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Auf der Suche nach Amerika - Begegnungen mit einem fremden Land

Titel: Auf der Suche nach Amerika - Begegnungen mit einem fremden Land
Autoren: Bettina Gaus
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du nicht reich bist.«
    Reichtum ist ein magisches Wort, und die weitverbreitete Hoffnung auf einen Schatz hat schon vielen Menschen einen Geldsegen beschert. In den selteneren Fällen allerdings denjenigen, die dem Schatz nachjagten. Ein solides, großes Vermögen lässt sich vor allem damit aufbauen, dass man die Schatzsuche ermöglicht. Während des Goldrauschs konnte man es verlässlich zu Wohlstand bringen, wenn man den Goldgräbern die Ausrüstung verkaufte.
    50 Meilen nordöstlich von Branford liegt Foxwoods. Mitten in einer malerischen Landschaft mit Ahornalleen und Bauernhöfen aus dem 18. Jahrhundert ist in der Ferne auf einmal ein gigantischer Hochhauskomplex mit einem riesigen Turm hinter dem Wald zu sehen. Foxwoods ist nach Angaben der Betreiber das größte Spielkasino der Welt.
    Die Zahlen sind ein Rausch der Superlative. Auf über 30000 Quadratmetern wird gespielt, es gibt mehr als 7000 Automaten, 400 Tische für 17 verschiedene Spiele, die größte Bingo-Halle weltweit, über 30 Restaurants, fast 1500 Hotelzimmer. Durchschnittlich kommen angeblich jeden Tag über 40000 Gäste hierher in der Hoffnung, ihr Glück zu machen – eine Zahl, die ich sofort glaube: Der erste Glücksfall besteht bereits am Vormittag um kurz vor zwölf darin, einen Platz im Parkhaus direkt unter dem Kasino zu finden. Es ist fast vollständig besetzt. An einem normalen Werktag.
    Wer in Foxwoods übernachten will, sollte für seine Liquidität nicht auf Erfolg beim Black Jack angewiesen sein. Im Great Cedar Hotel kostet ein Zimmer wochentags mehr als 200, am Wochenende mehr als 300 Dollar. »Aber wir sind leider die nächsten zehn Tage ausgebucht«, sagt die Rezeptionistin bedauernd. Macht nichts. Bei diesen Preisen bin ich ohnehin nicht in Versuchung.
    Die Ausrüster der modernen Goldgräber an den einarmigen Banditen sind die Indianer. Was man für eine – wenn auch unzureichende – Form später Gerechtigkeit halten kann. Die Pequot, die Foxwoods betreiben, wurden 1637 im ersten Indianerkrieg fast alle umgebracht oder versklavt, übrigens mit tatkräftiger Hilfe anderer Indianervölker, die mit ihnen verfeindet waren. Die weißen Siedler, die den Kampf gegen die Ureinwohner für einen heiligen Krieg gegen die Mächte der Finsternis hielten und Gott auf ihrer Seite wähnten, töteten mehrere tausend Gefangene. Andere wurden verkauft. Ein Dorf mit mehr als 500 Einwohnern am Mystic River wurde niedergebrannt, Flüchtende in die Flammen zurückgetrieben. Das Reservat mit den letzten Überlebenden, auf dem heute das Spielkasino steht, wurde bereits im 17. Jahrhundert gegründet. Jahrzehntelang wagte danach kein Indianervolk mehr die Auflehnung gegen die angelsächsischen Siedler.
    1987 hat das Oberste Gericht der USA entschieden, die Teilsouveränität der Verwaltung von Reservaten erlaube dessen Bewohnern unter bestimmten Umständen, Kasinos zu eröffnen. Insgesamt gibt es inzwischen ungefähr 400 auf Indianerland, Tendenz steigend. 18,5 Milliarden Dollar haben sie im letzten Jahr eingenommen.
    Einem solchen Geldsegen konnten – wen wundert´s – Finanzpolitiker nicht lange zuschauen. Sie wurden unruhig. Das ganze schöne Geschäft nur den Indianern überlassen? Was für eine Verschwendung. Ein Bundesstaat nach dem anderen lockerte in den Neunzigerjahren und zu Beginn dieses Jahrhunderts die Gesetze. Irgendeine Form des Glücksspiels ist inzwischen fast überall erlaubt. Längst ist die Zeit vorbei, wo man sich in die Wüste von Nevada begeben musste, um einen Roulettetisch zu finden. Aber die alte Lasterhölle Las Vegas, wo Spieltempel schon 1931 erbaut wurden, braucht dennoch nicht um ihre Umsätze zu bangen – die Amerikaner geben heute einfach mehr Geld in Kasinos aus als früher. 2006 etwa doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor. Die Finanzpolitiker sind zufrieden: Mehr als 5,2 Milliarden Dollar spülen die Steuern der Glücksspielindustrie jährlich in die öffentlichen Kassen.
    Den Gründervätern hätte das nicht gefallen. Die Puritaner sahen in jeder Form des Spiels einen Verstoß gegen die vorgeschriebene Tugendhaftigkeit des Lebens, auch wenn es nur zum Vergnügen stattfand und Geld dabei keine Rolle spielte. Heute noch halten viele evangelikale Christen das Glücksspiel für sündig. Die meisten Leute kümmert das offenbar inzwischen wenig. Angaben der industriellen Interessenvereinigung zufolge sind 82 Prozent der US-Amerikaner der Meinung, es sei Privatsache, ob jemand spiele oder nicht. Etwa jeder dritte Mann und
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