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Auf vier Pfoten zur Millionenbeute

Titel: Auf vier Pfoten zur Millionenbeute
Autoren: Stefan Wolf
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dieser Boom ebbte ab. Nur noch selten wurden Besuchergruppen in Bussen herangekarrt. Denn Menonli hatte eigentlich nicht viel zu bieten: nur einen chaotischen Bereich leerer Gebäude, die architektonisch alle von trauriger Schlichtheit waren. Absichtlich. Denn Trauer und Schlichtheit waren die Leittugenden der Menonli-Mönche gewesen.
    In der Katakombe (unterirdische Begräbnisstätte) unter der Abteikirche, dachte Ladicke. Ja, dort ist der richtige Platz für die Lieferung. Hinter ’ner Steinplatte. In ’nem leeren Grab. Wenn das die Klosterbrüder wüssten! Nicht mal satt essen durften sie sich. Tägliches Leiden war angesagt – damit die Stimmung stimmte für Trauer und Schlichtheit. Beknackt! Hellpush wäre für die der Kick gewesen.
    Bei Schönwiesen nahm er die Abfahrt. Im Osten hinter der Millionenstadt ging die Sonne auf. Nach der gnadenlos kalten Nacht würde es ein frostiger, aber sonniger Tag werden. Das hatte der Ganove im Radio gehört.
    Er lenkte den Brummi auf eine schmale Straße. Sie war vereist, aber schneefrei. Geschneit hatte es nicht mehr – auch nicht während seiner Abwesenheit.
    Ein Hinweisschild: Klosterruine Menonli – 1 km.
    Hinter einem Wäldchen bog eine weitere Straße ab, führte in ein Tal mit flachen, bewaldeten Hängen. Das ehemalige Kloster war ein geschlossenes Terrain von beachtlichem Umfang. 90000 Quadratmeter bebauter Grund mochten es sein. Auf den Dächern der verfallenen Gebäude lag Schnee. Nirgendwo stieg Rauch aus einem Kamin in den klaren Morgen. Stille. Dann flogen Dohlen in den Bäumen auf und zogen krächzend über die Ruine.
    Die Straße führte an dem Gelände vorbei, beschrieb einen weiten Bogen über – jetzt verschneite – Felder und Wiesen und mündete nach etwa 13 km ins Weichbild der Stadt. Auf dem Weg dorthin wurde die Autobahn überquert. Mit der so genannten Klosterbrücke. Vor 200 Jahren – hieß es – habe dort ein verstorbener Mönch gespukt. Bruder Irabus mit den belegten Daten 1401–1499.
    Ladicke stieg aus. Er vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war. Er fror. Er hatte viel Kaffee getrunken, musste pinkeln und stellte sich hinter den Brummi.
    Vor Kälte schnatternd, lief er auf das Gelände. Kalte Mauern. Vereiste Türen, die schief in den Angeln hingen. Raureif an blinden Fenstern. In den Ecken lag Abfall, den die Besucher hinterlassen hatten. Auf einem Dachbalken saß eine Amsel. Ladicke hatte das sichere Gefühl, sie beobachte ihn.
    Â»Wehe, du verrätst was!«, drohte er – und fand sich irre komisch.
    Die Abteikirche stand, wo sie immer gestanden hatte. Stürme hatten ihr Dach abgedeckt. Außerdem war hier im Zweiten Weltkrieg eine Fliegerbombe eingeschlagen. Der britische Bomberpilot hatte das Gelände vermutlich für eine Rüstungsanlage gehalten. Laser und computergesteuerte Infos gab’s damals noch nicht.
    Hinter dem ehemaligen Altar der Abteikirche führten Stufen in die Katakombe hinab.
    Diese unterirdische Begräbnisstätte war ein lang gestreckter Keller von wenig Attraktivität. In den Wänden zu beiden Seiten hatten sich die Gräber befunden, verschlossen von Steinplatten. Die Gräber waren in drei Reihen übereinander angeordnet. Ladicke vermutete, dass man hier nur Prioren (Klostervorsteher) bestattet hatte: in 31 Grabnischen.
    Zwölf waren offen. Und mit Schutt gefüllt. Steinplatten verschlossen die anderen. Aber auch die waren leer.
    Ladicke öffnete das letzte Grab in der hinteren Ecke. Es befand sich in ein Meter Höhe und die Steinplatte wog sicherlich anderthalb Zentner.
    Er ächzte. Er war geschwächt von der Tour. Aber die Hoffnung auf fünf Millionen Euro versorgte seine Muskeln.
    Er lehnte die Platte an die Wand, lief zum Wagen und brauchte fast eine halbe Stunde, um die Plastiksäcke mit dem Hellpush aus dem Versteck zu holen. Dreimal lief er hin und her. Schließlich war das ehemalige Grab von Prior Servatius mit Drogen gefüllt. Ladicke passte die Steinplatte ein. Die Anstrengung ließ ihn zittern. Ein Fingernagel brach ab. Aber dann war die Grabnische verschlossen und niemand würde sich daran vergreifen.
    Er ging zum Wagen zurück, immer noch keuchend, Schweiß auf der Stirn trotz der Kälte.
    Als er einstieg, wandte er der Straße den Rücken zu und bemerkte nicht, dass er nicht mehr allein war.
    Ein Radrennfahrer zischte
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