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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay
Autoren: Yt Genthe
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ein Flugticket, obwohl das natürlich echt cool wäre, eher irgendetwas, was sie an ihre Zeit dort erinnert.’
    Wir suchen weiter, aber finden nicht wirklich etwas.
    Während unser Ausflug in dieser Hinsicht nicht von Erfolg gekrönt ist, so spüre ich doch, dass der Aufenthalt im Reisebüro in Heiko etwas ausgelöst hat – vielleicht hat er etwas freigesetzt, oder aber etwas Vorhandenes in etwas Neues verwandelt, so wie ein Atom, das gemäß seiner Halbwertzeit schon lange an der Reihe gewesen wäre zu zerfallen und endlich über die Klippe seines anorganischen Daseins gestoßen wird.
     
    Nun sitzen wir in H.s einzig annehmbaren Cafe, “Schröders Kaffeekranz”, ein Familienbetrieb mit unverändertem Dekor seit 1974, trinken schlechten Kaffee und essen Eierlikörtorte. Heiko hat noch genau fünfzehn Minuten Mittagspause und seine Miene wird zunehmend finsterer. Ich schätze, dass es mit der Aussicht, den Rest des Nachmittags in der Gesellschaft Herrn Bahrnsens verbringen zu müssen, zu tun hat.
    ‘Hatte dein Chef heute nur einfach schlechte Laune, oder ist der immer so drauf?’ frage ich ihn.
    ‘Nee, der ist eigentlich immer so. Das Schlimme ist, der Typ ist komplett inkompetent, nicht nur was die Vorgänge in der Bank angeht. Der kann auch überhaupt nicht mit Leuten umgehen, deshalb muss ich ja auch die ganze Zeit am Schalter stehen. Hat den Job nur durch Beziehungen bekommen.’ Heiko atmet einmal tief ein und wieder aus.
    ‘Auf zum letzten Gefecht, wie Rosa sagen würde.’
    Er zwingt sich ein Lächeln ab. ‘Ich weiß, dass ich verglichen mit euch nicht wirklich Grund hab, mich zu beklagen, aber wenn du den ganzen Tag in der Gegenwart so eines Idioten zubringen musst, dann fragst du dich schon manchmal, ob es nicht vielleicht etwas Besseres da draußen gibt...’
    ‘Ich weiß, was du meinst,’ sage ich, ‘der Typ, dem die Nachhilfeschule gehört, lässt mich zwar meistens in Ruhe, aber von dem Gehalt kann ich mir kaum dieses Stück Eierlikörtorte leisten. Ich denke, ich sollte noch ein paar Pädagogikkurse besuchen und dann versuchen irgendwie ins Referendariat zu kommen. Zumindest hast du als Lehrerin ein Einkommen, das dir eine einigermaßen menschenwürdige Existenz erlaubt.’
    ‘Ginge das, ich meine deinen Magister in einen Lehramtsabschluss zu verwandeln? Angeblich suchen die ja wieder Lehrer.’
    ‘Keine Ahnung, wär’ auf jeden Fall einen Versuch wert. Das, was ich zur Zeit mache, hat nicht wirklich eine Zukunft.’
    Und so sind an diesem Tag, in dieser Stunde in unser beider Köpfen Gedankenprozesse ins Rollen gekommen, die, wie der Zerfall eines einzigen Atoms zu weit reichenden Konsequenzen führen könnten...
     
    Nach der Arbeit mache ich mir die Mühe, eine Mahlzeit zu bereiten, deren Nährwert mein Krebsrisiko um mindestens 5% senken sollte. Normalerweise sind mir solche Gedanken fremd, und ich habe kein Problem mit einer Tüte denaturierter Kartoffelprodukte, doch wer weiß, vielleicht gibt es da draußen auch für mich und meinen verkorksten Werdegang eine Zukunft, etwas für das es sich lohnen würde, gesund zu bleiben.
    Heiko schickt mir ein email mit weiteren Ideen für Brittas Geschenk: eine Plastikblume die auf Knopfdruck das Tanzen anfängt; ein Buch über Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten; und zu guter Letzt eine absolut hässliche, pinkfarbene Handtasche in der Form einer übergewichtigen Katze. Die Tasche wird per Reißverschluss verschlossen, der von Ohr zu Ohr verläuft, was bedeutet, dass um an sein Portemonnaie heran zu kommen, man das arme Tier dann sozusagen skalpiert. Heikos Kommentar zu dieser letzten Idee ist: ‘Die ist echt cool, meine Mutter hat die auch.’
    Das wundert mich nicht weiter, denn Heiko hat nämlich selber einen Kater. Einen Perserkater. Besagter Kater ist cremefarben mit dunkelbraunen Extremitäten. Der Katzenkenner wird ein derartiges Viech gleich als einen Chocolate Colourpoint identifizieren, für den Durchschnittsmenschen sieht das Biest wohl mehr wie Frankensteins Kreatur aus: zusammengesetzt aus separaten Teilen. Nicht nur hat dieser Kater diverse Allergien und kostet Heiko ein kleines Vermögen in Medikation, er ist außerdem adipos (Heiko behauptet, das hätte mit der Rasse zu tun, die seien alle so gebaut) und auch echt fies. Vielleicht ist es fies von mir das arme Viech fies zu nennen, denn immerhin hat der sich sein Leben und seine Rasse auch nicht ausgesucht, aber ich bleibe dabei, der Kater ist eine ganz fiese Nummer. Und
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