. »Ahark ist ein wunderschöner Name für ihn. Ich werde es ihnen berichten.« Sie küßte ihn mit kalten Lippen. »Sie werden kommen und ihn holen, wenn du ihn mir nicht gibst, mein Nottr.«
    »Laß sie nur kommen. Möchtest du es denn wirklich, daß es ihm so ergeht wie dir?«
    »Nicht wie mir. Sein Weg wird ein ganz anderer sein.«
    »Der eines Wolfes?«
    »Als ihr verheißener Führer.«
    »Eines Tages wird er die Große Horde führen.«
    »Auch deine Zehntausend werden sein Geschick nicht ändern«, sagte sie traurig. »Leb wohl, mein Liebster. Ich muß jetzt gehen. Du brauchst uns nicht zu fürchten… keinen von uns… außer die Hungrigen, die töten, um zu fressen… Leb wohl…«
    »Chipaw…!«
    Als er nach ihr greifen wollte, erwachte er und sah einen Schatten aus dem Zelt verschwinden. Er erhob sich torkelnd und schlug den Fellvorhang zur Seite. Die eisige Nachtluft ernüchterte ihn und zerriß das Gespinst des Traumes. Fröstelnd kroch er zum Lager zurück.
*
    Seit zwanzig Tagen waren sie nach Westen unterwegs, ohne daß der weiße Griff des Winters an Grimmigkeit verlor. Die Versorgung der mehr als zehntausend Männer, Frauen und Kinder des Barbarentrecks wurde mit jedem Tag schwieriger, denn die Wintervorräte der Stämme gingen auf der Wanderschaft rascher zur Neige, als es in den verstreuten Winterlagern der Fall gewesen wäre, und es bedurfte ausgedehnter Jagdzüge, um auch nur die Hälfte der Lorvaner mit frischem Fleisch zu versorgen. Das Wild und selbst die Raubtiere spürten das Herannahen der hungrigen Horde und räumten Tage vorher das Feld. Die Pferde, die mitgeführten Alkherden, die Ziegen und Schafe, die Milch und Käse lieferten, würden wie die Fliegen sterben, wenn ihr Weg sie nicht durch dichtes Waldgebiet führte, wo Frost und Schnee die Natur nicht völlig begruben.
    Aber der Weg durch bewaldetes Gebiet bedeutete andererseits auch einen erheblich langsameren Vormarsch.
    Es war Wahnsinn gewesen, die Horde zu dieser Jahreszeit zu sammeln, in der es nichts zu essen gab, und die Jagd so schwierig war.
    Und es war ein noch größerer Wahnsinn gewesen, vor dem Ende des Winters aufzubrechen, denn das Vorwärtskommen im tiefen Schnee war mühsam und kraftraubend. Sie schafften kaum die Hälfte des geplanten Weges, auch wenn Troß und Nachhut bereits ausgetretenes Gelände vor sich hatten. An manchen Tagen war zudem das Schneetreiben so stark, daß die Nachhut kaum die Spuren des Trecks zu finden vermochte.
    Zudem brannte das nasse Holz so qualmend, daß man die Lagerfeuer einen Tagesmarsch weit sehen mußte. Und für die taktische Bewegung einer Streitmacht von dieser Größe war es vielleicht von Vorteil, daß es kaum aufklarte, aber die Alten und Kinder litten unter der Kälte, und immer mehr starben.
    Nottr hatte vor diesem Wahnsinn gewarnt, der niemandem nützen würde. Er hätte bis zum ersten Frühlingsmond gewartet und einen Sammelpunkt gewählt, der jenseits des Stromes des Lebens lag.
    Doch die Schamanen sahen tausenderlei Gefahren im Warten. Sie sahen in ihren Geisterträumen den Untergang der Großen Horde.
    Und das war ein Argument, das auch Nottr beunruhigte. Zwar hätte ihm das Warten die Gelegenheit gegeben, mit einer größeren Kriegerschar in das Gebiet der Voldend-Berge aufzubrechen und Olingas und Skopprs Schicksal zu
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