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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts
Autoren: R Lappert
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verdammt richtig. Sie sagte mir, wer mein Vater ist, und vielleicht werde ich ihn mal treffen. Nicht so bald, aber irgendwann. Er hat damals in Killorglin bei der Bank gearbeitet. Sie hatten über fünf Jahre was miteinander. Seinetwegen ist sie nach Dublin abgehauen. Er lebt jetzt in Dundalk. Ich habe ein Foto von ihm gesehen, und jetzt weiß ich endlich, warum du so viel von Seamus hast und ich gar nichts. Na ja, von seinem verfluchten Starrsinn habe ich wohl irgendwie was abgekriegt, wenn auch nicht über das Blut.
    Aber zurück zu dieser Nacht. Ich fuhr bis Nenagh, das ist etwa die Hälfte der Strecke nach Dublin. Es schüttete wie aus Eimern, und ich fluchte die ganze Zeit. Ich hatte Angst, dass die Hülle nicht dicht ist und die Gitarre an meinem Rücken nass wird. Am Morgen war ich völlig fertig und durchgefroren und trank in einem Tankstellenladen etwa zehn Becher Kaffee. Die Frau hinter der Kasse hatte Mitleid mit mir und gab mir den Schlüssel für die Toilette. Dort stellte ich mich eine Ewigkeit vor den Handtrockner und wärmte mich mehr schlecht als recht auf. Kurz vor Dublin ist das Motorrad verreckt und ich musste es eine Stunde durch die Gegend schieben, bevor ich eine Werkstatt fand, die geöffnet hatte. Ich fragte den Besitzer, ob ich sein Werkzeug benutzen darf, gegen Bezahlung natürlich, aber er lehnte ab. Ich war total fertig und bedient und nicht in der Stimmung, mich mit dem Typ anzulegen, und ich gab ihm einen Zwanziger und sagte, ich komme so bald wie möglich, um die BSA zu holen. Dann setzte ich mich in den nächsten Bus nach Dublin.
    Wenn ich jetzt anfangen würde, über die Zeit in Dublin zu schreiben, würde das Papier nicht reichen. Vermutlich hat Barry dir einiges erzählt oder geschrieben. Warum hattest du eigentlich ein Postfach? Warummusstest du aus deinem Leben so ein verfluchtes Geheimnis machen? Barry laberte mich ständig voll, ich soll nach London gehen und dich suchen. Oder ich soll dir wenigstens Briefe schreiben. Aber ich wollte nicht. Ich hatte eine solche verdammte Wut auf dich, Meg! Jason und ich haben uns mal völlig besoffen tätowieren lassen, er ein flammendes Herz und ich ein Kreuz mit Stacheldraht. Am nächsten Tag fragte er mich, warum es ausgerechnet ein beschissenes Kreuz sein musste. Und ich sagte, einfach so. Aber irgendwann dachte ich, dass ich es vielleicht ausgesucht habe, weil du so ein Riesenproblem mit der Kirche hast. Ziemlich verrückt, ich weiß. Ein Kreuz, heilige Scheiße! Father MacMahon hätte seine helle Freude an mir!
    Aidan erzählte mir, dass du ihm ab und zu eine Postkarte schreibst. Er begriff auch nicht, warum du nie eine Adresse oder Telefonnummer angegeben hast. Wir haben regelmäßig miteinander telefoniert, seit ich in Dublin war, und wenn er herumgereist ist und in eine Stadt kam, hat er mir eine Mail geschickt. Drei Wochen bevor Seamus starb, verschwand er nach Kanada, einfach so, ohne mir was zu sagen. Seine Sekretärin meinte, er hatte mal wieder den Rappel und musste raus. Natürlich war er unauffindbar, und so kam es, dass ich bei der Beerdigung der Einzige aus der Familie war. Cait kam auch nicht, und ich kann dir gar nicht sagen, was für eine Scheißwut ich auf sie hatte. Und auf dich.
    Aidan kehrte zwei Monate später zurück. Er war irgendwo in der Wildnis unterwegs gewesen, und als er in einer Stadt meine Mail las, war es zu spät, um nach Irland zu fliegen. Er besuchte mich und schlug mir vor, ihn auf seiner nächsten Reise zu begleiten. Aber ich wollte nicht. Mit der Band lief es gerade ziemlich gut. Barry war nach Dublin gekommen. Wir waren wieder zusammen. Wir hatten Pläne.
    Was dann passiert ist, hast du wahrscheinlich auch irgendwie erfahren. Nachdem sich Dermot im Übungskeller eine Kugel in den Kopf gejagt hatte, brach alles zusammen. Mick fuhr gleich nach Hause. Ein Seelenklempner half ihm, die Bilder von Dermots explodierendem Kopf zu verarbeiten. Barry blieb noch zwei Monate und sah Jason und mir zu, wie wir uns mit Drogen vollpumpten. Dann ging er auch. Eines Tages verschwand er einfach. Er schrieb mir einen Brief, eine Woche später, aus Mizen Head, das ist irgendwo im Südwesten. Einen Monat darauf rief ervon zu Hause an, aber an dem Tag war ich so hinüber, dass ich nicht verstand, was er mir erzählte. Vor drei Monaten haben wir uns gesehen, in Tralee. Er macht dort eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Seine Eltern finden das überhaupt nicht toll. Aber das ist ihm egal.
    Weißt du, was ich denke? Vielleicht
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