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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay
Autoren: Yt Genthe
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Heiko gewandt, ‘Stellen sie mich doch mal vor, Herr Hansen.’
    Heiko seufzt. ‘Rosa, das ist Herr Thomas Bahrnsen, seines Zeichens Filialleiter, Herr Bahrnsen, das ist Rosa, eine Freundin.’
    Rosas Augen werden zu kleinen Schlitzen als sie Herrn Bahrnsen, Filialleiter, anguckt und es ist ihr anzusehen, dass sie angestrengt über etwas nachdenkt.
    ‘Kommen Sie öfter hier vorbei?’ will der Bahrnsen nun von Rosa wissen.
    ‘Nicht wirklich,’ antwortet sie und runzelt die Stirn.
    ‘Vielleicht kann man sich ja mal über Mittag zu einem Kaffee treffen.’
    Rosa, die notorisch schlecht darin ist, mit ihren Gefühlen hinter den Berg zu halten, guckt Thomas Bahrnsen angeekelt an.
    ‘Lieber nicht,’ sagt sie, und zu uns gewandt, ‘bis später dann,’ dreht sich um und geht zur Tür hinaus.
    Heikos Chef macht den Mund auf und wieder zu und guckt dann wütend in Heikos Richtung. Bevor er noch etwas sagen kann, guckt Heiko auf seine Uhr, sagt ‘Zwölf,’ und wir schlüpfen zur Tür hinaus.
     
    Unser Einkaufstrip für Britta ist in dialektischem Sinne erfolgreich und erfolglos in gleichem Masse.
    Wir gehen durch die Fußgängerzone, in der Hoffnung durch die Schaufenster eine Geschenkinspiration zu bekommen. Die Inspiration lässt allerdings auf sich warten, denn immer mehr Läden stehen leer. Heiko, der Mathe-Leistungskurs hatte und sich mit Zahlen auskennt, erstattet wöchentlich Bericht, wie viel Prozent Leerstand es jetzt gibt: zu diesem Zeitpunkt 19,8%, ein Anstieg um 3,4% vom letzten Monat (ein Laden, der Innendekorationen verkaufte, sowie eine von zwei Buchhandlungen haben in den letzten Wochen dichtgemacht). Die verbleibenden Geschäfte scheinen in eine Art Lethargie verfallen zu sein, so als ob sie angefangen haben selber an dem Sinn ihrer Existenz in einer weltweiten Rezession zu zweifeln, denn viele haben schon lange aufgegeben, ihre Schaufensterdekorationen zu verändern. So ist es mit Inspiration nichts und wir enden schließlich in der einzigen, noch offenen Buchhandlung.
    Heiko schlägt vor, für Britta ein Selbsthilfebuch zum Thema Beziehungen zu kaufen – Finde den Richtigen und Behalte Ihn! Ich bin aber ziemlich sicher, dass Britta nicht nur dieses Buch, sondern auch die anderen acht in der entsprechenden Serie schon im Regal stehen hat. Alle von derselben Autorin, die sich mittlerweile vermutlich in einem Penthouse in Miami kühle Getränke von einem männlichen Model servieren lässt, finanziert von der Verzweiflung und emotionalen Gefühlsverwirrung mehrerer Generationen von Frauen und Männern.
    Meine persönliche Erklärung für die zunehmende Unmöglichkeit moderner Beziehungen beinhaltet Darwins Theorie der Evolution. Unsere Spezies spürt keinerlei evolutionären Druck mehr, da unser Leben zu einfach und bequem geworden ist. Und außer uns selbst, haben wir keine natürlichen Feinde mehr. Aus diesem Grund sabotieren wir uns nun selber, indem wir das Zueinanderfinden emotional so kompliziert gemacht haben, dass Fortpflanzung auf natürlichem Wege nahezu zu einer Unmöglichkeit geworden ist. Mit dem Resultat, dass unsere Art ausstirbt. Was, global betrachtet, vermutlich das Beste wäre, was dem Planeten in den letzten drei Millionen Jahren passiert ist.
    Direkt neben der Abteilung mit den Selbsthilfebüchern befindet sich ein kleines Reisebüro. Die Dekoration der Woche hat die USA zum Thema – alles weiß-rot-blau, mit ikonischen Bildern aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und Heimat von Tony McKay. Wir bleiben stehen.
    ‘Ich wollte schon immer mal nach New York,’ seufzt Heiko. ‘Irgendwie hat das nie geklappt. Bist du nicht nach dem Abi hingegangen?’
    ‘Ja, lange ist’s her,’ sage ich als diverse Erinnerungen aus versteckten Gehirnwindungen an die Oberfläche kriechen.
    ‘Und wie war’s?’
    ‘Nicht ganz sicher, bin immer noch dabei die Erfahrungen zu verarbeiten...’
    Heiko lacht – ‘So schlimm?’
    ‘Nicht gerade schlimm, obwohl einiges auch etwas heikel war. Ziemlich überwältigend, wenn du vom flachen Land aus Norddeutschland kommst.’
    ‘Ich will auf jeden Fall noch mal hin, bevor ich dreißig werde.’
    ‘Zumindest können die da ordentlichen Kaffee machen,’ sage ich.
    ‘Britta ist doch auch schon mal drüben gewesen – vielleicht könnten wir ihr etwas in Verbindung damit kaufen.’
    ‘Um mir ein Flugticket nach New York leisten zu können, müsste ich ungefähr ein Jahr lang Achtklässlern Pythagoras erklären.’
    ‘Ich meine nicht gerade
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