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Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)

Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)

Titel: Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Autoren: Monika Rohde
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alles so irreal. Obwohl sie doch ständig mit Mord zu tun hatte, und dabei auch den Angehörigen meist mitteilen musste, was passiert war, empfand sie erst jetzt in dem eigenen Betroffensein genau diesen tiefen inneren Schock, das Nicht-Wahr-Haben-Wollen, wie sie es so oft in den Augen anderer gesehen hatte. 
    Joanne, die Schöne, die Kluge. Immer an der Leistungsspitze, in der Schule, im College. Auf der Universität glänzende Ergebnisse. Aber das Eindrucksvollste an ihr war ihre Herzenswärme gewesen. Jetzt denke ich über Joanne schon in der Vergangenheit, realisierte Lene bitter.
    Joannes Herzenswä rme, und es war dieser fast altmodische Begriff, der das Gefühl kennzeichnete, das von ihr ausging. Immer hörte sie zu, und wenn ihr schneller Geist manchmal davon galoppierte, kehrte sie kurze Zeit später wieder zu ihrem Gesprächspartner zurück. In ihrem Nachhaken wurde deutlich, dass sie jede Einzelheit dessen, was ihr erzählt worden war, gespeichert hatte. Eine beeindruckend starke Frau, schon damals vor sechs Jahren, mit einundzwanzig.
    Starke Frauen – dabei fielen Lene die Frauen ihrer Familie ein. Sie nahm ihre Reisetasche und suchte darin, bis sie das Tagebuch ihrer Großmutter mit dem Chronikanhang ihrer Mutter fand. Nun, sie musste bald umsteigen, aber vielleicht sollte sie dann das wahr machen, weshalb sie das grüne Buch mit in die Ferien genommen hatte, nämlich es endlich zu lesen. Die einzelnen Geschichten, die sie in ihrer Kindheit erzählt bekommen hatte, zu einem chronologischen Ablauf zu verknüpfen - und damit ihre eigenen Wurzeln zu begreifen.
    Die Stä rke dieser Frauen.

K apitel 2
     
    01. Oktober 1883
    Rauchschwaden tauchten die Gaststube in ein unwirkliches Licht. Die Petroleumlampen ließ en die Helligkeit nur begrenzt hindurch dringen.
    Lona sah auf die Mä nner an den Tischen, sie nahm ihre Mutter wahr, die gerade mit rotem, erhitztem Gesicht aus der Küche hereinschaute. Ihr Vater stand hinter dem Tresen am Zapfhahn, im Gespräch mit den Gästen.
    Die Worte flogen hin und her - Hans, wo warst du gestern? Wir haben dich vermisst! – Ich musste noch Bier ausfahren, die konnten nicht länger warten. – Seit wann machst du das selbst? Hast doch dafür deine Brauburschen. – Ja, aber den Zacharias nicht mehr. Den wollen wir nicht mehr bei uns haben.
    » Hans, hör doch auf. Das geht doch die Gäste nichts an! « mischte sich ihre Mutter ein. Sie mochte es nicht, wenn man schlecht über andere sprach.
    » Aber es ist doch wahr, er hat uns betrogen. Das Geld vom Bierausfahren einfach nicht ehrlich abgeliefert. Und das nach vier Jahren, die er schon hier bei uns ist. Nein, red’ mir nicht rein. Betrug ist das!«
    Lona holte die nä chsten Bierkrüge und brachte den Schweinebraten mit Klößen, für den ihre Mutter berühmt war, zum Tierarzt an den Tisch. Der lächelte sie an. »Ist doch ein hübscher Bursche, der Zacharias. Oder, Lona? « Sie wurde rot, wandte sich zornig ab. »Nicht für mich « , sagte sie pampig.
    Blö de Männersprüche, dachte sie. Was wissen die schon von Zacharias und seinem ewigen Nachstellen? Wo sie war, kam er nach kurzer Zeit nach, versuchte sie am Arm zu fassen, um die Taille. Begriff er nicht, dass sie nicht auf einen wie ihn gewartet hatte? Sicher wollte er sich nur ins warme Nest setzen. Das könnte ihm so passen.
    Und natü rlich – kaum sprach man vom ihm, kam er auch schon zur Tür rein. Grinste leicht unsicher zu ihrem Vater hinüber, dann umso breiter zu ihr. Was fiel ihm ein? Gestern hatten sie ihn aus der Brauerei geworfen und heute spazierte er einfach zur Gaststube herein?
    » Ein Bier, Lona « , und setzte sich zum Sepp.
    Sie wechselte einen Blick mit ihrem Vater. Wollte n sie das zulassen oder lieber die Gemütlichkeit in der Gaststube durch einen Rauswurf stören? Der Blick des Vaters ging zur Mutter. »Lass gut sein, Hans. Gib ihm sein Bier. «
    Der Vater haute den vollen Krug mit Nachdruck auf den Tisch. »Da. Bring’s ihm.«
    Er wandte sich wieder seiner Frau zu. »Lass mich bloß nicht vergessen morgen die Feuerversicherung einzuzahlen. Die ist schon seit dem 1. September abgelaufen. Hab’ ich ganz vergessen.«
    Lona stellte das Bier vor Zacharias hin. Wieder versuchte er ihre Hand zu berühren. Wütend drehte sie sich um, ging hinaus auf den Hof. Tat so, als wolle sie den Abfall rausbringen. Sie brauchte erst einmal Luft.
    Auch wenn die Brauerei , alteingesessen und zu Gaustadt gehörend ebenso wie die Wirtschaft, sie zu einer
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