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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay
Autoren: Yt Genthe
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Ort, in dem Menschen wohnen und ihr Leben leben, sondern eine geheime militärische Einrichtung, Abhörstation, was auch immer. Vielleicht haben sie das ganze mittlerweile in so eine Art deutsches Guantanamo Bay umfunktioniert. Die CIA leitet Flüge dahin, um so’n paar arme Wichte, die sie in Afghanistan oder sonst wo hops genommen haben dort zu foltern und verhören.’
    Britta rollt ihre Augen einmal um 360 Grad. ‘Das wird ja immer wilder. Aber um wieder zum Thema zu kommen, ist doch komisch, dass Maggie das Auto hier gesehen hast. Ob die nach H. expandieren wollen? Das wär ja mal was.’
    Britta ist angetan von dem Gedanken, dass eine internationale Kaffeehaus-Kette in die Tiefen Norddeutschlands vordringen könnte. Ich persönlich halte das für eher unwahrscheinlich. Von den großen Ketten kommt üblicherweise keine über den nördlichen Stadtrand von Hamburg hinaus.
    ‘Wenn die wirklich nach H. expandieren, dann können solche Orte wie Harry’s Bar bald dicht machen. CoffeeAllstars und Konsorten zerstören die örtliche Kultur wo auch immer sie hingehen, Authentisches wird assimiliert und in einigen Jahren gibt es keinen Unterschied mehr zwischen H. und Wichita, Kansas.’
    Rosas Ansichten zum Thema Globalisierung sind nur wenig moderater als die zum Thema Neumünster.
    ‘Örtliche Kultur? Du machst Witze, ja? Was muss man sich denn unter “örtlicher Kultur” in H. vorstellen – den Kohlmarkt vielleicht? Der Kaffee in diesen Breiten ist zudem komplett ungenießbar, wenn CoffeeAllstars wirklich hier einen Laden aufmachen, dann buch’ ich mir da drin einen Stammtisch. Und wenn sie nicht hierher kommen, dann probier’ ich demnächst den Ableger in Neumünster aus.’
    Britta ist Expertin in Sachen Kaffee, seitdem sie vor vielen Jahren mal ein Semester in Seattle verbracht hat, Geburtsort der weltweiten Assimilierungsbewegung autochthoner Kaffeekultur in das, was in der freien Welt für kulinarisch verfeinerte Lebensweise gilt, doch letztendlich genauso sinnentleert ist wie das, was man in eben dieser freien Welt unter Demokratie versteht – ein Simulacrum eines Simulacrums der ursprünglichen Idee.
    Rosa sieht geschockt aus, nicht klar ob wegen der Jubelrede auf die Globalisierung der Kaffeekultur oder der Idee nach Neumünster zu fahren.
    ‘Falls die hier wirklich eine ihrer Filialen aufmachen, dann sollten wir Widerstand dagegen organisieren,’ meint Rosa, ‘Graffiti an den Wänden, Stinkbomben...’
    Der Gedanke scheint sich in ihren alkoholisierten Gedankengängen zu verflüchtigen, während sie noch angestrengt nach Optionen des nicht ganz so zivilen Ungehorsams sucht.
    ‘All dieses linke Widerstandsgerede, ich hab’ das an der Uni erlebt – worauf die meistens nur hinaus wollten, war irgendwo Rabatz zu machen. Große Inszenierung, und am Ende endete das immer in einer Riesenparty,’ sagt Britta, schluchzt dann einmal und bricht in Tränen aus.
    Rosa sieht leicht verwirrt aus. ‘Selbst wenn dem so wäre, so schlimm ist das auch nicht...oder hast du generell etwas gegen Partys?’
    ‘Bist du ok?’ fragt Heiko.
    Unter Mühe schafft Britta es, sich einigermaßen zu fassen. Sie putzt sich laut die Nase und verschränkt die Arme vor der Brust.
    ‘Ich werde in zwei Wochen dreißig. Dazu hatte er mir eine Party versprochen, `ne richtige Party, mit Band und allem... und jetzt....ich bin fast dreißig, habe keinen Freund, keine Party, keine coolen Freunde,’ Britta fängt wieder das Heulen an.
    ‘Also, wenn du lieber mir Investmentberatern `rumhängen willst, die einen Audi fahren, als mit uns, brauchst nur was zu sagen,’ meint Rosa beleidigt.
    ‘Sorry, das ist falsch `rübergekommen. Ich habe nur gedacht, dass ich irgendwas auf die Beine gestellt hätte bis ich dreißig bin, ich weiß nicht, festen Freund, Kind vielleicht, Eigentumswohnung, coolen Job...’
    ‘Wer hat das nicht,’ sagt Rosa lakonisch.
    Ich schaue zu Heiko hinüber. ‘Vielleicht lässt sich da noch was machen - wie wär’s wenn wir dir eine Party organisieren?’ frage ich Britta und lege ihr den Arm um die Schultern.
    Britta zieht die Nase hoch. ‘Echt? Meinst du das ernst?’
    ‘Klar, das können wir auch auf die Beine stellen, oder?’ Ich blicke in die Runde. Heiko nickt begeistert und Rosa meint, ‘Ich kann mal mit Harry reden, wir könnten das hier machen.’
    Britta sieht wieder einigermaßen gefasst aus - der Gedanke scheint ihr zu gefallen. Der Abend hatte schließlich doch noch etwas seltsam
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